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# taz.de -- Inklusion in Berlin: Zurück in die Kleinklasse
> Berlins Bildungsverwaltung macht es Schulen leichter, sonderpädagogische
> Kleinklassen einzurichten. Das Bündnis für schulische Inklusion
> protestiert.
Bild: So geht Inklusion an einer Grundschule in Potsdam: Eine Einzelfallhelferi…
BERLIN taz | Verhindert die Bildungsverwaltung, dass Kinder mit und ohne
Beeinträchtigung gemeinsam lernen? Diesen Vorwurf macht das Bündnis für
Inklusion der Senatsverwaltung, nachdem diese die Sonderpädagogikverordnung
geändert hat. Diese regelt, wie Kinder mit Beeinträchtigungen an Schulen
unterrichtet werden. Das [1][in der Verordnung selbst festgelegte Ziel]
ist, Kinder mit Behinderungen so weit wie möglich einzugliedern. Konkret
bedeutet das, dass sie vorzugsweise in Klassen gemeinsam mit Kindern ohne
Förderbedarf lernen sollen.
Doch nachdem die Senatsverwaltung für Bildung die Verordnung neu gefasst
hat, steht sie in der Kritik. Die Senatsverwaltung für Integration, die die
Änderungen mittragen muss, sieht sich übergangen. Denn die
Bildungsverwaltung habe die neue Verordnung veröffentlicht, bevor die
Integrationsverwaltung dem zugestimmt habe. Das Bündnis für schulische
Inklusion und zahlreiche Initiativen kritisieren den Vorgang [2][nun in
einem offenen Brief]. Die Bildungsverwaltung habe die Neuregelung
„regelwidrig in Kraft gesetzt“, schreiben sie und kritisieren: „Inhaltlich
verstößt die Verordnung in ihrer aktuellen Form gegen wesentliche
Prinzipien schulischer Inklusion.“
Die Bildungsverwaltung hatte am 3. März die Änderungen an der
Sonderpädagogikverordnung erlassen. Die Integrationsverwaltung protestierte
dagegen in zwei Schreiben, die der taz vorliegen. Ihre Verwaltung habe
„schwerwiegende Vorbehalte“ gegen die Änderung der
Sonderpädagogikverordnung geäußert, schreibt die Integrationssenatorin
Cansel Kiziltepe (SPD) Ende März. Diese Vorbehalte habe die
Bildungsverwaltung bisher nicht ausgeräumt. „An dieser Stelle hätte ein
Fachgespräch folgen müssen“, schreibt Kiziltepe.
Konkret geht es vor allem darum, dass die Neufassung kleine Klassen
ausschließlich für Kinder mit Förderbedarf einführt und ausweitet. So
sollen Schulen nun „sonderpädagogische Kleinklassen“ für die
Förderschwerpunkte Sprache, geistige Entwicklung und Autismus einrichten
können.
## Sonderpädagogen werden woanders fehlen
Das Bündnis für schulische Inklusion kritisiert das scharf: [3][Es fehle
ein inklusives Konzept]. Im Bündnis stufen sie dies als „klare Rückschritte
der schulischen Inklusion“ ein. Und sie befürchten, dass sich dies auf
Schulen generell auswirkt: „Wir vermuten, dass damit auch Ressourcen
verschoben werden“, sagt Janine Schott vom Bündnis. „Es wäre logisch, wenn
die Sonderpädagogen dann auch an diese Schulen und in diesen Klassen
eingesetzt werden würden.“ Damit würden sie dann aber voraussichtlich an
anderer Stelle fehlen. „Und damit haben Eltern schon keine wirkliche Wahl
mehr. Denn dann ist die Frage, ob sie das Kind in eine Kleinklasse mit
Förderung geben, oder in eine Regelklasse ohne Förderung.“
Schott kritisiert, dass dies echte Inklusion wieder verschlechtert.
