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# taz.de -- Misogynie und Rassismus: So sieht Safe Sport nicht aus
> Der Jahresbericht der Anlaufstelle für Betroffene von Gewalt im Sport
> weist Lücken auf. Was darin fehlt.
Bild: Die Gewaltvorwürfe im deutschen Turnen müsste doch die Safe Sport-Beweg…
[1][Die Unabhängige Ansprechstelle Safe Sport] hat erstmals einen
Tätigkeitsbericht herausgegeben. Bei der Ansprechstelle handelt es sich um
einen eingetragenen Verein mit dem Zweck der Förderung des gewaltfreien
Sports. In Zukunft soll daraus ein institutionalisiertes Zentrum für Safe
Sport werden, das hat die Ampelregierung jedoch nicht mehr geschafft.
Mit ihrem nun veröffentlichten ersten Tätigkeitsbericht, garniert mit einem
markigen Vorwort von Noch-Innenministerin Faeser, will die Ansprechstelle
deutlich machen, dass sie gebraucht wird. Dabei bleibt sie seltsam blutleer
– [2][angesichts der aktuellen Fälle im Turnen] könnte sie ja durchaus mit
Energie agieren.
Doch weder in ihrem genuinen Feld interpersonale Gewalt als auch
grundsätzlich bei der Betrachtung der im klassischen Leistungssport
strukturell durch Hierarchie, Macht und Geld existenten Gewalt macht der
jetzt erschienene Bericht Mut, dass sich im weißdeutschen,
männlich-heterosexuellen, gerade in den Randsportarten finanziell schlecht
ausgestatteten Sport irgendetwas ändern wird. Kritisches Denken sucht man
in dem Bericht vergeblich.
An sich könnte die moderne Zeit ja auch vor dem Sport nicht haltmachen,
doch noch scheint diese Zeit nicht gekommen. Mit Worten garnierte
Excel-Forschung stellt den Kern des Tätigkeitsberichts dar. Knapp 300-mal
[3][wurde die Ansprechstelle seit Mitte 2023] kontaktiert. Die in dem
Bericht am häufigsten genannten Sportarten sind Fußball, Kampfsport und
Leichtathletik. Unklar bleibt, was mit Breitensport und was mit
Leistungssport gemeint ist, wo denn eigentlich die Grenze zwischen beidem
verläuft. Die meisten Fälle wurden aus Berlin berichtet, was für ein
lokales Netzwerk spricht, die Geschäftsstelle ist in Berlin-Friedrichshain.
## Keine Zahlen zu juristischen Konsequenzen
Zumeist waren Kinder und Jugendliche von 14 bis 18 Jahren betroffen, zwei
Drittel davon weiblich. Die am meisten berichtete Gewalt war die psychische
Gewalt, darauf folgte die sexualisierte. Die derzeit in den Medien häufig
berichtete digitale Gewalt hingegen spielt keine große Rolle.
TäterInnen waren überwiegend TrainerInnen, nur selten wurde von anderen,
hierarchisch gleichgestellten MitsportlerInnen als TäterInnen berichtet.
Oftmals, so der Bericht, fanden die Berichtenden bei ihren
Sportorganisationen selbst kein Gehör. 42 Prozent erhielten von Safe Sport
juristische Beratung, 36 Prozent psychologische und 22 Prozent beides. Zu
wie vielen Anzeigen die Gespräche geführt haben, offenbart der Bericht
nicht. Dafür gibt der Bericht wortreich wieder, welche Ängste mit einer
Anzeige verbunden sein können.
Das passt sicherlich zu dem Diskurs, in dem sich der Sport selbst bewegt,
nämlich Polizei, Bundeswehr und Bundesverwaltung, sollte im Jahr 2025 aber
dennoch durch modernere Instrumente wie queere und körperpolitische Ansätze
ergänzt werden. Traurige Realität in der Aufarbeitung von Gewalt im Sport
ist der Fokus auf Kinder und Jugendliche und damit die relative Blindheit
für Sexismus und Misogynie im Sport. Gearbeitet wird mit Excel, Strukturen
sind nicht von Interesse. Rassismus findet nicht statt.
Zuletzt wird das strukturell wohl nicht gewaltfrei realisierbare
Kadersystem nur am Rande betrachtet. Auch die schlechte Bezahlung der
TrainerInnen gerade in den Randsportarten und ihre Realitäten verdienen
Beachtung, wenn das Problem interpersonaler Gewalt wirksam angegangen
werden soll. So bleibt am Ende nur der ernüchternde Ratschlag, dass man
selbst auf seine Kinder achtgibt, wenn man sie in das Kadersystem des
deutschen Sports schickt.
4 Apr 2025
## LINKS
[1] https://www.anlauf-gegen-gewalt.org/
[2] /Uebergriffiger-Turnsport/!6076218
[3] /Beraterin-Dobler-ueber-Gewalt-im-Sport/!5903630
## AUTOREN
Julia Seeliger
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
Gewalt im Sport
Misogynie
Social-Auswahl
Leistungssport
Sexuelle Gewalt
Gewalt im Sport
Sexualisierte Gewalt
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