# taz.de -- Schmerzlich schlecht: Hamburger BSW schottet sich weiter ab | |
> Trotz der Klatsche Hamburg-Wahl hält der Vorstand des BSW an der Macht | |
> fest, kritisiert der Ex-Vorsitzende Jochen Brack. Kurswechsel? Nicht in | |
> Sicht. | |
Bild: Jochen Brack: Trat nach der Wahlniederlage des BSW in Hamburg zurück, da… | |
Hamburg taz | Schmerzlich schlecht mit 1,8 Prozent schnitt das Bündnis | |
Sahra Wagenknecht (BSW) bei den Hamburg-Wahlen ab. Der ehemalige | |
Spitzenkandidat und Vorsitzende [1][Jochen Brack trat sofort zurück] und | |
übernahm Verantwortung. In einer Erklärung, die der taz vorliegt, bringt er | |
nun sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass der übrige Vorstand | |
einschließlich des Co-Vorsitzenden Konstantin von Eulenburg nicht | |
zurücktreten, sondern weitermachen möchte. „Das BSW-Hamburg braucht einen | |
Neuanfang, wenn es überleben will“, sagt er zur taz. | |
Nächste Gelegenheit für einen solchen Neuanfang wäre der Landesparteitag, | |
zu dem der Vorstand für den 12. April ins Kulturhaus Eidelstedt eingeladen | |
hat. Nach den herausfordernden Monaten mit den Querelen um die Gründung | |
eines Hamburger Landesverbandes und den Hamburg-Wahlen ginge es nun darum, | |
„zusammenzufinden und einen starken Landesverband aufzubauen“, heißt es in | |
der Einladung des Vorstands. Außerdem wolle man nach Bracks Rücktritt einen | |
neuen Co-Vorsitzenden wählen. Der Fotograf von Eulenburg und der Psychiater | |
Brack hatten eine Doppelspitze gebildet. | |
Für Unruhe sorgte die Einladung auch unter den sogenannten Unterstützern | |
des BSW. Jenen Leuten also, die teils schon Monate auf die offizielle | |
Aufnahme in die Partei warten. Denn zum Landesparteitag wurden nur | |
offizielle Mitglieder eingeladen, die dann auch noch ihren Personalausweis | |
mitbringen sollen. | |
## Unterstützer müssen draußen bleiben | |
Die Unterstützer hätten nun den Antrag gestellt, als Gäste dabei sein und | |
dort auch reden zu dürfen, berichtet einer von ihnen. „Dieser Vorstand ist | |
seinen Namen nicht wert“, sagt der Mann am Telefon, der nicht mit Namen | |
zitiert werden möchte, um die Chance auf eine BSW-Mitgliedschaft nicht zu | |
gefährden. Nach seiner Einschätzung gibt es in Hamburg zwar nicht 1.000 | |
Unterstützer, wie mal kolportiert wurde, aber rund 200 schon. Er wirft den | |
Verantwortlichen in dem jetzt noch sechsköpfigen Vorstand vor, keinen | |
Wahlkampf für Jochen Brack gemacht zu haben. Es habe nicht mal ein Plakat | |
des Kandidaten gegeben. „Es ist erstaunlich, dass nach diesem Wahldesaster | |
nicht der ganze Vorstand zurücktritt.“ | |
Jochen Brack sagt, er strebe in der Partei kein Amt mehr an, fordere aber | |
„Transparenz und Offenheit“. Der Landesparteitag müsse öffentlich sein. | |
Auch fehle auf der Tagesordnung ein Rechenschafts- und ein Finanzbericht | |
zur Hamburg-Wahl. „Das ist ungewöhnlich nach so verheerenden | |
Wahlniederlagen.“ | |
Wie im [2][Hamburger Abenblatt] zu lesen war, bekam der Landesverband | |
20.000 Euro von der BSW-Bundespartei für den Hamburg-Wahlkampf. Darüber, | |
wie das Geld ausgegeben wurde, verlangen auch die BSW-Unterstützer | |
Rechenschaft. Derzeit hat das BSW in Hamburg weniger als 30 offizielle | |
Mitglieder. Doch es gilt als denkbar, dass auch unter diesen eine Mehrheit | |
einen ganz neuen Vorstand will. | |
## Harscher migrationspolitischer Kurs kam erst später | |
Ex-Spitzenkandidat Jochen Brack wünscht auch eine offene Debatte über | |
Inhalte. Den m[3][igrationspolitischen Kurs] seiner Partei habe er falsch | |
gefunden. „Migration ist [4][nicht die Ursache] für unsere Probleme“, sagt | |
er zur taz. „Man darf die Einwanderer nicht zu Sündenböcken machen. Als | |
Psychiater tut es mir besonders weh, wenn nach Vorfällen wie in | |
Aschaffenburg psychisch Kranke benutzt werden, um Gründe für mehr | |
Abschiebungen zu finden.“ Bei seiner Aufnahme in das BSW sei ihm ein | |
