# taz.de -- Spekulationen um Nachfolge im Vatikan: Wer der nächste Papst werde… | |
> Ab heute ist der verstorbene Papst Franziskus im Petersdom aufgebahrt. | |
> Vor Trauerfeier und Konklave werden schon Namen möglicher Nachfolger | |
> gehandelt. | |
Bild: Kardinalkämmerer Kevin Joseph Farrell (M.), flankiert von Zeremonienmeis… | |
Berlin/Rom dpa | Zwei Tage nach dem Tod von Papst Franziskus können | |
Gläubige ab heute persönlich vom Oberhaupt der katholischen Kirche Abschied | |
nehmen. Franziskus wurde am Morgen in den Petersdom gebracht und wird dort | |
für drei Tage im offenen Sarg aufgebahrt. Bis Freitag haben Menschen die | |
Möglichkeit, ihn dort noch einmal zu sehen. Danach wird der Sarg | |
verschlossen. | |
Am Samstag steht die Trauerfeier auf dem Petersplatz an. US-Präsident | |
Donald Trump, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, der ukrainische | |
Präsident Wolodymyr Selenskyj, UN-Generalsekretär António Guterres und der | |
geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich schon angekündigt. | |
Im Anschluss soll der Papst dann in der Basilika Santa Maria Maggiore | |
außerhalb des Vatikans beigesetzt werden. Zuvor aber wollen zehntausende | |
Menschen dem am Ostermontag im Alter von 88 Jahren gestorbenen Franziskus | |
die letzte Ehre erweisen. | |
Nach der Beisetzung von Franziskus kommen alle Kardinäle, die zum Zeitpunkt | |
seines Todes noch keine 80 Jahre alt waren, zusammen, um einen neuen Papst | |
zu wählen. Mehr als 100 Kardinäle sind wegen Überschreitens der | |
Altersgrenze außen vor. | |
Noch nie waren so viele Kirchenmänner aus unterschiedlichen Ländern und | |
Regionen beim Konklave in der Sixtinischen Kapelle dabei: Die insgesamt 135 | |
wahlberechtigten Kardinäle kommen aus 65 unterschiedlichen Ländern. | |
## Die Wahl war noch nie so offen | |
Vinko Puljić aus Bosnien-Herzegowina und der Spanier Antonio Cañizares aus | |
gesundheitlichen Gründe sagten ihre Reisen nach Rom ab – deshalb dürften | |
nur noch 133 Kardinäle an der Wahl teilnehmen. Damit vertreten auch nur | |
noch 51 Kardinäle den alten Kontinent Europa. Aus Afrika reisen 18 | |
Kardinäle zum Konklave, aus Asien 23 und aus Ozeanien vier. 16 kommen aus | |
Nord-, 4 aus Mittel- und 17 aus Südamerika. | |
Als „papabile“ – also Leute, die das Format haben, Papst zu werden – si… | |
etwa zwei Dutzend Männer im Gespräch. Weil Franziskus viele neue Kardinäle | |
aus weit entfernten Ländern berufen hat, die sich nicht besonders gut | |
kennen, ist die Wahl dieses Mal wohl noch offener als bei früheren | |
Konklaven. | |
Und grundsätzlich gilt der alte Spruch: „Chi entra papa ner conclave, ne | |
risorte cardinale“ („Wer als Papst ins Konklave hineingeht, kommt als | |
Kardinal heraus“). Es kann also durchaus Überraschungen geben. Das aber | |
sind die Favoriten: | |
## Pietro Parolin | |
Der 70 Jahre alte Norditaliener aus der Nähe von Venedig ist seit mehr als | |
einem Jahrzehnt die Nummer zwei im Vatikan. Franziskus erhob den studierten | |
Diplomaten und Doktor des Kirchenrechts schon kurz nach seiner Wahl zum | |
Kardinalstaatssekretär. Seither führte Parolin an seiner Seite die | |
Geschäfte. Er vertrat ihn auch, als Franziskus im Krankenhaus lag. An | |
seiner Loyalität ließ Parolin nie Zweifel aufkommen. | |
Der Italiener gilt als sehr machtbewusst – anders kommt man in der Kurie | |
nicht weit. Beim Konklave wird er jetzt so oder so eine herausragende Rolle | |
