# taz.de -- Villen-Besitzer:innen gegen Geflüchtete: Reiche mit besonderen Rec… | |
> Hamburg wollte eine Unterkunft in einem Villenviertel errichten. Doch | |
> dank einer Klausel konnten reiche Anwohner:innen einfach dagegen | |
> stimmen. | |
Bild: Idyllische Gegend: Im Hamburger Hochkamp verhindern Anwohner:innen eine G… | |
Hamburg taz | Die meisten Auffahrten sind recht lang im Hamburger | |
Villenviertel Hochkamp. In alle Richtungen erstrecken sich die großen | |
Gärten mit ihren vielen alten Bäumen und den weiß strahlenden oder rot | |
verklinkerten Gebäuden. Teils meterhoch wachsen die Hecken um die gerade | |
einmal rund 320 Grundstücke. | |
Viel verändert hat sich [1][hier in dem Nobelort,] in dem einst | |
Versandhaus-Gründer, Werft-Besitzer und Hamburger Bürgermeister wohnten, im | |
Lauf der Jahrzehnte nichts. | |
Und wird sich auch in Zukunft nicht, auch wenn es in Hamburg gerade mal | |
wieder eine ziemlich große Not an Unterkünften für Geflüchtete gibt: Die | |
Bewohner:innen im Westen Hamburgs haben am Mittwoch, dank einer mehr | |
als ein Jahrhundert alten Klausel in den Bauvorschriften, erfolgreich ihr | |
Veto gegen den Bau einer Geflüchtetenunterkunft eingelegt. | |
Die wollte die Stadt dort gern an einer S-Bahn-Haltestelle errichten, doch | |
ist sie gegen die in einem Verein organisierten Anwohner:innen | |
machtlos. „Eine Entwicklung des Standorts wäre nur bei Zustimmung des | |
Vereins möglich gewesen“, sagt Wolfgang Arnhold, Sprecher der zuständigen | |
Sozialbehörde. | |
## Hamburg braucht dringend Unterkünfte | |
Die Hamburger Sozialbehörde wollte an der zentral gelegenen S-Bahn-Station | |
eine kleinere Geflüchtetenunterkunft errichten. Dafür sollte der schmale | |
Parkplatz an der Haltestelle genutzt werden, wie zuerst das Hamburger | |
Abendblatt berichtete. Nötig ist das, weil es in Hamburg nach wie vor nicht | |
genügend Unterkünfte für Geflüchtete gibt. | |
[2][Die Auslastungszahlen] pendeln nahezu durchgehend bei knapp unter 100 | |
Prozent; erst im Dezember eröffnete die Stadt wieder eine temporäre | |
Notunterkunft in den Messehallen für mehrere Hundert Menschen. | |
„Es gilt weiterhin, dass Kapazitäten entwickelt werden müssen, um allen | |
Menschen mit einem Unterbringungsbedarf einen Platz zuweisen zu können“, | |
fasste die städtische Stabsstelle Flüchtlinge erst im Februar wieder in | |
eine Analyse zusammen. | |
Die Bewohner:innen des Hochkamps wollen dabei jedoch nicht helfen. Ihre | |
Zustimmung wäre aber nötig gewesen, denn für das Viertel gibt es eine | |
Besonderheit in der Bauvorschrift: Laut den sogenannten Hochkamper | |
Bedingungen dürfen „in der Villenkolonie Hochkamp nur Einfamilienhäuser im | |
Villenstil erbaut werden, in welchen keinerlei gewerblicher Betrieb geführt | |
werden darf“. | |
Und dass das seit mehr als einem Jahrhundert eingehalten wird, darüber | |
wacht der Verein Hochkamp, der nur den Bewohner:innen des Viertels | |
offensteht. Ohne die Zustimmung des Vereins geht nichts – auch nicht die | |
Errichtung einer Geflüchtetenunterkunft auf dem städtischem Grund eines | |
Parkplatzes. | |
## Sozialbehörde bittet vergeblich | |
Am Mittwoch suchte noch Staatsrätin Petra Lozkat das Gespräch mit dem | |
Verein, um in diesem Fall auf die Beschränkung zum Schutz der | |
Villensiedlung zu verzichten. „Die Gesprächsatmosphäre war dabei ruhig und | |
es fand eine sachliche Diskussion der Überlegungen mit den Mitgliedern des | |
Vereins statt“, erklärte Behördensprecher Wolfgang Arnhold am Donnerstag. | |
Überzeugen lassen wollten sich die Vereinsmitglieder aber nicht. „Im | |
Anschluss hieran kam es zur Abstimmung, bei der sich keine Mehrheit für die | |
Schaffung eines Standortes finden konnte“, sagt Arnhold. Dagegen sei nichts | |
zu machen, die Rechtslage nun mal eindeutig. | |
Vorstandsmitglieder des Vereins, der 1918 von den damaligen | |
Bewohner:innen gegründet wurde, waren am Donnerstag für eine | |
Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. | |
Es ist nicht das erste Mal, dass die Stadt in den reichen Elbvororten | |
Probleme hat, Geflüchtete unterzubringen. Auf Widerstand – allerdings auch | |
Unterstützung – traf die Sozialbehörde im vergangenen Jahr bei einem ganz | |
ähnlichen Vorhaben: Auch an der [3][S-Bahn-Station Klein Flottbek, nur eine | |
Station vom Hochkamp entfernt, erarbeitete die Stadt Pläne für eine | |
temporäre Geflüchtetenunterkunft für rund 140 Menschen.] | |
Mit Unterstützung der örtlichen FDP versuchten einige Anwohner:innen | |
mit allerlei Argumenten, das zu verhindern: Discounter seien ja kaum | |
fußläufig erreichbar, gute Integration nicht möglich. Hier war dies | |
allerdings nicht einhellige Meinung – und eine [4][Klausel in der | |
Bauordnung], wie im Hochkamp, gibt es in Klein Flottbek nicht. Die | |
Unterkunft in Modulbauweise wird gerade gebaut. | |
3 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Bezirkswahlen-in-Hamburg/!6011120 | |
[2] /Zu-wenig-Plaetze-in-Unterkuenften/!5997840 | |
[3] /Gefluechtete-ins-Hamburger-Nobelviertel/!6004861 | |
[4] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/bezirke/altona/themen/umwelt-… | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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