# taz.de -- Abgeordnete begehen endlich das SEZ: „Schon gar keine Ruine“ | |
> Das SEZ in Friedrichshain soll weg – angeblich ist der ehemalige DDR-Bau | |
> zu marode. Aber stimmt das? Damiano Valgolio war bei einer Begehung | |
> dabei. | |
Bild: Damiano Valgolio (rechts) und Kristian Ronneburg, der sportpolitische Spr… | |
taz: Herr Valgolio, Sie waren kürzlich mit anderen Mitgliedern des | |
Abgeordnetenhauses bei einer von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) | |
organisierten Begehung des Sport- und Erholungszentrums (SEZ), dem | |
einstigen DDR-Prestigebau in Friedrichshain. | |
Damiano Valgolio: Ich war übrigens nicht als Sprecher für Arbeit und | |
Wirtschaft dabei. Um das SEZ kümmere ich mich vor allem darum, weil ich im | |
Wahlkreis Friedrichshain-West, wo das SEZ liegt, direkt gewählter | |
Abgeordneter bin. | |
taz: Die Begehung wurde durch den Sportausschuss des Abgeordnetenhauses | |
organisiert. | |
Valgolio: Als Linke hatten wir einen Antrag zum SEZ eingebracht und darin | |
gefordert, es nicht einfach abzureißen, sondern es erst einmal begutachten | |
zu lassen. Dieser Antrag ist unter anderem in den Sportausschuss überwiesen | |
worden – das war der eigentliche Anlass für diese Begehung. Am 23. Mai wird | |
unser Antrag wahrscheinlich im Ausschuss beraten. | |
taz: Ins SEZ hineinzukommen, war schon länger eine Forderung von | |
Abgeordneten, um sich endlich selbst ein Bild von dem angeblich so maroden | |
Gebäude machen zu können. | |
Valgolio: Wir haben schon länger Druck gemacht. Es hat etwas gedauert, doch | |
dann haben sich Senat und WBM überzeugen lassen, uns endlich Einblick zu | |
gewähren. | |
taz: Sie hatten alle Helme auf und wurden durch den ganzen Komplex geführt? | |
Valgolio: Ja, wir haben uns das gesamte Gebäude angeguckt, Schwimmhalle, | |
Außenbereiche, Keller, Nebengebäude, Sporthalle und Verwaltungsgebäude, | |
alles. | |
taz: Und, wie sieht das ehemalige Spaßbad im Inneren aus? | |
Valgolio: Für mich als Laie sah das Schwimmbad und auch der gesamte | |
Gebäudekomplex eben aus wie ein Gebäude, das 45 Jahre alt ist, also | |
überhaupt [1][nicht heruntergekommen oder marode], schon gar keine Ruine. | |
Ein öffentliches Gebäude, wie wir viele in Berlin haben, die in den 1970er | |
Jahre gebaut wurden, wie viele Schulen und Verwaltungsgebäude, die noch | |
ganz normal genutzt werden. Ich habe keine schweren Schäden an Decken oder | |
Wänden oder anderen Stellen gesehen. | |
taz: Die WMB behauptet ja Gegenteiliges und veröffentlichte zuletzt Fotos, | |
die Geröll, Schrott und Bauschutt zeigen. | |
Valgolio: Wir haben schon häufiger beim Senat und bei der WBM nachgefragt, | |
in welchem Zustand der Komplex ist und warum alles so desolat sein soll, | |
dass eine Restaurierung auszuschließen ist. Und das ist das Hauptproblem: | |
Bis heute wird uns vom Senat nicht erklärt, in welchem Zustand das Gebäude | |
ist – mit dem Argument, dass es darauf gar nicht ankomme, weil die | |
Entscheidung ja schon gefallen sei, es abzureißen und auf dem Gelände neu | |
zu bauen. Der Senat geht davon aus, dass die Sanierung des SEZ keine Option | |
ist. | |
taz: Die Würfel sind gefallen. | |
Valgolio: Politisch ja. Rechtlich ist ein Abriss überhaupt nicht notwendig. | |
