# taz.de -- Berliner Mobilitätsgesetz: Ausgebremste Mobilität | |
> Das fehlendes Kapitel des Mobilitätsgesetzes zu „Neuer Mobilität“ sollte | |
> langsam einmal kommen. Danach sieht es aber eher nicht aus. | |
Bild: Bräuchten vielleicht mal den Gesetzteshammer: falsch geparkte E-Scooter | |
Berlin taz | Seit 2018 hat Berlin ein Mobilitätsgesetz, das erste seiner | |
Art in Deutschland, Stolz aller Verkehrswende-AktivistInnen und Dorn im | |
Auge vieler CDU-PolitikerInnen. Nicht von ungefähr schmiedeten die | |
ChristdemokratInnen im Abgeordnetenhaus kurz nach ihrem Erfolg bei der | |
Wiederholungswahl 2023 [1][Pläne zur Entkernung des Gesetzes]. Die | |
Schlagseite zu Ungunsten des Autoverkehrs sollte schnellstmöglich behoben | |
werden, platt gesagt: schmalere Radwege, mehr Parkplätze. | |
Viel passiert ist seitdem allerdings nicht. Lediglich der schon vorgesehene | |
und von Rot-Grün-Rot noch vorgelegte Abschnitt zum Wirtschaftsverkehr wurde | |
mit einigen kosmetischen Änderungen vom Parlament durchgewunken. Dagegen | |
scheint der letzte ausstehende und inhaltlich wichtige Abschnitt zu „Neuer | |
Mobilität“ in der Versenkung verschwunden zu sein. Oder doch nicht? | |
Der verkehrspolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Kristian Ronneburg, | |
wollte per parlamentarischer Anfrage vom Senat wissen, wann mit der Vorlage | |
des fehlenden Abschnitts zu rechnen sei – in dem es um zum Teil | |
konfliktträchtige Themen wie den Umgang mit Car- und Kleinfahrzeug-Sharing, | |
die Weiterentwicklung der Parkraumbewirtschaftung, aber auch autonomes | |
Fahren geht. Die längst wieder aus dem Amt ausgeschiedene | |
CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner [2][hatte den Vorgang eigentlich 2023 | |
zu Ende bringen wollen]. | |
Bald ist Mitte 2025, nur noch ein Jahr bis zum nächsten Berliner Wahlkampf. | |
Wann also ist das Mobilitätsgesetz komplett? „Der Senat geht davon aus, | |
dass eine weitere Änderung des Mobilitätsgesetzes mit der Ergänzung des | |
Abschnittes zur ‚Neuen Mobilität‘ in dieser Legislatur beschlossen werden | |
wird“, heißt es in der Antwort von Verkehrsstaatssekretär Johannes | |
Wieczorek an Ronneburg. „Die Prüfung und Erarbeitung hierfür laufen | |
derzeit.“ Es gebe „eine Vielzahl zu klärender fachlicher und finanzieller | |
Fragen“, zu „gegebener Zeit“ werde die „Planung des Beteiligungsverfahr… | |
und Auswahl der zu beteiligenden Akteurinnen und Akteure“ erfolgen. | |
## „Wird nie und nimmer fertig“ | |
Der Linken-Politiker findet das absurd: Einen Beteiligungsprozess habe es | |
schon vor Jahren gegeben. Wenn jetzt alles noch einmal aufgerollt werden | |
sollte, werde das Gesetz in dieser Legislaturperiode nie und nimmer | |
komplett. „Von den Zeitabläufen her wäre eine Beschlussfassung vor der | |
Sommerpause 2026 in keinster Weise möglich, abgesehen davon, dass sich CDU | |
und SPD jetzt politisch vermutlich auf kaum noch etwas werden einigen | |
können.“ | |
Gegenüber der taz erläutert Ronneburg, warum er es so wichtig findet, die | |
Lücke im Gesetz zeitnah zu schließen – wie es im Übrigen auch die | |
Richtlinien der schwarz-roten Regierungspolitik vorsehen. „Gerade im | |
Bereich neuer Mobilität könnte Berlin endlich vorangehen und aufhören mit | |
Klein-Klein“, so der Abgeordnete. „Es könnten endlich | |
[3][Konzessionierungen für E-Scooter-Verleiher] oder für öffentliche | |
Fahrradleihsysteme auf den Weg gebracht werden, so wie es die Wiener | |
machen.“ Stattdessen gehe der Senat den umgekehrten Weg und spare sich die | |
Neuausschreibung des Fahrradleihsystems. | |
„Hier könnte diese Koalition einmal klar unterstreichen, dass sie es ernst | |
meint und einen gesetzlichen Rahmen abstecken, der die Konkurrenz im | |
öffentlichen Raum nicht weiter anheizt, sondern Qualität und zusätzliche | |
Möglichkeiten abseits vom Auto schafft“, findet Ronneburg. Ein Gesetz habe | |
eben einen anderen Stellenwert als einfaches Regierungshandeln – es gelte, | |
egal wer gerade an der Regierung sei. | |
## Durch Nichtstun beiseite gelegt | |
Was die von der CDU vollmundig angekündigte Zurechtstutzung des bestehenden | |
Gesetzes angeht, rechnet Ronneburg allerdings auch nicht damit, dass bald | |
etwas passiert: „Ich nehme es so wahr, dass CDU und SPD hier keine | |
gemeinsame Linie haben.“ Man könne es „ketzerisch“ aber auch andersherum | |
betrachten: „Die Koalition hat diesen Streit vielleicht ohnehin dadurch | |
beiseite gelegt, dass sie einfach aufgehört hat, neue Projekte für den | |
Radverkehr zu finanzieren. Über Standards nicht-realisierter neuer Radwege | |
braucht man sich ja nicht zu streiten.“ | |
9 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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