| # taz.de -- Frida Orupabos Fotocollagen in Hannover: Figuren von wütender Unor… | |
| > Frida Orupabos Bildcollagen sind eine Art dekolonialer Dada. Dafür | |
| > erhielt die Künstlerin den Spectrum-Fotopreis samt Ausstellung im | |
| > Sprengel Museum. | |
| Bild: „Sandwoman“ von Frida Orupabo | |
| Ein grüner Vorhang, dahinter hängt eine wandhohe Fotografie in | |
| Schwarz-Weiß. Halb verdeckt zeigt sie das Gesicht einer Schwarzen Frau, der | |
| Mund ist geschlossen, der Blick ist stumm. Das Grün der Vorhänge ist das | |
| Grün von Nachtsichtgeräten, es zeigt auch bei Dunkelheit die Umrisse von | |
| Körpern an, eignet sich gut zur Verfolgung von Menschen. „Grandma’s House�… | |
| so heißt diese seltsame Installation, ist das Hauptmotiv der aktuellen | |
| Ausstellung von Frida Orupabo im Sprengel Museum in Hannover. | |
| Die Ausstellung eröffnete am letzten Freitag anlässlich der Verleihung des | |
| Spectrum-Preises für Fotografie 2025 an die norwegisch-nigerianische | |
| Künstlerin. Im Gegensatz zu den vorangegangenen, recht prominenten | |
| Träger*innen des seit 1994 vergebenen Preises – darunter Sophie Calle, | |
| [1][Rineke Dijkstra] oder Zanele Muholi –, fotografiert Frida Orupabo nicht | |
| selbst. Vielmehr findet sie die Fotografien und Filmstills im Netz, häufig | |
| aus historischen, kolonialen Bildarchiven, die nunmehr zunehmend online | |
| zugänglich sind. Orupabo montiert die Fundstücke zu Collagen, Videos oder | |
| eben solchen Rauminstallationen wie „Grandma’s House“. Das Ergebnis sind | |
| dadaistisch absurd wirkende Figuren, deren visuelle Fragmente zugleich von | |
| rassistischer oder sexualisierter Gewalt sprechen können. Wie es etwa bei | |
| ihrer Collage mit dem unschuldigen Titel „Spagaten“ (2022) passiert. Darauf | |
| sieht man eine Frau mit weit geöffneten Beinen, der Oberkörper ist in einem | |
| Zwangskorsett gefangen, die Brüste sind zwei mit Kirschen garnierte | |
| Törtchen, die Gliedmaßen sind mit Spreizklammern zu puppenhaften Objekten | |
| montiert, das Gesicht ist ernst. | |
| Das Sprengel Museum zeigt jetzt 32 Arbeiten – Videos, Installationen, | |
| Fotocollagen – von Orupabo, die seit 2018 entstanden sind. Erst 2017 hatte | |
| Frida Orupabo ihre erste Ausstellung, gemeinsam mit dem bekannten | |
| US-Filmemacher und Videokünstler Arthur Jafa. Der hatte ihre digitalen | |
| Collagen auf ihrem Instagram-Feed entdeckt und sie gleich an seiner Schau | |
| in der Londoner Serpentine Gallery beteiligt. Seither stellt sie weltweit | |
| aus, etwa auf den [2][Kunstbiennalen in Venedig] und Saō Paulo. | |
| ## Ihrer dunklen Hautfarbe wegen infrage gestellt | |
| Die 1986 in Sarpsborg geborene Frida Orupabo, die Soziologie studiert hatte | |
| und in Norwegen länger beruflich mit Opfern von Zwangsprostitution | |
| arbeitete, wuchs mit ihrer Schwester in einer, wie sie sagt, „weißen | |
| Gesellschaft“ auf. Aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe soll sie als Norwegerin | |
| immerzu infrage gestellt worden sein. Auch deswegen sei sie hungrig gewesen | |
| nach Bildern, die ihre alltägliche Realität spiegeln konnten. Unter dem | |
| Namen @nemiepeba beginnt sie 2013 einen Instagram-Feed mit ihren digitalen | |
| Collagen. | |
| In Orupabos Ausstellung findet man viele Verweise auf die kämpferische, | |
| feministische Literatur von den US-Schriftstellerinnen [3][bell hooks], | |
| [4][Audre Lorde] oder Adrienne Rich, aber auch Gedichte des Jazzmusikers | |
| und [5][Afrofuturisten Sun Ra]. Über die Aggression und Gewalt in ihren | |
| Arbeiten sagte sie in einem Interview mit Arthur Jafa: „Ich hatte sehr | |
| lange das Gefühl, nicht sprechen zu können. Das Einzige, was ich hatte, | |
| waren meine Augen und meine Wut. Wut ist eine Form des Widerstands. Sie | |
| sendet eine Botschaft an den ganzen Körper, dass etwas nicht stimmt, […] | |
| nicht in Ordnung ist, selbst wenn man schweigt wie eine Auster.“ | |
| 6 Apr 2025 | |
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