# taz.de -- Präsidentschaftswahlen in Kamerun: Biya stellt politische Gegner k… | |
> In sechs Monaten will sich Kameruns Präsident Biya nach über 40 Jahren im | |
> Amt wiederwählen lassen. Alle ernsthaften Kontrahenten sind bereits | |
> gesperrt. | |
Bild: Kameruns Präsident am 4. September 2024 beim Eintreffen zum China-Afri… | |
Yaounde taz | Präsidentschaftswahlen in Kamerun gleichen einem Ritual, | |
dessen Ausgang stets gleich ist: [1][Paul Biya] bleibt. Am Thron des | |
mittlerweile 92-Jährigen, der seit 1982 regiert, konnte bislang niemand | |
ernsthaft rütteln. Und wer es doch tat, wurde schnell politisch | |
kaltgestellt. Mit den nächsten Wahlen im Oktober 2025 stellt sich das Land | |
nun erneut die Frage, „wann der Alte wohl geht“, formuliert es ein | |
kamerunischer Geschäftsmann im Gespräch salopp. | |
Alles deutet darauf hin, dass Biya im Oktober zum mittlerweile achten Mal | |
zur Wiederwahl kandidieren wird. Von Rückzug oder Amtsmüdigkeit keine Spur, | |
doch wäre diese wohl schwierig festzustellen. Denn in der Öffentlichkeit | |
zeigt sich der 92-Jährige seit Jahren nur noch selten und wenn, dann meist | |
steif choreografiert. | |
Als vor einem halben wochenlang kein Lebenszeichen von ihm kam, brodelte | |
bereits die Gerüchteküche: Paul Biya sei tot, hieß es auf den Straßen und | |
in den sozialen Medien. Die Regierung dementierte, bescheinigte dem | |
Präsidenten eine „exzellente Gesundheit“ und verbot sämtliche Spekulation… | |
zu seinem Gesundheitszustand. Kurz darauf traf Biya medienwirksam am | |
Flughafen von Kameruns Hauptstadt Yaoundé ein. Es ist nicht das erste Mal, | |
dass Paul Biya den Spekulationen zu seinem Tod eine Absage erteilt. | |
Doch angesichts seiner immer offensichtlicher werdenden gesundheitlichen | |
Beschwerden wird zunehmend gefragt, wer im Präsidentenpalast Etoudi | |
tatsächlich die Strippen zieht. Längst nimmt auch die offene Kritik an | |
Biyas Regierungsführung zu, die als immer autoritärer und realitätsferner | |
wahrgenommen wird. Insbesondere die schwache wirtschaftliche Situation und | |
die Gewalt in den anglofonen Regionen werden dem alternden Präsidenten | |
zunehmend übel genommen. | |
## Katholische Bischofskonferenz fordert freie Wahlen | |
Im März meldete sich die [2][katholische Bischofskonferenz] (CENC) mit | |
scharfer Kritik zu Wort und forderte in einem Hirtenbrief freie und | |
transparente Wahlen. Sie prangerte antidemokratische Praktiken an und | |
skizzierte das Bild ihres idealen Präsidentschaftskandidaten: integer, | |
bescheiden, demütig, mit moralischer Führungsstärke; einer, der das Land | |
kennt, in der Lage ist, es zu bereisen, zuhört und sich nicht selbst | |
bereichert. Insgesamt zehn Kriterien nannten die Bischöfe, die jeder | |
erfüllen müsse, der Kamerun führen wolle. | |
Zehn Kriterien, die wohl auch deutlich machen, was viele Kameruner | |
vermissen. So mahnten die Bischöfe auch Rechtsverstöße durch die | |
Wahlbehörde Elecam und den Verfassungsrat an, wie zum Beispiel die | |
Verspätung bei der Veröffentlichung der Wählerlisten. | |
Als problematisch wird die Ernennung von Monique Ouli Ndango in den | |
Verfassungsrat gesehen. Die ehemalige Senatorin der Regierungspartei RDPC | |
wurde am 8. April per Präsidialdekret zum Mitglied des Rats,der unter | |
anderem die Ordnungsmäßigkeit der Präsidentschaftswahlen überwacht und die | |
Ergebnisse verkündet. „Die Ernennung einer politisch den Machthabern | |
nahestehenden Person für eine so wichtige Funktion wirft ernste Fragen über | |
die Neutralität des Rates auf“, kritisiert der Menschenrechtsanwalt Agbor | |
Balla. Angesichts der anstehenden Wahlen brauche es Institutionen, die frei | |
von politischer Einflussnahme seien. | |
## Biyas engmaschiges Unterstützersystem | |
Es ist ein Manöver, das bezeichnend für Biya ist. Der Präsident hat sich | |
über die Jahrzehnte ein engmaschiges Unterstützersystem geschaffen und | |
Schlüsselpositionen in Justiz, Wahlbehörden und Sicherheitsapparat | |
systematisch mit loyalen Vertrauten besetzt. Vergangene Wahlen waren immer | |
wieder von Vorwürfen der Wahlmanipulation überschattet. Zu den | |
Oppositionskandidaten, die dennoch bereits Absichten erklärt haben, sich | |
für die Wahl im Oktober aufstellen zu lassen, gehören unter anderem Maurice | |
Kamto (MRC), Cabral Libii (PCRN), Akere Muna (Univers) und Joshua Osih | |
(SDF). Doch müssen diese noch von der Wahlbehörde Elecam und dem | |
Verfassungsrat validiert werden. | |
Für Kamto könnte die Kandidatur schwierig werden. Der Oppositionspolitiker | |
hatte bei den letzten [3][Präsidentschaftswahlen 2018] mit 14,2 Prozent den | |
zweiten Platz belegt. Nach kamerunischem Wahlrecht darf eine Partei | |
allerdings nur dann einen Präsidentschaftskandidaten aufstellen, wenn sie | |
im Parlament oder in einem Gemeinderat vertreten ist. Die dafür | |
entscheidenden Parlaments- und Kommunalwahlen, die eigentlich dieses Jahr | |
hätten stattfinden sollen, wurden aber kurzfristig auf 2026 verschoben – | |
der Kalender sei mit den Präsidentschaftswahlen bereits zu voll und mehrere | |
Wahlen in einem Jahr seien zu teuer, lautete die Begründung. | |
Für Kamto hat das direkte Folgen: Er hatte mit seiner Partei die letzten | |
Parlaments- und Kommunalwahlen 2020 boykottiert, so wie viele andere | |
Oppositionsparteien auch. Die Parlamentswahlverschiebung könnte nun ihm und | |
allen Kandidaten, deren Parteien die Wahlen 2020 boykottierten, zum | |
Verhängnis werden. Ein Zufall, der Biyas Handschrift trägt. | |
24 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Helena Kreiensiek | |
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