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# taz.de -- Gedenken am 8. und 9. Mai in Berlin: Spassiba sagen – aber wie un…
> Berlin feiert den Tag der Befreiung, nicht nur mit einem einmaligen
> Feiertag, sondern auch mit vielen Veranstaltungen – und
> Konfliktpotenzial.
Bild: Treptower Park: ehrfurchtsvolle Architektur für ein besonderes Gedenken
Wer nicht feiert, hat verloren!
Der 8. Mai, Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, muss gefeiert werden
– daran gibt es aus antifaschistischer Sicht schon immer nichts zu rütteln.
Den 80. Jahrestag der Kapitulation der Wehrmacht begeht Berlin als einziges
Bundesland mit einem Feiertag. Der Senat begründete dies mit der immensen
historischen Bedeutung und damit, dass Berlin im Ländervergleich die
wenigsten Feiertage hat.
Es ist das zweite Mal [1][nach dem 75. Jahrestag 2020], dass Berlin den Tag
als Feiertag begeht. [2][Einen bundesweiten und dauerhaften Feiertag zu
etablieren statt eines „Gedenktages“,] fordern linke Organisationen und
Gewerkschaften schon lange. Doch wahrscheinlich ist das nicht angesichts
der politischen Mehrheiten im Bund sowie lautstarken Forderungen, Feiertage
zum Wohle des Bruttoinlandsproduktes zu streichen.
Hilfe, die Russen kommen!
Knapp 80.000 sowjetische Soldaten ließen allein in den beiden Wochen der
Schlacht um Berlin ihr Leben. Doch seit 2022 Russland den Krieg gegen die
Ukraine entfesselte, ist das Gedenken an die Befreiung durch die Rote Armee
[3][nicht mehr so unbeschwert, wie es einmal war]. Denn in Russland wird
das Gedenken, das dort am 9. Mai begangen wird, [4][für die eigene
Kriegspropaganda instrumentalisiert], und auch hierzulande ist der Grat
zwischen Gedenken und Werbung für Putins Russland [5][bei einigen sehr
schmal].
Ein erstes Opfer dieser unseligen Vermischung war das traditionelle Fest
der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der
Antifaschist:innen (VVN-BdA) am [6][Sowjetischen Ehrenmal im Treptower
Park], wo 7.000 Sowjetsoldaten bestattet sind. Jahrelang feierten hier
Antifas und russische Migrant:innen zusammen oder zumindest
nebeneinander, tanzten zu Ska-Musik und tranken Wodka. Während sich viele,
vor allem anti-autoritäre Linke zurückgezogen haben und auch von
offizieller Seite dort keine Kränze mehr niedergelegt werden, kommt die
russische Community weiter, vor allem am 9. Mai.
Erwartet werden dann auch wieder Rocker des russischen Motorradclubs
Nachtwölfe. Sie wollen im Konvoi vom Tiergarten nach Treptow fahren, 200
Teilnehmer sind angemeldet – unter strenger Beobachtung der Polizei.
Zeigt her eure Winkelemente!
Für die Ehrenmäler in Treptow, an der Straße des 17. Juni im Tiergarten und
in Schönholz gilt für beide Tage eine polizeiliche Allgemeinverfügung, die
jegliche russische Propagandaversuche ersticken soll. Verboten sind dabei
neben russischen auch sowjetische Fahnen, dabei wurde Berlin unter dem
Symbol von Hammer und Sichel befreit, und das auch von ukrainischen
Soldat:innen. Kontrolliert werden alle Besucher:innen zudem auf
schwarz-orangefarbene St.- Georgs-Bändchen, die zur Unterstützung der
russischen Regierungspolitik verwendet werden, und auf den Buchstaben Z,
der als Propagandazeichen für den Angriffskrieg in der Ukraine fungiert.
