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# taz.de -- Neuer „Polizeiruf 110“ aus München: Queerness nicht nur als Ku…
> Fünf Schüsse, Dragqueens und allerhand los in München: Ums Lebenlaufen
> inbegriffen. Und warum sollen die reden, die immer nur Hass abbekommen?
Bild: Kommissarin Cris Blohm (Johanna Wokalek, li.) und Kommissar Dennis Eden (…
Berlin taz | Ja, was für ein wunderbarer Einstieg in den Münchner
„Polizeiruf 110“ mit dem mysteriösen Titel [1][„Ein feiner Tag für den
Bananenfisch“]: Drei Dragqueens in Glitzerbadeanzügen geben auf einer Bühne
eine Synchronschwimmnummer zum Besten.
Morgens um vier schließen Tulip (Patrice Grießmeier), Menora (Božidar
Kocevski) und Peekabou (Meik van Severen) ihren Club Rainbow ab und gehen
durch einen Fußgängertunnel nach Hause. Dort geht das Licht per
Bewegungsmelder an und aus. Am Ausgang bleiben sie wie angewurzelt stehen:
Da sind zwei vermummte Gestalten, die einen Mann im Anzug mit fünf Schüssen
in den Rücken töten. Merkwürdig: Die Täter drapieren ein Fischernetz über
ihr Opfer. Ist das eine Art Visitenkarte?
Die drei ziehen sich ihre hochhackigen Schuhe aus, die würden zu laute
Geräusche beim Weglaufen machen – in dem Moment nehmen sich die Mörder ihre
Masken vom Gesicht und starren die Dragqueens an, denn das längst
erloschene Licht ist wieder angegangen. Mist!
Und schon laufen sie um ihr Leben. „Lass“, sagt der eine Typ in einer nicht
näher zu bestimmenden Sprache, die nach Osteuropa klingt, „die kriegen wir
noch.“
## Fremde, queere Welt
Kommissarin Cris Blohm ([2][Johanna Wokalek]) und ihr Kollege Dennis Eden
(Stephan Zinner) nehmen routiniert die Ermittlungen auf. Sie suchen die
Nähe zu den möglichen Zeuginnen, denn die sind zur Tatzeit auf einem
Überwachungsfilm auf der Flucht zu sehen – Panik in den Augen. Aber wie
gewinnt man deren Vertrauen? Dazu tauchen Blohm und Eden, man muss es so
formulieren, in eine für sie fremde Realität, in die Lebenswelt von queeren
Menschen ein. Doch Tulip, Menora und Peekabou wollen keine Aussagen machen.
Wem sollen sie denn helfen? Einer Gesellschaft, die sie hasst und bespuckt,
wie sie dem Ermittlerduo erklären. Das ist eine starke Szene von vielen.
Ein feines Kabinettsstück ist die Fahrt der fünf im Auto aufs Land mit
verbalem Schlagabtausch vom Feinsten. Beide Seiten schenken sich nichts.
Aber sie brauchen einander. Denn die Dragqueens sind in Lebensgefahr. Also
geht die Reise in einen stillgelegten Landgasthof. Dort gibt es ergreifende
Gespräche: alle lernen viel über das Gegenüber. Wie sich langsam annähern,
ist absolut sehenswert.
Es gibt dem Ermittlerduo viel zu erklären, und sie haben Fragen. Sagt man
nun „er“ oder „sie“ zur Dragqueen – ach, die Begriffe wandeln sich so
schnell, stöhnt Blohm. Und mithilfe von Rotwein gibt es am Ende eine wilde,
ja alberne Party mit der Musik von den Village People und ihrem Hit
„Y.M.C.A.“, just dem Song, der von Trump gekapert wurde – dabei ist das
doch einer der queersten Hymnen überhaupt. Das hat alles Witz, Tiefe und
Spannung zugleich. Das Drehbuch schrieb Günter Schütter, Regie führte Dror
Zahavi.
Und weil sich der Mordfall um Immobiliengeschäfte und Baulandspekulationen
dreht, mithin um [3][Gentrifizierung in München] – von der am Ende
vielleicht auch der Rainbow-Club betroffen sein wird –, ist das ein
gesellschaftskritischer Krimi und besser als viele „Tatorte“.
Wie gelungen die Darstellung der Dragqueens ist? Da lassen wir Dragqueen
Peekabou, so toll von Meik van Severen gespielt, antworten. Neben seiner
Schauspielerei macht er/sie seit vielen Jahren Dragshows: „Ich finde, wir
können sehr stolz darauf sein, eine glaubhafte queere Repräsentation
innerhalb des ‚Polizeiruf‘-Universums geschaffen zu haben.“
München-„Polizeiruf 110“: „Ein feiner Tag für den Bananenfisch“, So.,…
Uhr, ARD
18 May 2025
## LINKS
[1] https://www.daserste.de/unterhaltung/krimi/polizeiruf-110/sendung/ein-feine…
[2] /Heiliger-Bimbam/!6042625
[3] /Showkampf-im-Theater/!5966985
## AUTOREN
Andreas Hergeth
## TAGS
Wochenendkrimi
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Queer
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Schwerpunkt Rassismus
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