spielen: Normalerweise wird die Wahlversammlung in der Sixtinischen Kapelle | |
vom Dekan der Kardinäle geleitet. Der aktuelle Dekan und auch dessen Vize | |
sind aber schon über 80 und damit zu alt. Deshalb ist der ranghöchste | |
Kardinal an der Reihe: Parolin. | |
## Pierbattista Pizzaballa | |
Als Patriarch von Jerusalem und somit höchster Vertreter der katholischen | |
Kirche im Heiligen Land leitet der Italiener eine der schwierigsten | |
Diözesen der Welt. Im Geburtsland von Jesus Christus stehen die Christen | |
oft zwischen den Fronten. Pizzaballa sieht sich im Nahost-Konflikt als | |
Brückenbauer, allen Schwierigkeiten zum Trotz. | |
Pizzaballa kommt aus der Ordensgemeinschaft der Franziskaner. Mit seinen 60 | |
Jahren ist der Geistliche, der in Italiens Norden in der Nähe von Bergamo | |
geboren wurde, im Kreis der genannten Kandidaten einer der Jüngsten. Das | |
kann für ihn sprechen – aber auch gegen ihn. | |
## Matteo Zuppi | |
Als Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz ist der 69-Jährige | |
eine der zentralen Figuren im Vatikan. Der Bischof aus Bologna gilt als | |
bestens vernetzt und sehr einflussreich. Zudem hat er aktuell einen der | |
anspruchsvollsten Posten, die zu vergeben sind: Als Sondergesandter kümmert | |
er sich seit bald drei Jahren darum, im Krieg zwischen Russland und der | |
Ukraine zu vermitteln – bislang ohne große Erfolge. | |
Mehr als einmal war in jüngerer Zeit sein diplomatisches Geschick gefragt, | |
wenn Franziskus wieder einmal für Schlagzeilen sorgte, etwa mit Äußerungen | |
zum Krieg in der Ukraine. Zuppi ist auch eng mit der Comunità Sant'Egidio | |
verbunden, die für den Vatikan schon wiederholt in Vermittlerfunktionen | |
tätig war. | |
## Péter Erdö | |
Der Primas von Ungarn, Erzbischof von Esztergom-Budapest, gilt unter den | |
als „papabile“ gehandelten Kardinälen als konservativer Kirchenmann. Der | |
72-Jährige ist insbesondere für seine traditionelle Haltung in vielen | |
Kirchenfragen bekannt und hatte zu Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. eine | |
gute Beziehung. Franziskus' Reformbemühungen beobachtete Erdö hingegen | |
teils kritisch. Unter den Konservativen im Kardinalskollegium wird eine | |
Abkehr von Franziskus' eher progressiven Kurs erwartet. Sie setzen unter | |
anderem auf den Ungarn. | |
Erdö wurde im Jahr 2000 Weihbischof in Székesfehérvár, 2002 ernannte Papst | |
Johannes Paul II. ihn zum Erzbischof von Esztergom-Budapest, 2003 nahm er | |
ihn ins Kardinalskollegium auf. Er stammt aus einer sehr gläubigen Familie. | |
Erdö erklärte einmal, er habe von seiner Familie gelernt, dass der Glaube | |
das Wichtigste im Leben sei. Seine Eltern konnten unter dem kommunistischen | |
Regime in Ungarn ihre Berufe als Jurist und Lehrerin nicht ausüben. | |
## Luis Antonio Tagle | |
Der frühere Erzbischof von Manila lebt nun schon seit einigen Jahren in | |
Rom. Der 67 Jahre alte Geistliche aus der katholischen Vorzeigenation in | |
Asien, den Philippinen, wurde 2019 von Franziskus Kardinalpräfekt der | |
Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Inzwischen ist er | |
Pro-Präfekt des daraus hervorgegangenen Dikasteriums für die | |
Evangelisierung – einer der wichtigsten Posten der Kurie. Als Dikasterien | |
werden die Zentralbehörden der vatikanischen Kurie bezeichnet, sie sind | |
vergleichbar mit Ministerien. | |
Tagle wird immer wieder als aussichtsreichster Kandidat genannt, falls die | |
