# taz.de -- Kampfgruppe Osthafen: Unbekannte Widerständler | |
> Arbeiter aus Friedrichshain verübten in den letzten Kriegstagen Anschläge | |
> auf die SS. Nun wird an sie erinnert. | |
Bild: Früher gab es am Osthafen noch Arbeiter*innen | |
Berlin taz | In der Stralauer Straße 26 in Friedrichshain erinnert ein | |
Stolperstein an den 1895 geborenen Paul Schiller, der hier einst wohnte: | |
„Im Widerstand/KPD, Kampfgruppe Osthafen, tot 23.4.1945“ steht darauf | |
geschrieben. Nun ist für seinen 80. Todestag am Mittwoch auch eine | |
Gedenkveranstaltung geplant. Damit wollen Stadtteilgruppen gemeinsam mit | |
der VVN/BdA auch an eine weitgehend unbekannte Berliner Widerstandsgruppe | |
erinnern. | |
Über die Kampfgruppe Osthafen findet man in Büchern und Ausstellungen über | |
den antifaschistischen Widerstand wenig. Bekannt ist: Sie setzte sich | |
überwiegend aus Proletarier*innen zusammen, die sich seit Jahrzehnten | |
kannten. Viele arbeiteten im Osthafen an der Stralauer Allee und lebten im | |
Südkiez von Friedrichshain rund um den Rudolfplatz. Hier konzentrierte sich | |
auch im April 1945 ein Großteil ihrer Aktivitäten. Sie entwaffneten | |
SS-Leute, verübten Anschläge gegen SS-Einrichtungen, überredeten | |
Wehrmachtsangehörige zum Desertieren und versteckten sie in einem Keller. | |
Wieder entdeckt wurde die Gruppe durch zwei Friedrichshainer | |
Stadtteilinitiativen. „Ein Anwohner überreichte uns das Buch ‚Kampftage in | |
Berlin‘ von Heinz Müller“, sagt Timo Steinke von „Wem gehört der | |
Laskerkiez“. Es ist Mitte der 1970er Jahre in der DDR erschienen und eine | |
der wenigen Quellen, die über die Kampfgruppe Osthafen berichten. Dafür | |
konnte Müller noch Zeitzeug*innen befragen, etwa Gertrud Lewke, die | |
erst Anfang der 1990er Jahre verstorben ist. | |
„Mit der Gedenkveranstaltung für Paul Schiller wollen wir an einen | |
Antifaschisten erinnern, der im April 1945 den NS-Terror schneller beenden | |
wollte“, sagt Carsten Fuchs von „Wir bleiben alle Friedrichshain“. „Zud… | |
wollen wir dafür sorgen, dass der Widerstand der Kampfgruppe Osthafen | |
endlich auch von Historiker*innen anerkannt wird.“ | |
## Mehr Forschung notwendig | |
Im Buch wird ausführlich über ein Attentat auf drei hochrangige | |
SS-Angehörige Anfang März 1945 auf der Avus berichtet, für das die | |
Kampfgruppe Osthafen verantwortlich gewesen sein soll. Die Aktion hatte | |
damals sogar in der britischen Presse Schlagzeilen gemacht. Dagegen wird in | |
der ZDF-Serie „Mord und Totschlag unterm Hakenkreuz“ der Anschlag als | |
ungeklärter Mordfall geführt. | |
Auf eine Anfrage erklärt Peter Hartl vom für die Sendung zuständigen | |
Terra-X-Team, dass ihnen das Buch und die dortige Version des Anschlags | |
nicht bekannt seien. „Gerne hätten wir mehr Belege und Quellen zu den | |
Aktionen der Gruppe, die sich aber eigentlich nur durch Archive und | |
tiefergehende Recherchen organisieren lassen“, betont Steinke die | |
Notwendigkeit, über die Kampfgruppe Osthafen weiter zu forschen. | |
22 Apr 2025 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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Friedrichshain | |
8. Mai 1945 | |
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