# taz.de -- Profisport im Senegal: „Surfen ist Erziehung“ | |
> Olympia ist international, der Zugang dazu nicht. Was zwei Surfprofis | |
> tun, damit der Nachwuchs bei den Jugendspielen 2026 in Dakar eine Chance | |
> erhält. | |
Bild: Profisurfer Cherif Fall will keine Ausnahmeerscheinung in Senegal bleiben | |
Im Schatten der zwei am Straßenrand aufgebauten weißen Zelte ist längst | |
kein Platz mehr. Mehr als hundert Kinder und Jugendliche drängeln sich auf | |
dem kleinen, sandigen Vorplatz. Während die Veranstalter, Ibra Samb und | |
Cherif Fall, noch die letzten organisatorischen Dinge klären, geht ein | |
aufgeregtes Tuscheln durch die Menge. Eine Gruppe von Helfern hat | |
angefangen, stapelweise Surfboards zu sortieren. 250 Bretter sollen im | |
Laufe der Veranstaltung an Senegals Nachwuchstalente ausgeteilt werden. | |
Mit der Gründung der Anda Surf Club Foundation möchten die beiden | |
senegalesischen Profisurfer Ibra Samb und Cherif Fall Westafrikas | |
Surfnachwuchs fördern. „Anda bedeutet auf Wolof: gemeinsam“, erklärt | |
[1][Ibra Samb]. Und genau darum geht es. Ziel der Initiative ist es, | |
afrikanischen Talenten den Zugang zur globalen Bühne zu erleichtern. Dazu | |
gehören neben dem passenden Equipment auch Trainingsmöglichkeiten und die | |
Unterstützung bei der Teilnahme an Wettbewerben. | |
Der Profisport mag zwar international sein, doch wer tatsächlich Zugang | |
dazu findet, hängt nicht zuletzt von finanziellen Möglichkeiten ab. Ein | |
Thema, das Samb und Fall nur zu gut kennen: Während sich an den Stränden | |
Dakars in den letzten Jahren eine starke lokale Surfszene entwickelt hat, | |
sind die beiden nach wie vor die einzigen international gesponserten | |
Profisurfer des Landes. Dass sich das in Zukunft ändern könnte, ist nicht | |
ausgeschlossen. Bei den [2][Olympischen Jugendspielen] 2026 in Dakar wird | |
Surfen eine der 36 Sportarten sein. Die senegalesische Hauptstadt rückt | |
damit als Sportdestination zunehmend in den Vordergrund, und mit ihr die | |
Hoffnung, dass mehr afrikanische Talente Sichtbarkeit und Zugang zu | |
internationalem Wettkampfniveau erhalten. | |
„Wir haben viele Talente, aber sehr wenig Sichtbarkeit“, sagt Gora Ndiaye. | |
„Alle, die heute hier sind, surfen, seit sie klein sind. Aber vielen fehlt | |
es an Ausrüstung wie einem Brett, denn so was kostet viel Geld“, erzählt | |
der 31-Jährige. Als Surf- und Schwimmlehrer gibt er mit seiner neu | |
gegründeten Schule Kaay Surf seine Liebe zum Sport heute an Jüngere weiter. | |
Neben individuellen Talenten unterstützt der Anda Surf Club auch lokale | |
Schulen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Kinder an den Sport | |
heranzuführen. Darüber hinaus werden diese bei der schulischen und | |
beruflichen Bildung unterstützt. | |
## „Surfen ist wie eine Erziehung“ | |
„Surfen ist zur Kultur geworden“, sagt Mitgründer Ibra Samb. Die Sonne | |
knallt vom Himmel, der Strom ist gerade kurzzeitig ausgefallen. So muss die | |
Boardverteilung zwangsweise pausieren, bis das Mikrofon mit einem Knacken | |
und Rauschen wieder am Netz angeschlossen ist. Die Müdigkeit des Tages, die | |
ihm zuvor ins Gesicht geschrieben stand, aber ist verschwunden, als er über | |
seine Beweggründe spricht: „Der Sport hilft den Kindern dabei, ihren Weg zu | |
gehen. Surfen ist wie eine Erziehung. Deshalb ist es so wichtig.“ | |
Das Meistern der Wellen, erfordert Disziplin, Geduld und Respekt – vor dem | |
Meer und voreinander. Das Surfen bietet vielen Senegalesen zudem eine | |