Gründungs-Parteiprogramm gezeigt worden, in dem so ein harscher Kurs noch | |
nicht enthalten gewesen wäre. | |
Seiner Meinung nach werde das BSW inhaltlich als Partei für Frieden, | |
Abrüstung und Entspannungspolitik weiter benötigt. Man brauche „Aufbruch | |
statt Seilschaften“, es müsse „Schluss sein, mit dem aus dem Weg Räumen v… | |
politischen Widersachern, die der eigenen Karriere im Weg stehen“, schreibt | |
Brack in seinem Papier. „Ich habe nicht gewusst, in was für eine | |
‚Schlangengrube‘ ich mich da eingelassen habe.“ | |
## Kurioser Vorgang vor der Bundestagswahl | |
Er bezieht sich dabei auf einen kuriosen Vorgang kurz vor der | |
Bundestagswahl. Am 10. Januar ließ das BSW per Pressemitteilung verkünden, | |
dass die BSW-Bundestagsabgeordnete [5][Zaklin Nastic sich zurückzieh]e und | |
statt ihrer Konstantin Eulenburg in Hamburg für die BSW-Bundestagsliste als | |
Spitzenkandidat antritt. Das war, wie sich tags drauf rausstellte, nicht | |
mit Nastic abgestimmt. | |
Eulenburg erklärte dies damals gegenüber der Presse [6][mit einem | |
„Missverständnis“]. In einer internen Erklärung von Mitte Januar, auf die | |
Brack sich bezieht, soll Eulenberg erklärt haben, er übernehme für den | |
Vorgang die Verantwortung, auch wenn es nicht seine Schuld gewesen sei. Es | |
sei versäumt worden, den finalen Entwurf dieser Pressemitteilung Zaklin | |
Nastic zur Freigabe zu schicken. Sodann soll Eulenburg angekündigt haben, | |
er werde keine weiteren Leitungsaufgaben übernehmen. Doch sein Amt im | |
Landesvorsitz will er behalten. | |
Das hat Brack offenbar anders erwartet. „Ich frage mich“, schreibt er, „ob | |
den zahlreichen Unterstützern nur eingeredet wird, dass der | |
[7][BSW-Bundesverband maßgeblich über die Mitgliederaufnahme] entscheidet | |
oder ob nicht im Kern diese Entscheidung hier in Hamburg von einigen | |
wenigen Vorstandmitgliedern getroffen wird, um Mehrheiten zu sichern.“ Das | |
Kritikerlager hegt nun zudem Misstrauen, dass schnell vor dem Parteitag | |
noch genehme Mitglieder aufgenommen werden, um die Mehrheit zu sichern. Als | |
neueste Entwicklung steht gar im Raum, dass der Parteitag verschoben wird. | |
## Landesparteitag wird vielleicht verschoben | |
Konstantin von Eulenburg bittet die taz um schriftliche Fragen – gefragt, | |
ob der Parteitag verschoben werde, antwortet er: „Tatsächlich ist die | |
Verschiebung des Parteitags eine Option.“ Infrage komme nun auch der 10. | |
Mai. Zudem werde der Parteitag „voraussichtlich“ öffentlich sein. Über | |
beide Fragen werde der Vorstand am Montag entscheiden. | |
Nach der Verwendung jener Wahlkampfhilfe vom BSW-Bundesverband und dem | |
Rechenschaftsbericht gefragt, erklärt Eulenburg, diese Mittel dienten | |
„insbesondere zur Finanzierung der drei Parteitage sowie von | |
Wahlkampfmaterial“. Und ein Rechenschaftsbericht werde für das gesamte | |
Kalenderjahr erstellt und Anfang 2026 veröffentlicht. Das sei auch so | |
üblich. Zur Frage der Rücktrittsforderung an den Vorstand antwortet er, | |
dieser sei ja gerade erst vor weniger als 100 Tagen gewählt. „Die Amtszeit | |
beträgt zwei Jahre.“ | |
Es gibt allerdings, so hört man, Kräfte, die wollen den Parteitag auf jeden | |
Fall am 12. April durchführen. [8][Man wird es sehen]. | |
6 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Naechstes-Zerwuerfnis-beim-Hamburger-BSW/!6070458 | |
[2] https://www.abendblatt.de/hamburg/politik/article408651121/bsw-hamburg-rest… | |
[3] /Wagenknecht-und-Migration/!6063423 | |
[4] /Nach-Taten-in-Muenchen-und-Aschaffenburg/!6070749 | |
[5] https://hamburg.t-online.de/region/hamburg/id_100571024/bsw-hamburger-spitz… | |
[6] /Verwirrung-bei-Kandidatenkuer-in-Hamburg/!6061144 | |
[7] /BSW-und-Parteienrecht/!6061557 | |
[8] /Partei-Querelen-in-Hamburg/!6054318 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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