Wahl im Konklave erstmals auf einen Asiaten fallen sollte. Er hat auch | |
chinesische Wurzeln. Wie Papst Franziskus setzt er sich für eine Kirche | |
ein, die an der Seite der Armen steht. Und ebenso wie der Argentinier ist | |
er strikt gegen Abtreibung und Empfängnisverhütung. | |
## Fridolin Ambongo Besungu | |
Bereits seit geraumer Zeit wird spekuliert, dass bald einmal ein Papst aus | |
Afrika kommen könnte: ein „schwarzer Papst“ also. Am häufigsten hört man | |
inzwischen den Namen des Erzbischofs von Kinshasa, der Hauptstadt der | |
Demokratischen Republik Kongo: Fridolin Ambongo Besungu. Der 65-Jährige | |
gilt im Vergleich zu seinen Kardinalskollegen aus Europa und Nordamerika | |
als recht konservativ. Er gehört außerdem zu den wichtigsten | |
Kirchenvertretern Afrikas. | |
Die Öffnung für die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren sah er – wie | |
viele Katholiken in Afrika – sehr kritisch. „Der afrikanische Kontinent | |
erlebte das als kulturelle Kolonialisierung des Westens“, kommentierte | |
Besungu den überraschenden Schritt von Papst Franziskus. | |
## Raymond Burke | |
Der 76 Jahre alte Kardinalpriester aus den USA, ehemaliger Erzbischof von | |
St. Louis, galt als einer der härtesten Gegner des verstorbenen Papstes. | |
Der konservative Hardliner kritisierte selbst vorsichtige Reformversuche | |
wie Segnungen für homosexuelle Paare. Größere Änderungen wie Abschaffung | |
des Zölibats oder Frauen als Priester sind für ihn schon gar nicht zu | |
machen. | |
Nachdem er Franziskus auch öffentlich kritisiert hatte, strich ihm der | |
Vatikan das Gehalt. Auch auf seine 400-Quadratmeter-Wohnung in Rom musste | |
er verzichten. Der Posten als Kardinalpatron des Malteserordens war ihm | |
zuvor schon entzogen worden. Burke gilt als jemand, den das Weiße Haus gern | |
als Papst sehen würde. Allerdings werden seine Chancen als eher gering | |
beurteilt. | |
## Jean-Marc Aveline | |
Der Erzbischof von Marseille kam an Weihnachten 1958 in Algerien zur Welt, | |
das damals noch zu Frankreich gehörte. Aufgewachsen ist er in den Vororten | |
von Marseille. Heute ist er Erzbischof der großen Hafenstadt im Süden des | |
Landes. Aveline gilt als volksnah – einer der Charakterzüge, die er mit dem | |
verstorbenen Papst teilt. Auch sonst gilt der Südfranzose als jemand, den | |
in Auftreten und Politik viel mit dem Argentinier Jorge Mario Bergoglio | |
einte. Manche nennen ihn gar einen „Super-Bergoglianer“. | |
Aveline stünde also dafür, dass das Vermächtnis des toten Pontifex | |
fortgesetzt würde. Das spricht aus Sicht mancher gegen ihn. Dass | |
nacheinander zwei ähnliche Päpste gewählt werden, ist in der katholischen | |
Kirchengeschichte eher selten. Aber wenn es doch so käme, hätte der | |
Franzose gewiss schon einen Namen parat: Franziskus II. | |
## Jean-Claude Hollerich | |
Der Erzbischof von Luxemburg ist einer der einflussreichsten Männer im | |
Vatikan. Der Jesuit sitzt in mehreren wichtigen Dekasterien. Zudem leitet | |
der 66-Jährige, mehrsprachig wie viele in seiner Heimat, die Kommission der | |
Bischofskonferenzen aller EU-Staaten. Bei der jüngsten Weltsynode war der | |
Vertraute des gestorbenen Papstes Franziskus als „Generalrelator“ – eine | |
Art Vermittler, wenn es Meinungsverschiedenheiten gab – eine der zentralen | |
Gestalten. | |
23 Apr 2025 | |
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