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# taz.de -- Trinkgeld bei Kartenzahlung: Ein guter Tip? Kühlen Kopf bewahren!
> Wie lassen sich Trinkgeld und Kreditkartenzahlung am besten vereinbaren?
> Die Gastro hätte da ein paar Vorschläge. Doch die gefallen nicht allen.
Bild: Studien zeigen, dass wir bei Kartenzahlungen im Durchschnitt weniger Trin…
Preisfrage: 8, 10 oder 15 Prozent? Nein, es handelt sich nicht um ein
Tippspiel für das SPD-Zweitstimmenergebnis bei der Bundestagswahl 2029.
Eine Variation der Frage lautet: 10, 15 oder 20 Prozent? Und spätestens da
fängt für viele der Ärger an.
Die kryptischen Zahlen sind Trinkgeldvorschläge, man bekommt sie seit
einigen Jahren in Restaurants und Cafés auf dem EC-Karten-Terminal
angezeigt. Tendenz steigend. Und das gilt auch für die Berichterstattung
darüber, die meist einen negativen Unterton hat. „Aufdringlich oder
praktisch?“, [1][fragt der BR]. „Der neue Trinkgeld-Druck“, [2][titelt das
Boulevardblatt B.Z.]. „Psychotricks an der Kasse: Wie mich ein
Kartenlesegerät zum Trinkgeld zwang“, [3][holt das Gastro-Magazin Falstaff
aus].
Die Vorwürfe: Die vorgegebenen Optionen setzen uns unter Druck. Wir zahlen,
wo wir es vielleicht gar nicht wollten, oder zahlen mehr als geplant, weil
wir bei drei Zahlen gern die zweitgrößte wählen. Tatsächlich kennen
Psycholog:innen unsere „Tendenz zur Mitte“, die [4][auch Supermärkte
bei der Preisgestaltung] gern ausnutzen. Das übergeordnete Phänomen
[5][nennt sich „nudging“], also „anstupsen“; Menschen werden mit
Hilfestellungen und Anreizen, aber ohne Druck, zu Handlungen gebracht.
Durchaus valide Argumente. Aber! Ich verstehe ja, dass man mit den
Vorschlägen vor der Nase einen gewissen Druck spürt. Gleichzeitig erwarte
ich von erwachsenen Menschen eben auch, diesem Druck standzuhalten, und,
wenn sie nichts oder weniger geben wollen, auf die Optionen „kein
Trinkgeld“ oder „eigene Eingabe“ zu drücken. (Dass diese im Screen-Design
nicht unbedingt gleichberechtigt groß dargestellt werden, finde ich
allerdings einen guten Kritikpunkt.)
Und erinnern wir uns mal an die Zeit davor. Da musste man das Trinkgeld bei
der Kartenzahlung ansagen, was leicht mal unterging („Ah, jetzt ist es
schon zu spät? … na gut“). Oder es war technisch gar nicht erst möglich.
Wer dann kein passendes Bargeld dabei hatte, gab nur ein entschuldigendes
Lächeln, selbst wenn Essen und Service stimmten. Schade – [6][fürs
Personal]. Denn dem Wirtschaftswissenschaftler Sascha Hoffmann zufolge
zeigen Studien tatsächlich, dass wir bei Kartenzahlungen insgesamt weniger
Trinkgeld geben als bar. Und der [7][Kartenzahlungsanteil steigt].
Im Übrigen kann der Vorschlagmodus den Stress beim Trinkgeldvorgang sogar
senken. Wer nicht gut oder gern kopfrechnet, kann jetzt viel einfacher 10
Prozent geben. Das hilft auch in Fällen, wo man im 10-Prozent-Korridor
bleiben will, es sich aber auf keine sinnvolle Summe aufrunden lässt. Mit
Karte kann der Endbetrag schließlich auch krumm sein. Ein guter Tip, oder?
11 Apr 2025
## LINKS
[1] https://www.br.de/nachrichten/bayern/kartenleser-fordert-trinkgeld-aufdring…
[2] https://www.bz-berlin.de/meinung/kolumne/kein-larifari/trinkgeld-druck
[3] https://www.falstaff.com/de/news/psychotricks-an-der-kasse-wie-mich-ein-kar…
[4] /Einkaufen-im-Supermarkt/!6054947
[5] /Nudging-anstatt-Bildung-und-Aufklaerung/!5326067
[6] /Fachkraeftemangel-in-der-Gastronomie/!5885785
[7] /Cash-oder-Karte/!5995953
## AUTOREN
Michael Brake
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