Das Fahnenverbot wurde erstmals vor drei Jahren durchgesetzt und war nach
einer gegenteiligen Entscheidung vom Verwaltungsgericht schlussendlich vom
Oberverwaltungsgericht bestätigt worden. Inzwischen gehört das Umgehen des
Verbots etwa durch Kleidung in Farben der russischen Flagge oder das
Hineinschmuggeln von Armbändern aber zum Volkssport. Ausgenommen vom Verbot
sind Veteranen des Zweiten Weltkrieges sowie Diplomaten. Ukrainische
Flaggen sind für alle erlaubt.
Offizielles Gedenken
Die seit vergangenen Freitag laufende Gedenkwoche Berlins umfasst mehr als
100 Veranstaltungen, darunter Diskussionen, Ausstellungen oder
Stadtführungen. Das Brandenburger Tor wird speziell beleuchtetet, und auf
dem Pariser Platz erzählt eine Freiluftausstellung über das Kriegsende und
persönliche Schicksale von Überlebenden. An diesem Mittwoch gibt es eine
Gedenkstunde von Senat und Abgeordnetenhaus im Roten Rathaus. Hier wird
[7][Margot Friedländer], inzwischen 103-jährige Holocaust-Überlebende,
eine Lesung halten.
Teil des Gedenkens sind diverse Kranzniederlegungen, an denen
Vertreter:innen vom Senat, den Bezirken und den Parteien teilnehmen:
vom Urnenfriedhof Seestraße, über das Museum Karlshorst, Ort der
Kapitulation, bis zu den kleineren Sowjetischen Ehrenmalen in
Hohenschönhausen oder Buch.
Der Senat weicht nach Schönholz aus, um dem umkämpften Trubel in der
Innenstadt zu entgehen. Ohne allzu großen öffentlichen Aufschrei hat er
entschieden, keine ausländischen Gäste einzuladen, vermeiden will man dabei
vor allem ein gemeinsames Gedenken mit russischen und belarussischen
Vertreter:innen.
Gedenken selber machen
Die wohl attraktivste Veranstaltung in diesem Jahr, frei von autoritären
Putin-Fans oder auch Verschwörungsgläubigen, organisiert die [8][VVN-BdA]
am Donnerstag. Nach dezentralen Gedenkkundgebungen etwa am Museum
Karlshorst, dem Ehrenmal Buch und später am Garbátyplatz, den Gedenkstätten
in Treptow und Tiergarten sowie am Schulenburgring in Tempelhof, wo am 2.
Mai 1945 die Kapitulation Berlins unterschrieben wurde, führen
Fahrradkorsos zum Bebelplatz. Dort erwartet die Antifaschist:innen ein
Programm mit den Lebensgeschichten von Zeitzeug:innen, die aus Lagern
befreit wurden, im Widerstand kämpften oder ins Exil gingen, sowie
Konzerte.
Wer sich in den Treptower Park traut, kann dort etwa bei der exilrussischen
Gruppe „Demokrati-Ja“ vorbeischauen, die mit Ausstellungen, Bühnenprogramm
und Denkmalführungen das Gedenken mit einer Kritik an Stalinismus und
Ukrainekrieg verbindet. Weniger distanziert wird es am 9. Mai bei einem
Fest der SDAJ, Jugendorganisation der DKP. Angekündigt ist ein
„Befreiungsfest mit viel Bass“ und anschließendem Rave im Rosengarten.
7 May 2025
## LINKS
[1] /Zum-75-Jahrestag-des-Kriegsendes/!5679542
[2] /Petition-fordert-bundesweiten-Feiertag/!5852963
[3] /Gedenken-zum-9-Mai-in-Berlin/!5850611
[4] /8-und-9-Mai-Gedenken-in-Russland/!6083514
[5] /Gedenken-9-Mai/!6006282
[6] /Ueberfall-auf-die-Sowjetunion-1941/!5777467
[7] /Holocaustueberlebende-Margot-Friedlaender/!5857241
[8] https://berlin.vvn-bda.de/8-mai/
## AUTOREN
Erik Peter
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NS-Gedenken
8. Mai 1945
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