# taz.de -- Tag der Pressefreiheit 2025: „Wir sind optimistisch!“ | |
> „Hell Gate“ ist ein New Yorker Onlinemagazin in den Händen der | |
> Mitarbeitenden. Sein Co-Gründer erklärt die Vorteile dieser Art | |
> Publikation. | |
Bild: Das Team des Online-Magazins „Hell Gate“ | |
taz: Wie kam es zur Gründung von Hell Gate? | |
Nick Pinto: Wir alle haben früher bei alternativen Magazinen wie Village | |
Voice oder für Blogs wie Gothamist und Gawker gearbeitet – Medien, die | |
meinungsstark, dreist, witzig und aggressiv-machtskeptisch drauf waren. | |
Doch sind all diese Publikationen gestorben. Wir haben sie einfach vermisst | |
und dachten, dass es den Leser:innen auch so geht. | |
taz: Was steckt hinter dem Namen? | |
Pinto: Die offizielle Antwort ist, dass wir nach der stabilsten Brücke New | |
Yorks benannt sind: Hell Gate Bridge. Die inoffizielle Antwort: Wir | |
dachten, es wäre ziemlich metal, müsste der Bürgermeister bei | |
Pressekonferenzen die Worte „Hell Gate“ (Höllentor) in den Mund nehmen. | |
taz: Was ist eine typische Hell-Gate-Geschichte? | |
Pinto: Kürzlich war eine Reporterin unterwegs, um herauszufinden, was die | |
New Yorker über Luigi Mangione denken. Das ist der junge Mann, der wegen | |
Mordes am Chef eines extrem profitablen und verhassten | |
Versicherungsunternehmen angeklagt ist. Unsere Reporterin trug ein T-Shirt | |
mit Mangiones Foto und der Aufschrift „Free my man“. Über die Reaktionen | |
der Leute und die sich entwickelnden Gespräche über das | |
US-Gesundheitssystem schrieb sie dann einen Text. | |
taz: Bei [1][Hell Gate] gibt es keine Chefs, den Redakteur:innen gehört | |
das Magazin. | |
Pinto: Das war uns aus persönlichen Gründen wichtig. Wir mussten in unseren | |
früheren Laufbahnen immer wieder erleben, dass im Management fürchterliche | |
Entscheidungen getroffen wurden. Wir glauben, dass die Leute, die die | |
tatsächliche Arbeit machen, das Sagen haben sollten. | |
taz: Welche Vorteile hat das? | |
Pinto: Sehr viele. Die Arbeit macht schon mal mehr Spaß. Wir sind auch | |
näher an den Leser:innen dran, weil sie uns stärker vertrauen. Auch | |
spart man Geld, wenn man nicht verschiedene Managementebenen bezahlen muss. | |
Unsere Entscheidungsfindungsprozesse sind zwar manchmal langsamer, aber wir | |
sind mittlerweile besser darin, uns bei wichtigen Fragen zu einigen. Was | |
die redaktionelle Arbeit betrifft, haben wir mit der Zeit festgestellt, | |
dass es ein bisschen mehr Hierarchie braucht. Zwei von uns behalten als | |
Redakteure den Überblick, die anderen sind vor allem als Reporter:innen | |
im Einsatz. | |
taz: Ermöglicht eure Eigentümerstruktur auch mehr journalistische Freiheit? | |
[2][Bei der Washington Post gab der Besitzer Jeff Bezos ja gerade bekannt], | |
dass es Vorschriften für das Meinungsressort gibt … | |
Pinto: Ja! Wir Journalist:innen entscheiden, worüber wir wie schreiben. | |
Genau so sollte es auch sein. | |
taz: US-Präsident Donald Trump greift Journalist:innen persönlich an. | |
Medien werden von Pressekonferenzen ausgeschlossen. Schwindet die | |
Pressefreiheit in den USA? | |
Pinto: Ja. Das hat aber bislang weniger mit den Maßnahmen der Regierung zu | |
tun als vielmehr mit der Kapitulation vieler Medienunternehmen. Die | |
Eigentümer der Los Angeles Times und Washington Post haben ihren | |
Redaktionen einen Maulkorb verpasst. Statt die Regierung juristisch zu | |
bekämpfen, geben sich große Publikationen mit Vergleichen ab. | |
Journalist:innen werden in diesen Fällen von Eigentümer:innen | |
verraten. Wir bei Hell Gate sind froh, dass wir uns über so etwas keine | |
Gedanken machen müssen. | |
taz: Neben Hell Gate wurden in den letzten Jahren auch andere Medien | |
gegründet, die in der Hand ihrer Mitarbeiter:innen sind. Ein Trend? | |
Pinto: Ich hoffe, dass weitere dazukommen! Wir werden jedenfalls von | |
Journalist:innen aus dem ganzen Land um Rat gefragt, wie sie ihre | |
eigene Publikation gründen können, und wir helfen natürlich gerne dabei. | |
taz: Woher kommt denn eigentlich das Geld? | |
Pinto: Vor allem am Anfang waren wir stark auf die Unterstützung von | |
Philanthrop:innen und Stiftungen angewiesen. Unsere Vision war es aber | |
immer, in erster Linie durch Abos finanziert zu sein – und das haben wir | |
mittlerweile erreicht. Wir verkaufen auch Anzeigen, aber die machen keinen | |
großen Anteil aus. Drei Viertel unserer Erträge kommen durch Leser:innen, | |
durch die wir bislang insgesamt über eine Million Dollar eingenommen haben. | |
Wir konnten jetzt zum zweiten Mal die Redaktion vergrößern. Wir sind | |
optimistisch! | |
Lukas Hermsmeier arbeitet als freier Journalist in Berlin und New York. | |
Dieser Artikel erscheint am 3. Mai 2025 als Teil einer gemeinsamen | |
Sonderbeilage der [3][taz Panter Stiftung] und Reporter ohne Grenzen zum | |
Tag der Pressefreiheit. | |
4 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://hellgatenyc.com/ | |
[2] /Bezos-zensiert-seine-Washington-Post/!6069898 | |
[3] /stiftung | |
## AUTOREN | |
Lukas Hermsmeier | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
taz Panter Stiftung | |
Donald Trump | |
Schwerpunkt USA unter Trump | |
New York | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Tag der Pressefreiheit 2025: Wie Trumps Anti-Medien-Strategie Lokalzeitungen tr… | |
US-Präsident Donald Trump legt sich nicht nur mit renommierten Medien wie | |
AP an, sondern auch mit kleinen Zeitungen, die kritisch über ihn berichten. | |
Tag der Pressefreiheit 2025: „Benenne die Lüge, bleib bei den Fakten“ | |
Eine internationale Journalismuskonferenz in Italien diskutiert Strategien, | |
wie die große Medienmacht der Techtitanen gebrochen werden kann. | |
Tag der Pressefreiheit 2025: Die neue Presse unter Trump | |
In den USA wird die Pressefreiheit weiter eingeschränkt. Zugleich bilden | |
sich neue Kanäle und Formen der Einflussnahme: Influencer und Crowdfunding. |