Einkommensmöglichkeit und Perspektiven, weiß auch Samb. Angesichts des | |
Durchschnittsalters von 19 Jahren und [3][einer hohen Arbeitslosenrate im | |
Senegal] ist das von Bedeutung. Viele der jungen Erwachsenen in der | |
versammelten Gruppe verdienen heute ihr Geld als Surflehrer, reparieren | |
Ausrüstung oder organisieren Ausflüge entlang der Küste für Touristen. | |
Kleine Geschäftsmodelle, die nicht nur Einkommen schaffen, sondern auch | |
lokale Wertschöpfung stärken. Auch in der Tourismusbranche wächst das | |
Interesse an Senegal als Surfdestination. Vor allem Dakar bietet das ganze | |
Jahr über günstige Bedingungen. Auf einer Halbinsel gelegen können bei fast | |
jeder Wind- und Strömungsrichtung an den diversen Stränden Wellen geritten | |
werden. Samb und Fall sehen hier großes Potenzial: für nachhaltige Jobs, | |
lokale Initiativen und eine Szene, die sich aus eigener Kraft | |
professionalisiert. | |
Der Tag ist der Auftakt für das, was man eine Herzensangelegenheit nennt. | |
Ganz ohne großen Pomp, dafür mit dem klaren Ziel, die steilen Stufen der | |
Karriereleiter zugänglicher zu machen. Erwachsen aus der eigenen Biografie, | |
denn die ersten eigenen Surfversuche fanden auf zurechtgesägtem Holz von | |
Fischerbooten und kaputten Boards abgereister Touristen statt. | |
## Spende aus Australien | |
Geht es nach Cherif Fall und Ibra Samb, sollen künftig auch junge Surfer in | |
anderen Ländern entlang der westafrikanischen Küste, wie Sierra Leone oder | |
Liberia, vom Zugang zu Brettern und anderem Equipment profitieren. Dort, wo | |
Talente reichlich vorhanden, aber gute Bretter Mangelware sind. Für die | |
Umsetzung suchen die beiden noch nach Partnern, die bei der Logistik | |
unterstützen können. | |
Die erste Hürde aber ist geschafft: Die Boards und Neoprenanzüge sind eine | |
Spende aus Australien. Ein privater Kontakt, die Idee, etwas zu bewegen, | |
und eine Surf-Community in Australien, die fleißig ihre Keller und | |
Abstellkammern ausräumte. „Es ist erstaunlich, was dabei alles | |
zusammengekommen ist“, sagt Ally Johnson. Gemeinsam mit Ehefrau Nina und | |
seinem neunjährigen Sohn Miles hat er die Sammlung der Boards organisiert | |
und den Transport mitkoordiniert. | |
Neben den Brettern konnten auch 250 Neoprenanzüge, 180 Leashes and 297 | |
Finnen-Sets eingesammelt werden. Material, das allein in den beiden | |
Küstenstädten Dunsborough und Yallingup zusammengetragen werden konnte. | |
„Wir haben auch etliche professionelle Boards im Gepäck“, sagt er und zeigt | |
auf ein Brett der Marke Quicksilver, das Teil der verschiedenen Stapel ist. | |
„Das Board dort drüben ist zum Beispiel von Jake Paterson, der damit in den | |
späten 90ern die Pipeline Masters gewonnen hat“, berichtet er, als die | |
Lautsprecher wieder ihr Rauschen aufnehmen. | |
Die Boardverteilung findet so langsam ihren Abschluss und der Pulk bewegt | |
sich die Straße hinunter zum nächstgelegenen Surfspot. Ein kleiner | |
Spaßwettbewerb soll den Tag abrunden. Die neuen Bretter können direkt | |
ausprobiert werden. Die Wellen sind an diesem Tag klein. Leichtes Spiel für | |
die Nachwuchstalente, doch es braucht nicht viel, um das Meer zur Bühne | |
werden zu lassen. Für die Gewinner gibt es T-Shirts mit dem Logo des Anda | |
Surf Clubs. Es ist der Auftakt für mehr. | |
25 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/ibra_sambe/ | |
[2] /Olympische-Jugendspiele-in-Suedkorea/!5985675 | |
[3] /Migration-aus-Senegal/!6067014 | |
## AUTOREN | |
Helena Kreiensiek | |
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