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# taz.de -- Unterricht an Hamburgs Schulen: Gewerkschaft fordert Alternative zu…
> In Hamburg gibt es bis Klasse 6 nur das Fach „Religion für alle“. Eine
> Petition soll nun ein Philosophie-Angebot durchsetzen.
Bild: Gab es in Rostock schon 2017: Philosophie-Unterricht in der vierten Klasse
Hamburg taz | Eltern, die in Hamburg ihr [1][Kind zur Grundschule]
anmelden, weist die Stadt in einer [2][Broschüre] auch auf das Fach
Religion und dessen Möglichkeiten hin. Näheres regele Paragraf 7 des
Schulgesetzes. Und dort heißt es, die Eltern entscheiden über die
Teilnahme, und „soweit in der Stundentafel vorgesehen“, gebe es alternativ
Ethik und Philosophie. Nur sieht die Stundentafel dies erst ab Klasse 7
vor.
Hamburgs Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nimmt das nicht mehr
hin. Sie hat jüngst eine [3][Onlinepetition] „für eine Alternative zum
Religionsunterricht in den Klassen 1 bis 6“ gestartet. Auch für jüngere
Jahrgänge müsse ein Fach angeboten werden, das sich mit Sinn- und
Existenzfragen befasst, sagt GEW-Landes-Chef Sven Quiring. Über so ein
Angebot, welches in vielen anderen Bundesländern existiert, gehörten die
Eltern „transparent und aktiv“ informiert.
Die GEW will das Thema mit Flyern und Plakaten in der Stadtgesellschaft
bekannt machen. Denn während Philosophie in den älteren Stufen beliebt sei,
fehle ein Pendant in den unteren Klassen. Und das, obwohl über die Hälfte
der Hamburger keiner Religion mehr angehören.
Zudem sei Abmelden schwierig: Wollten Eltern ihr Kind von Religion
befreien, gehe der Antrag zur Schulleitung. „Diese setzen sich dann mit den
Eltern in Verbindung, damit der Antrag wieder zurückgezogen wird“, so die
GEW. Meldeten die Eltern ihre Kinder trotzdem ab, schicke man sie vor die
Tür oder beschäftige sie „mit wenig anspruchsvollen Ersatzaufgaben“.
## Religiöse Lehr-Erlaubnis erforderlich
Dass es in Hamburg einen „Religionsunterricht für alle“ (Rufa) gibt, ist
schon länger so. Eine Kontroverse darum gibt es, seitdem dieser nicht mehr
nur von der Evangelischen Kirche verantwortet wird, sondern mit dem
Erzbistum Hamburg, der Jüdischen Gemeinde, den drei islamischen
Religionsgemeinschaften und der Alevitischen Gemeinde gemeinsam. Das
bildete sich nicht nur 2022 in neuen Bildungsplänen ab, sondern führt auch
dazu, dass [4][die Rufa-Lehrkräfte] von ihren religiösen Organisationen
[5][eine explizite Lehrerlaubnis brauchen].
Der neue Religionsunterricht habe zwar den Anspruch, auch nicht religiös
erzogenen Kindern gerecht zu werden, sagt Ex-Schulleiter und GEW-Mitglied
Gerhard Lein. „Dies wird hier aber ausschließlich durch die Brille
religiöser Organisationen gefiltert angeboten.“ In der Lehrerschaft gab es
darum heftige Debatten, denn dort gilt der gemeinsame Religionsunterricht
als wichtige Errungenschaft. Das betonte jüngst der Bildungsjournalist
Peter-Ulrich Meyer im Hamburger Abendblatt und warnte, der Vorstoß der GEW
würde den Ansatz, bei den Jüngsten ein gemeinsames Verständnis für
religiöse Toleranz zu wecken, unterlaufen.
Dem gegenüber stärkt der Theologe Hartmut Kreß in der Zeitschrift
[6][Weltanschauungsrecht Aktuell] der GEW den Rücken. Sie könne sich zu
Recht auf das Grundgesetz berufen, das eine individuelle Glaubensfreiheit
„einschließlich der negativen Religionsfreiheit“ gewähre. Diese werde vom
Hamburger Staat „missachtet“, schreibt Kreß. Die GEW mache auf eine
„schwerwiegende Schulpolitische Fehlentwicklung“ aufmerksam. Kreß stellt
auch das Konzept des multireligiösen Religionsunterrichts infrage, weil
dieser laut Bundesverfassungsgericht ein „bekenntnisgebundener Unterricht“
sein müsse, der Schülern eine „ganz bestimmte religiöse Wahrheit
nahezubringen“ habe.
Zwar gebe es ein Gutachten, wonach das Hamburger Konzept mit dem
Grundgesetz im Einklang sei. Dies werde aber in der juristischen Literatur
einhellig infrage gestellt. Kurzum, so Kreß, rücke die GEW „treffsicher“
akuten Reformbedarf und eine „umsetzbare Lösung“ ins Licht.
## Senat hält Alternativ-Fach für entbehrlich
Auch der Landesschulbeirat und die Lehrerkammer haben die Schulbehörde
gebeten, Alternativen zu prüfen. Allerdings ist das schon drei Jahre her.
Änderungen am bestehenden Modell „sind aktuell nicht geplant“, sagt der
Sprecher der Behörde, Peter Albrecht. In der Antwort auf eine
[7][schriftliche Anfrage] aus dem Jahr 2023 führt der Senat aus, er sei
nicht verpflichtet, ein Alternativfach anzubieten. Zudem gebe es so wenige
Abmeldungen, das dies „entbehrlich“ scheine.
Die GEW will nun bis zum Herbst 10.000 Unterschriften sammeln, in der
Hoffnung, dass der Petitionsausschuss der Bürgerschaft das Thema auf die
Tagesordnung setzt. Das Echo von dort ist verhalten. Die Grünen möchten am
Modell festhalten. Der Wert des Rufa liege in seiner verbindenden Kraft,
sagt Fraktionschef Michael Gwosdz. „Kinder erleben bis zur sechsten Klasse
Religion und Weltanschauung nicht als etwas Trennendes“. Der Rufa sei
bundesweit einmalig, sagt auch SPD-Schulpolitiker Nils Hansen. Man werde
das Modell aber weiterentwickeln und nehme GEW-Vorschläge „grundsätzlich
ernst“.
Die Linken-Schulpolitikerin Sabine Ritter indes unterstützt die Kampagne.
Der Rufa sei zwar wichtig für den interreligiösen Dialog, werde aber eben
nur mit religiöser Beauftragung unterrichtet. Angesichts der großen Zahl
nicht religiöser Kinder müsste ein Alternativfach „allermindestens geprüft
werden“.
6 Jun 2025
## LINKS
[1] /Neues-Foerderkonzept-in-Hamburg/!6001721
[2] https://www.hamburg.de/resource/blob/39324/fd29e01d57fbe3bb439481a097cb1cfc…
[3] https://www.gew-hamburg.de/themen/aktionen-und-kampagnen/2025-06/gew-hambur…
[4] /Neuerungen-im-Religionsunterricht/!5650727
[5] /Religionslehrer-in-Hamburg/!5833945
[6] https://weltanschauungsrecht.de/sites/default/files/download/weltanschauung…
[7] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/85545/22_13535_religionsun…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Philosophie
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