| # taz.de -- Doku über Wanderreiter: 1.327 Kilometer im Sattel | |
| > Von den Alpen bis Cuxhaven auf dem Pferderücken: Ralf Schauwacker hat | |
| > über den Langstreckenritt „TransGermania“ einen Film im Werbespot-Stil | |
| > gedreht. | |
| Bild: Mit der Drohne gefilmt: Reiter von oben | |
| Hamburg taz | Nein, wie ein Wettrennen sieht es überhaupt nicht aus: | |
| Galoppierende Pferde werden im Film „TransGermania – Vom Alpenrand zum | |
| Meeresstrand“ nicht gezeigt. Auch trabende Hengste mit fliegenden Mähnen | |
| sucht man vergebens. Meistens bewegen sich die Vierbeiner und ihre | |
| Reiter*innen im ruhigen Schrittgang. Und oft sieht man die Menschen mit | |
| den Pferden am Zügel langsam durch die Landschaften wandern. | |
| Die Zeit wird bei diesem Wettbewerb nicht gemessen, denn beim | |
| Langstreckenritt durch Deutschland ging es nicht um Schnelligkeit, sondern | |
| um Ausdauer: In 21 Tagen mussten insgesamt 1.327 Kilometer geritten werden. | |
| Gewonnen hatte, wer die gesamte Strecke mit reiner Körperkraft bewältigen | |
| konnte. Nur die eher gemütlich als sportlich wirkende Sulkyfahrerin Sabrina | |
| Fritsch hat das mit ihrem Pony geschafft. Nur sieben von insgesamt 66 | |
| Reiter*innen haben mindestens 1.000 Kilometer der Strecke auf ihren | |
| Pferden zurückgelegt. | |
| Der Aufwand, mit dem die Reiter*Innen im Sommer 2024 durch Deutschland | |
| zogen, war beträchtlich: Eine Karawane mit 150 Begleiter*innen reiste | |
| drei Wochen lang mit ihnen von Lagerplatz zu Lagerplatz. Darunter waren | |
| auch die sogenannten Trosser, die sich um die Verpflegung von Ross und | |
| [1][Reiter] auf dem Weg kümmerten. Für viele Reiter*innen gab es | |
| Ersatzpferde in Reserve. | |
| Die Organisatoren sprechen von einer Vorbereitungszeit von fünf Jahren, | |
| allein die Kosten für die 21 Lagerplätze müssen beträchtlich gewesen sein. | |
| Die Veranstaltung fand weitgehend ohne Medienpräsenz und damit auch ohne | |
| die beim Sport üblichen finanzkräftigen Sponsoren statt. | |
| „TransGermania“ ist ein Reisefilm mit Pferden. An den einzelnen Stationen | |
| wird jeweils eine kulinarische Spezialität lecker ins Bild gesetzt, vom | |
| Hirschgulasch mit Spätzle im Allgäu bis zur Fischsuppe in Niedersachsen. Am | |
| wichtigsten aber sind die Pferde. Ausführlich wird über die Wehwehchen der | |
| Vierbeiner berichtet. Mal von besorgten Reiter*innen, mal von der scheinbar | |
| allgegenwärtigen Tierärztin, die den Pferden den Puls misst oder in den | |
| Pferdebauch horcht, um das gesunde „Gluckern im Blinddarm“ zu hören. | |
| Der in Bassum [2][bei Bremen lebende Filmemacher Ralf Schauwacker] hat sich | |
| mit Pferdefilmen eine Nische geschaffen. Für seine Firma Schauwacker | |
| Filmproduktion dreht er vor allem Lehr- und Trainingsfilme mit Titeln wie | |
| „Klassische Arbeit an der Hand“ oder „Bosal – mit Leichtigkeit und Eleg… | |
| gebisslos reiten“ sowie Porträts von PferdetrainerInnen wie „Katja Schnabel | |
| – Mut zur Freiheit“. | |
| Alle paar Jahre dreht er auch einen ambitionierteren Film wie | |
| „Lustianogestüt La Perla“, der 2019 den ersten Preis beim | |
| Pferdefilmfestival „Equinale“ auf Schloss Neuhoff in Mecklenburg gewann. | |
| [3][Schauwacker hat ein gutes Auge für Pferde] in der Landschaft. So ist | |
| ihm am Flughafen Memmingen eine Aufnahme gelungen, in der eine Gruppe von | |
| Reiter*innen von einer startenden Passagiermaschine überflogen wird, die | |
| wie ein poetisches Sinnbild wirkt. Dagegen mögen die vielen | |
| Drohnenaufnahmen den nicht pferdeaffinen Zuschauer*innen ein wenig | |
| redundant erscheinen, aber für sie ist dieser Film ja auch nicht gemacht. | |
| Dies ist ein Film von Pferdenarren für Pferdenarren, ein Imagefilm ohne | |
| kritische Distanz und mit den Stilmitteln von Werbespots. Er hat also ein | |
| zahlenmäßig eher kleines, dafür aber sehr treues und oft gut betuchtes | |
| Zielpublikum. Und in diesem Rahmen ist Schauwacker hier ein Film gelungen, | |
| der ganz auf die Erwartungen der Zuschauer*innen zugeschnitten ist. | |
| Er ist zudem mit schwungvoller Eleganz geschnitten, und der Bremer Musiker | |
| Rolf Kirschbaum hat auf seinen Instrumenten Gitarre, Lapsteel und | |
| Wasserkanister einen flotten Country-Blues-Soundtrack eingespielt, der in | |
| Teilen frappierend an den Klassiker „Who Do You Love“ von Bo Diddley | |
| erinnert. | |
| 23 Feb 2025 | |
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| [3] https://schauwacker.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Hippen | |
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