Man könnte im Rahmen des Bebauungsplans von 2018 das SEZ sanieren und in | |
seiner alten Bestimmung als Sport- und Freizeiteinrichtung weiter | |
betreiben. Der eigentliche Skandal ist, dass sich der Senat weigert, das | |
Gebäude von einem Sachverständigen näher untersuchen zu lassen, um zu | |
ermitteln, wie der Zustand wirklich ist und was es kosten würde, den ganzen | |
Komplex oder auch nur einzelne Bereiche instand zu setzen. | |
taz: Was lässt sich in dieser Situation noch machen? | |
Valgolio: Es bleibt [2][eine politische Entscheidung]. Solange die | |
Abrissbagger noch nicht anrollen sind, ist das eine offene Frage. Der | |
öffentliche Druck nimmt ja immer weiter zu. Weit über 10.000 Anwohnerinnen | |
und Anwohner haben für den Erhalt schon unterschrieben. Und der Druck wird | |
insbesondere dann zunehmen, wenn öffentlich wird, welche Kosten für den | |
Abriss und den Neubau entstehen. Da bohren wir weiter nach. | |
taz: Es gab in der jüngsten Vergangenheit vage Signale eines Sinneswandels | |
bei einigen Koalitionsabgeordneten … | |
Valgolio: … ob man nicht vielleicht doch überlegen kann, zumindest Teile | |
des SEZ zu erhalten. Bei der Begehung hatte ich den Eindruck, dass einige | |
Abgeordnete von CDU und SPD schon ein bisschen ins Grübeln kommen und die | |
Debatte vielleicht wieder eröffnet werden kann. Gerade bei den | |
sportpolitischen Sprechern entstehen durch die Begehung Fragezeichen. Die | |
wissen natürlich genau, dass in Berlin massiv Schwimm- und generell | |
Sportangebote und -flächen fehlen. Wenn die nun sehen, dass es mit dem SEZ | |
Flächen gibt, die mehr oder weniger einfach wieder genutzt werden könnten, | |
werden sie Fragen stellen, quer durch alle Parteien. | |
taz: In der Sporthalle, dem nördlichen Flügel des SEZ, der an der Danziger | |
Straße liegt, wurde noch vor ein paar Jahren Badminton etc. gespielt. Wenn | |
man durch die Scheiben blickt, kann man den relativ guten Zustand der Halle | |
erkennen. | |
Valgolio: Ja, da sind die Tischtennisplatten noch aufgebaut. Da könnte man | |
morgen aufschließen. Die Sporthalle ich sicher ohne große Veränderungen | |
sofort wieder zu nutzen. | |
taz: Was entgegnen Sie Menschen, die meinen, dass Wohnungen, wie hier auf | |
dem SEZ-Gelände geplant, ja aber auch wichtig sind? | |
Valgolio: Ja, eine verständliche Forderung. Aber es gibt ohnehin eine | |
Machbarkeitsstudie, die hat der Senat bereits ausgeschrieben. Aber es ist | |
völlig absurd, so eine Machbarkeitsstudie zu beauftragen und die | |
naheliegendste Option, einen Erhalt oder wenigstens einen Teilerhalt des | |
SEZ überhaupt nicht mit in Betracht zu ziehen. Vielmehr wird die | |
Machbarkeitsstudie so ausgeschrieben, dass der Abriss des SEZ Voraussetzung | |
ist. Das kann man keinem erklären, wenn man sich vor Augen führt, dass wir | |
einen Mangel an Schwimm-, Sport- und Freizeitangeboten haben, bezahlbaren – | |
gerade für Kinder. Wohnungsbau und Erhalt oder Teilerhalt des SEZ schließen | |
sich nicht aus. Es gibt schon entsprechende Vorschläge, deshalb ist es so | |
wichtig, die Machbarkeitsstudie zu öffnen. | |
14 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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