Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Weitere Eskalation in Nahost: Israel will 75 Prozent des Gazastreif…
> Damit ändert die Regierung Netanjahus ihre bisherige Strategie. Was
> beinhalten die neuen Pläne, wie sollen sie umgesetzt werden? Fragen und
> Antworten.
Bild: Gaza Stadt wird eine der drei Zonen enthalten, in denen Zivilistinnen noc…
Israels Militär hat am Sonntag angegeben, 75 Prozent des Gazastreifens
besetzen zu wollen. Was bedeutet das genau?
Was sich seit dem Ende der Waffenruhe zwischen der Hamas und dem
israelischen Militär im Gazastreifen bereits abzeichnete, ist nun
bestätigt: Das Militär ändert seine Strategie. Im Kampf mit der Hamas
eingenommene Gebiete will es nun von deren Infrastruktur räumen und diese
Gebiete dann dauerhaft besetzen.
Bislang war das israelische Militär im Gazastreifen nur an einigen Orten
dauerhaft präsent: etwa im Netzarim-Korridor, der Nord- von Südgaza trennte
und südlich der Stadt Gaza quer durch den Küstenstreifen verlief, oder im
Philadelphi-Korridor an der Grenze zum Nachbarstaat Ägypten. Der Fokus, so
erklärt es das Militär selbst, habe darauf gelegen, möglichst viele
Hamas-Kämpfer auszuschalten. So ging es meist vor: Es gab
Evakuierungsaufforderungen für die Bevölkerung aus, rückte dann nach
Luftangriffen in ein bestimmtes Gebiet mit Bodentruppen ein. Nachdem es
dann sein Ziel nach eigenen Angaben erreicht hatte – meist ein Bataillon zu
zerstören – zog es sich wieder zurück. So agierte es etwa in Shujaya, Teil
von Gaza Stadt.
Damit wollte, so verteidigte etwa der Militäranalyst Andrew Fox das
Vorgehen, die Armee verhindern, dass sie Soldaten dort dauerhaft an einem
Ort abstellen muss. Kritiker, etwa Seth Frantzman, Militärreporter der
Jerusalem Post, argumentierten: So erlaube man der Hamas immer wieder, sich
zu regruppieren und nach dem Abzug der Truppen einen nach israelischer
Ansicht bereits befreiten Ort wieder zu übernehmen. Schon mit der
Wiederaufnahme des Krieges nach dem Ende der Waffenruhe im März änderte
sich die Strategie: Anfang [1][April berichtete der US-Sender PBS], dass
Israel seine Präsenz drastisch ausgebaut habe und nun 50 Prozent des
Gebiets des Gazastreifens kontrolliere; Times of Israel berichtet von etwa
40 Prozent.
Was bedeutet das für die Zivilistinnen und Zivilisten im Gazastreifen?
Für diese sollen 75 Prozent des Gazastreifens mit der israelischen
Ankündigung zur No-Go-Zone werden. Betroffen sind auch Gebiete, in die
zuvor viele Binnenvertriebene flüchteten, etwa die südliche Stadt Chan
Junis. Nach einem Bericht der Times of Israel soll die gesamte Bevölkerung
des Gazastreifens – etwa zwei Millionen Menschen – in drei Zonen vertrieben
werden: Erstens [2][nach Al-Mawasi], eine vor dem Krieg recht dünn
besiedelte und viel als Farmland genutzte Gegend im Süden des
Küstenstreifens. Dieses Gebiet soll, so Times of Israel, als „sicherere
Zone“ ausgewiesen werden, statt wie im vergangenen Jahr als „humanitäre
Zone“. Nach Schätzungen des israelischen Militärs sollen dort heute bereits
700.000 Menschen untergekommen sein. Viele von ihnen leben in Zelten, teils
auf dem Sand des Strandes. Weil das Gebiet schon vor dem Krieg geringer
besiedelt war, gibt es noch weniger Infrastruktur als in anderen Gebieten:
Ein taz-Kontakt berichtet, dass die Versorgung mit Strom dort erheblich
schwieriger sei als etwa in Chan Junis.
Zudem soll es zwei weitere Zonen geben: Teile von Gaza Stadt, wo sich laut
Militär etwa eine Million Menschen aufhält, und ein Landstreifen um das in
Zentralgaza gelegene Deir el-Balah und Nuseirat. Dort sollen derzeit
300.000 bis 350.000 Menschen ausharren. Das israelische Militär war dort
bislang nie mit Bodentruppen präsent.
Wie sollen die Menschen dort versorgt werden?
