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# taz.de -- Milizenkämpfe in Tripolis: Die „Brigade 444“ erledigt ihren Au…
> Wer kontrolliert Libyens Hauptstadt? Der Mord an Milizenführer Abdel
> Ghani al-Kikli hilft Übergangspremier Abdul Hamid Dbaiba, diese Frage zu
> klären.
Bild: Ein Mitglied der „Bridade 444“ in Tripolis
Beirut taz | Nach schweren Kämpfen zwischen zwei Milizenallianzen herrscht
in der libyschen Hauptstadt Tripolis am Dienstag angespannte Ruhe. An
neuralgischen Punkten der Stadt haben am Vormittag vermummte Kämpfer der
sogenannten „Brigade 444“ Stellung bezogen, die mit der Regierung von
Premier Abdul Hamid Dbaiba verbündet sind.
Innenminister Emad Trabelsi rief die Bewohner auf, zu Hause zu bleiben. Die
Hauptstadt ist von der Außenwelt praktisch isoliert, nachdem die Flugzeuge
mehrerer libyscher Fluggesellschaften in die Hafenstadt Misrata verlegt
wurden und in den Außenbezirken von Tripolis Kontrollpunkte errichtet
wurden.
Am Montag hatten sich die Ereignisse überschlagen. Abdel Ghani al-Kikli,
einer der mächtigsten Milizenführer Libyens, wurde während laufender
Verhandlungen über eine versöhnliche Regelung eines [1][Machtkampfes
zwischen libyschen Milizen] von Kämpfern der „Brigade 444“ erschossen.
Daraufhin brachen Kämpfe mit schweren Waffen mitten in der Stadt aus, die
über Nacht andauerten und mindestens sechs Tote forderten.
Der unter seinem Kampfnamen „Gheniwa“ bekannte al-Kikli galt als der
mächtigste Kommandeur in dem Kartell von fünf bewaffneten Gruppen, die in
Tripolis seit Jahren das Sagen haben – die [2][Regierung von Dbaiba], der
2021 bei Gesprächen in Genf zur Beendigung eines mehrjährigen Bürgerkrieges
zwischen West- und Ostlibyen zunächst übergangsweise eingesetzt wurde und
seither in Tripolis regiert, hat keine eigenen Sicherheitskräfte und
versucht, mit dem Schmieden von Allianzen an der Macht zu bleiben.
## Jobs in lukrativen Staatsfirmen
In al-Kiklis mehrere Tausend Mann starker Truppe hatten sowohl Anhänger des
2011 getöteten Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi Unterschlupf gefunden
als auch damalige Revolutionäre gegen Gaddafi und ehemalige
Geheimdienstspezialisten. Mit deren Expertise hatte al-Kikli immer wieder
Aktivisten der Zivilgesellschaft sowie Kritiker der politischen Elite rund
um den Premier Dbaiba verhaftet oder verschwinden lassen. Belohnt wurde der
46-Jährige mit der Aufnahme auf die Gehaltslisten der Regierung, als
„Stabilisierungs- und Unterstützungsautorität“.
Doch wie alle Anführer bewaffneter Gruppen versuchte al-Kikli vor allem,
seine Anhänger in lukrativen libyschen Staatsfirmen unterzubringen. Seine
Neubesetzung der Vorstandsposition des staatlichen Telefonriesen LPTIC
löste einen Streit mit Geschäftsleuten im 200 Kilometer entfernten Misrata
aus, die wirtschaftlich wichtigste Stadt in Libyen, deren Milizen einst
zuerst Gaddafi und dann dem „Islamischen Staat“ die Stirn geboten hatten.
Einer Expansion des Milizenkartells der Hauptstadt über Tripolis hinaus
wollte man in Misrata nicht länger zusehen. In langen Konvois rückten
vergangene Woche Pick-ups mit Kämpfern aus Misrata in die Hauptstadt ein.
Al-Kikli wurde ein Ultimatum bis 11. Mai gestellt, um die Kontrolle
mehrerer lukrativer Unternehmen und mehrerer Kasernen abzugeben.
Viele Libyer sind solche öffentlichen Machtdemonstrationen gewohnt. Als
al-Kikli am Montag ankündigte, zu Verhandlungen bereit zu sein, schien das
die Lage zu entschärfen. Dann wurde der Milizenchef just während dieser
Verhandlungen im Hauptquartier der „Brigade 444“ ermordet – ob spontan od…
geplant, ist noch unklar.
## „Ein Krieg verursacht immer neue Kriege.“
Premier Dbaiba lobte die mit ihm verbündete Führung der „Brigade 444“ für
die vorläufige Lösung der Krise. Doch Beobachter rechnen mit einer
Fortsetzung des Konflikts. Mit dem Tod al-Kiklis ist Dbaibas Position
gestärkt. Beobachter in Tripolis erwarten als nächstes eine Eskalation
zwischen der Dbaiba-Allianz und dem Chef der sogenannten
„Stabilisierungskraft“, einer Miliz des Salafisten Abdul Rauf Kara.
Dbaiba gilt als Verbündeter des Westens in Libyen, während Ostlibyens
starker Mann, [3][Feldmarschall Chalifa Haftar], gerade in Moskau zu Besuch
ist, wo er an den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des sowjetischen Sieges
über Deutschland teilnahm und Präsident Wladimir Putin traf. Die USA und
Russland ringen in Libyen, einem der ölreichsten Länder Afrikas, nach wie
vor um Einfluss.
„Die Mehrheit der Libyer fordert Wahlen, doch der Krieg um Tripolis vor
fünf Jahren hat Milizenkommandeure wie al-Kikli zu den Herrschern der
Straße gemacht“, sagt der Journalist Ahmed Fellani. „Ein Krieg verursacht
immer neue Kriege.“
13 May 2025
## LINKS
[1] /Kaempfe-erschuettern-Tripolis/!5954254
[2] /Erneute-Kaempfe-in-Libyen/!5852134
[3] /Libyen-kommt-nicht-zur-Ruhe/!5846539
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Abdul Hamid Dbaiba
Milizen in Libyen
Libyen
Chalifa Haftar
Milizen in Libyen
Abdul Hamid Dbaiba
Schwerpunkt Libyenkrieg
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