„Außerdem gibt es kein Konzept, wie die Klassen dann in die Schulen
eingebunden sind. Auch in der Nachmittagsbetreuung und ebenso im Hort gibt
es dann keine Vermischung“, fürchtet sie. „Das bedeutet eine Segregation,
wie wir sie noch nie hatten – denn in den 70er Jahren waren die Kinder noch
nicht den ganzen Tag in der Schule. „Wann haben sie dann überhaupt noch
eine Chance auf andere Kontakte, etwa zu Nachbarn?“, fragt sie.
Die Senatsverwaltung für Bildung wiederum sieht die
„Mitzeichnungsvorbehalte“ aus ihrer Sicht ausgeräumt. „Die Änderungen d…
Sonderpädagogikverordnung stärken aus unserer Sicht die Inklusion an den
Berliner Schulen und entwickeln sie qualitativ weiter“, antwortet ein
Sprecher auf Nachfrage der taz. Die Bereitstellung von schulischer
Inklusionsassistenz für Schüler*innen mit Bedarf an ergänzender Pflege
und Hilfe werde erleichtert, wohnortnaher Beschulung Vorrang eingeräumt,
die Beratung in der inklusiven Schule werde gestärkt.
Sonderpädagogische Kleinklassen „bestehen seit vielen Jahren, teilweise
seit Jahrzehnten“ und würden keineswegs mit der neuen Verordnung neu
eingeführt. Die Bildungsverwaltung sieht sie als ein die Inklusion
förderndes „Unterstützungsangebot“ für Schüler*innen mit besonderen
Bedürfnissen, die „ohne dieses Angebot nicht hinreichend gefördert werden
können und daher in ihrer gesellschaftlichen Integration oder Inklusion
gefährdet wären“.
## Kritik vom Institut für Menschenrechte
Im Bündnis für Inklusion wiederum hätten sie genau dazu gern ihre
Einschätzung abgegeben. „Bereits im Verfahren gab es starke Einwände“, et…
der allgemeinen Interessenvertretungen und des Deutschen Instituts für
Menschenrechte, schreiben sie. „Es zeigt noch mal den Rückschritt“, sagt
Janine Schott vom Bündnis. Aus ihrer Sicht widerspricht die neue Regelung
den Empfehlungen und Forderungen aus den Verbänden. „Dass die Senatorin
diese noch nicht mal anhört, dass sie etwas durchdrückt, ohne die
Beteiligungsverfahren einzuhalten, dazu gehört schon eine Menge Ignoranz“,
sagt Schott.
Zuvor hatte das [4][Deutsche Institut für Menschenrechte kritisiert], dass
in mehreren [5][Bezirken Neubauten für reine Förderschulen] geplant seien.
Dies sei eine Entwicklung, die „den Vorgaben der
UN-Behindertenrechtskonvention zuwiderläuft“, urteilte das Institut im
März.
Das Bündnis für schulische Inklusion fordert die Senatsverwaltung auf, die
[6][Neuregelung der Verordnung „unverzüglich auszusetzen“]. Mit einer
Petition fordern sie „Schluss mit dem Inklusions-Chaos“ und [7][im
Schulgesetz festgelegte Rahmenbedingungen] für gleichberechtigte, inklusive
Bildung.
4 May 2025
## LINKS
[1] https://www.schulgesetz-berlin.de/berlin/sonderpaedagogikverordnung.php
[2] https://buendnis-inklusion.berlin/
[3] /Teilhabe-an-Berliner-Schulen/!6012441
[4] https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuelles/detail/berlin-muss-ko…
[5] /Teilhabe-in-Schulen/!6059695
[6] https://buendnis-inklusion.berlin/
[7] https://weact.campact.de/petitions/schluss-mit-dem-inklusions-chaos-angemes…
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Leben mit Behinderung
Inklusion
Chancengleichheit
UN-Behindertenrechtskonvention
Schule
Social-Auswahl
Sparmaßnahmen
Inklusion
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