Seit Anfang März hatte Israel keine humanitären Güter mehr in den
Gazastreifen passieren lassen. [3][In der vergangenen Woche kündigte die
Regierung an, nach internationalem Druck wieder Lastwagen mit Hilfsgütern
durchzulassen]. Bislang durften nach Medienberichten knapp 500 passieren,
weniger als die Hälfte der Güter soll bislang verteilt worden sein. Als
Begründung hatte Israel damals angegeben, dass Hamas und andere Gruppen von
den Lieferungen profitierten oder diese kaperten. Solche Fälle gibt es – in
der von Israel behaupteten Menge lassen sie sich aber nicht belegen.
Am Montag ist nun der zuvor etwa von den Vereinten Nationen kritisierte
[4][neue Verteilungsmechanismus angelaufen], erklärte das Büro des
israelischen Premiers Benjamin Netanjahu. Dabei soll die Gaza Humanitarian
Foundation (GHF) an festgelegten Punkten im Gazastreifen die Güter
verteilen. Beschützt werden soll sie von der privaten Sicherheitsfirma S.
R. S., die von einem Ex-CIA-Mann geleitet wird, und von UG Solutions. Die
beiden Firmen hatten bereits die Kontrolle der Palästinenser im
Netzarim-Korridor während der Waffenruhe übernommen, [5][wie die taz damals
berichtete].
Noch bevor die Operation am Montag anlief, trat allerdings GHF-Chef Jake
Wood zurück: Es sei nicht möglich, „diesen Plan umzusetzen und gleichzeitig
die humanitären Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität,
Unparteilichkeit und Unabhängigkeit strikt einzuhalten“, zitierte ihn das
Portal Axios. Zuvor hatte Netanjahu erklärt, dass man in der Zukunft nur an
einem Punkt in Südgaza Güter verteilen wolle. Das hatte Wood nach Bericht
der Times of Israel abgelehnt. Eine Anfrage der taz zu seinem Rücktritt
beantwortete er bis Redaktionsschluss nicht.
26 May 2025
## LINKS
[1] https://www.pbs.org/newshour/world/israel-now-controls-50-percent-of-gaza
[2] /Flucht-durch-den-Gazastreifen/!6006935
[3] /Gaza-Krieg/!6085958
[4] /Humanitaere-Hilfe-im-Gazastreifen/!6087655
[5] /Rueckkehr-nach-Nordgaza/!6062054
## AUTOREN
Lisa Schneider
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
Gaza
Gaza-Krieg
Palästina
Bundestag
Punk
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Gaza-Krieg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Eklat wegen Palästina-Shirt im Bundestag: Schockiert doch mal!
Die Bundestagspräsidentin schmeißt eine Linken-Abgeordnete raus – und
unsere Autorin könnte nicht gelangweilter sein. Sie hat einen anderen
Vorschlag.
Die israelische Band Holocausts: Für immer Punk
Die israelische Punkband Holocausts polarisiert. Ihr Frontmann Roy Elani
stößt immer wieder auf Wut und Missverständnisse – auch in Deutschland.
Waffenlieferung an Israel: Macht sich Deutschland mitschuldig?
Trotz Kriegsverbrechen in Gaza liefert Deutschland weiter Waffen an Israel.
Dafür könnte Kanzler Merz angeklagt werden.
Feier des Jerusalemtages: Zwischen Gewalt und Blumen
In Jerusalem feiern viele Israelis die Vereinigung der Stadt, das geht auch
mit Rassismus gegen Palästinenser einher.
+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++: Verteilungssystem für Hilfslieferungen…
Eine private US-Stiftung verteilt Nahrungsmittel in Gaza – aber zu wenige,
kritisiert die UN. Israels Botschafter hat auf Merz’ Kritik geantwortet.
Staatengipfel in Madrid: Druck auf Israel nimmt zu
20 Staaten wollen mehr Druck auf Israel ausüben. Das beschlossen sie auf
einem Treffen in Madrid. Es geht um eine Aussetzung des Abkommens der EU
mit Israel.
Sonderbeauftragter für Recht auf Nahrung: „Die UNO ist an der Grenze bereit.…
Israel zählte schon vor dem 7. Oktober die Kalorien, die nach Gaza gelassen
wurden, sagt Michael Fakhri. Ein Gespräch über den Hunger als Waffe.
Siedlergewalt im Westjordanland: Brennende Autos, verängstigte Menschen
Immer häufiger greifen Siedler palästinensische Orte im Westjordanland an,
nun ist das Dorf Brukin betroffen. Derweil erhöht Israel die Truppenpräsenz
in Gaza.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.