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# taz.de -- Die Wahrheit: Mein Pudel und Heidi Klum
> Elli hat karamellfarbenes Fell, Teddyschnitt, einen herzerweichend
> lieben Blick und lässt jeden Tag Mädchen wie von Sinnen kreischen.
Vor 100 Jahren, als Heidi Klum eine Größe im Model-Geschäft war und noch
nicht Chefscharfrichterin im Privatfernsehen, Abteilung Mädchendressur,
begegnete ich ihrem Vater Günther Klum. Originell, wie ich nun mal bin,
sprach ich ihn auf seine Tochter an. Er seufzte: „Manchmal komme ich mir
wie ein Zuchtbulle vor.“
Inzwischen kann ich seine Reaktion verstehen. Zwar bin ich kein Zuchtbulle,
dafür aber Herrchen einer Hündin namens Elli, die aller Welt den Kopf
verdreht. Elli ist ein Großpudel. Man könnte auch Königspudel sagen, doch
das klingt schrecklich royal nach ausrasierter Nase und extrabuschigen
Pfoten. Elli hat karamellfarbenes Fell, Teddyschnitt und einen
herzerweichend lieben Blick. Einmal spazierte ich mit ihr an einem Auto
vorbei, aus dessen Tür eine 17-Jährige stieg. Als sie Elli erblickte,
schlug sie die Hände vor den Mund und kreischte. So was erlebe ich täglich.
Es ist irre, was ein netter Vierbeiner mit den Leuten macht. Zugleich sind
solche Ausraster logisch. Der Anblick mancher Zeitgenossen ist derartig
deprimierend, dass man direkt einen Termin bei der Traumatherapeutin machen
möchte; da orientiert man sich besser eine Etage tiefer. Genauso irre ist
es, wie ausdifferenziert die Hundewelt ist.
In München hat jemand einen Thermomix für die Zubereitung von
Hundegerichten präsentiert. Hundewaschanlagen, etwa an Tankstellen, sind im
Trend. Ist der Liebling Burn-out gefährdet – soll vorkommen –, kriegt er
Beruhigungsfutter. Vermutlich gibt es auch schon Hunde-ADHS. Das erste
Hunde-Handy wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Was die Tiere
damit anfangen sollen? Bei uns Menschen stellte man dieselbe Frage.
Hundekunde, Fachausdruck Kynologie, ist ein etabliertes Fach. Eine
Unterabteilung befasst sich mit Hundepsychologie. Was fehlt, ist eine
Psychologie des Hunde-Lovers. Seit meinem Erlebnis in der U-Bahn halte ich
sie für nötiger denn je. Elli und ich sind dort Opfer einer Hunde-Stalkerin
geworden. Die Frau kniete sich vor Elli hin, herzte sie, brach in Tränen
aus, als sie Ellis Namen erfuhr („Wie meine verstorbene Omi!“), und bat
mich um meine Nummer, um Elli besuchen zu können. Irgendwo in mir drin
gingen Jalousien runter, so wie es Günther Klum passiert sein mag, wenn es
ihm zu viel wurde, wie begehrt seine Tochter war.
Kaum hatte ich die Bahn verlassen, rief mich die Frau an und schlug Termine
für ihren Antrittsbesuch vor. Gäbe es eine Psychologie des Hunde-Lovers,
ließe sich ihre Kuschelattacke sicher erklären. Ebenso das Rätsel, dass ich
einer übergriffigen Fremden meine Nummer gegeben hatte.
Fast alles, was unter Menschen üblich ist, ist in das Hundemilieu
hinabgesickert. Sogar das Nachstellen. Modern Stalking – mit Wau-Effekt.
Meine Prognose: Bald begegnen sich Hund und Mensch auf Augenhöhe. Offen ist
noch, ob die Hunde zu Zweibeinern werden oder wir zu Vierbeinern.
21 May 2025
## AUTOREN
Frank Lorentz
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Hunde
Menschen
Heidi Klum
Verfassungsschutz
Kolumne Die Wahrheit
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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