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# taz.de -- Mit Männern wandern gehen: Bromance am Gipfelkreuz
> Auch wenn unsere Kolumnistin den Ausblick von einer Bergspitze genießen
> kann – eines hat sie gelernt: Nie mehr mit Männern wandern.
Bild: Männer und Berge – eine unzertrennliche Einheit?
Eines muss ich zugeben: Wenn ich einmal oben angekommen bin, liebe auch ich
es. Den Ausblick, das gute Essen und wie sich das Gefühl in mir ausbreitet,
etwas bezwungen zu haben. Abgesehen davon habe ich schon viele Stunden
damit verbracht, schimpfend hinter einem Mann her zu klettern, und mir
dabei in den leuchtendsten Farben ausgemalt, wie ich mich nach der Tortur
von ihm trenne.
Ich rede hier vom [1][Bergsteigen], gegen das ich im Prinzip ja überhaupt
nichts habe. Im Gegenteil. Als ich mal eine Woche allein in Edinburgh war,
stiefelte ich den stadteigenen Berg höchst freiwillig hinauf und fand es
super. Nun gut, der Arthur’s Seat ist jetzt nicht wirklich hoch, und es gab
auch keine einzige Stelle, an der es hätte brenzlig werden können, aber
trotzdem ging es stetig aufwärts, und so war ich danach angenehm müde und
verschwitzt. Doch daneben gibt es eben auch dieses Phänomen, das ich gern
das „[2][Caspar David Friedrich]-Syndrom“ nenne und das vor allem Männer im
mittleren Alter zu ergreifen scheint.
Keine Frage: Einen Ausflug in die Berge mögen Frauen und Männer
gleichermaßen. So habe ich eine Freundin, die fast jede freie Minute an
einer Felswand verbringt. Trotzdem sind es meiner Beobachtung nach eher die
Männer, die eine fast schon neurotische Beziehung zu Steilhängen
entwickeln. Man sieht sie mit eingeschnürtem Unterleib am Kletterseil
baumeln oder wie Gottes Sohn höchstpersönlich am Gipfelkreuz kleben – die
vielen Dating-App-Fotos sprechen Bände.
## Ein metaphorischer Phallusvergleich
Und könnt ihr euch an Brad Pitt als extrem blondierten Bergsteiger
erinnern, der seine schwangere Frau sitzen lässt, um irgendeinen fernen
Hubbel zu besteigen? Solche Filme lieben die Typen ja. Die haben dann so
kernige Titel wie „Cliffhanger – Nur die Starken überleben“ und stecken
voll von Gebirgskitsch und Bromance, die anscheinend nur dann so richtig
auflodert, wenn ein paar abgefrorene Zehen im Spiel sind.
Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich glaube, diese Gipfelsucht ist
nicht mehr als ein metaphorischer Phallusvergleich. Meiner ist 8.126 Meter
hoch. Meiner 8.163 Meter. Wow! Krass! Und sonst so?! Okay, ich verstehe ja,
dass es immer irgendwie schön ist, den Helden zu spielen, aber die Frage
ist ja, auf wessen Kosten.
Ich zum Beispiel hätte hellhörig werden müssen, als mich ein Mann einmal
unbedingt mit auf den Traunstein nehmen wollte, einen relativ hohen Berg in
Österreich, den kein bergerfahrenes Familienmitglied mit ihm besteigen
wollte, aber für mich, die verliebte Flachländerin mit Hang zur
Selbstüberschätzung, alles easy peasy, so dachte ich zumindest, und
kraxelte gutgläubig hinter ihm her.
Doch beim Abstieg wurde es, nun ja, ungemütlich. Denn während wir beim
Aufstieg die Schattenseite erwischt hatten, ging es in der prallen Sonne
hinunter. Der Pfad war steil, das Geröll lose, rechts der Abgrund und alle
paar Meter eine Gedenktafel, die an einen Todessturz erinnerte. Ich bekam
erst einen Sonnenstich, dann einen soliden Schreianfall, während gut
gelaunte Rentner*innen an uns vorbei Richtung Tal galoppierten.
Und was soll ich sagen: Letztes Wochenende ist es schon wieder passiert. Da
versprach mir ein Mann ein paar schöne Stunden im Weinanbaugebiet, und ehe
ich mich versah, hing ich zwischen schroffen Klippen. Ich schwöre, Männer
und Berge genieße ich von nun an nur noch separat.
11 Apr 2025
## LINKS
[1] /Speed-Duell-am-Mount-Everest/!6077221
[2] /250-Jahre-Caspar-David-Friedrich/!6054033
## AUTOREN
Anna Fastabend
## TAGS
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