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# taz.de -- Istanbuler Bürgermeister in Haft: Massive Proteste nach Inhaftieru…
> Als Reaktion auf die Festnahme des Istanbuler Oberbürgermeisters İmamoğlu
> gehen tausende Menschen auf die Straße. Dutzende Personen wurden
> festgenommen.
Bild: Protest gegen die Verhaftung von Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu …
Berlin taz | Es war eine beeindruckende Demonstration der Wut am
Mittwochabend. Als Reaktion auf die Festnahme des Istanbuler
Oberbürgermeisters [1][Ekrem İmamoğlu] drängten sich tausende Menschen vor
dem Rathaus und forderten lautstark die Freilassung ihres Bürgermeisters.
Trotz Demonstrationsverbot, gesperrten U-Bahnen und eines Massenaufgebots
an Polizei füllten sich die Straßen vor dem Rathaus.
Vom Dach eines Kampagnenbusses sprach Dilek İmamoğlu, die Frau des
festgenommenen Politikers zu den Protestierenden und bedankte sich für die
Unterstützung. Den ganzen Tag über hatte es in Istanbul, aber auch in
vielen anderen Städten des Landes massenhafte Proteste gegeben. Studenten
der Istanbuler Universität marschierten schon am Mittag Richtung Rathaus
und durchbrachen dabei Polizeisperren. Auch in Ankara gingen viele
Studenten auf die Straße. Es gab etliche Festnahmen. Auch wegen Posts in
den sozialen Medien wurden 37 Personen festgenommen.
Während die [2][Oppositionspartei CHP], die İmamoğlu an diesem Sonntag zu
ihren Präsidentschaftskandidaten küren will, dazu aufgefordert hatte, dass
die Leute sich landesweit an ihren Parteibüros treffen sollten, drängten in
Istanbul hunderte aufgebrachte Anhänger İmamoğlus auch zu dem Komplex der
Sicherheitspolizei, wo ihr Bürgermeister seit Mittwochvormittag
festgehalten wird. Mit Pfeffergas und Schlagstockeinsatz wurden sie
zurückgedrängt.
Auch am Donnerstag wurde İmamoğlu noch bei der Sicherheitspolizei befragt.
Unterstützung durch einen Anwalt wird ihm bei diesen Befragungen nicht
gewährt. Seine Anwälte werden weit vor der Polizeizentrale festgehalten.
Die Vorwürfe sind völlig willkürlich. Neben angeblichen Korruptionsfällen,
die gegen İmamoğlu auch in anderen Scheinverfahren schon erhoben und
widerlegt wurden, will ihm die Staatsanwaltschaft nun auch noch die
[3][Unterstützung der „Terrororganisation“ PKK] anhängen.
## Erdoğan versucht Istanbul zurückzugewinnen
Angeblich soll İmamoğlu [4][bei der Kommunalwahl im März 2024,] die er
gegen den Erdoğan-Vertreter haushoch gewann, mit einer Vorfeldorganisation
der PKK kooperiert haben. Unter diesem Vorwand waren vor ihm schon mehrere
Bezirksbürgermeister der CHP in Istanbul aus dem Amt gedrängt und zum Teil
ins Gefängnis gesteckt worden. Seit Erdoğans AKP Istanbul bei den Wahlen
2019 nach jahrzehntelanger Kontrolle an İmamoğlu und die CHP verloren hat,
versucht Präsident Erdogan die Millionenmetropole für seine AKP
zurückzugewinnen.
„Wer Istanbul regiert, wird bald auch die Türkei regieren“, ist eine
Parole, die Erdoğan selbst immer wieder verbreitet hat. Entsprechend
versuchte seine Regierung alles, um Istanbul wieder unter ihre Kontrolle zu
bringen. Die Stadtverwaltung wurde finanziell stranguliert und İmamoğlu
auch schon in seiner ersten Amtszeit mit Verfahren überzogen. Dennoch
gewann er in Istanbul erneut mit großem Vorsprung vor seinem
AKP-Konkurrenten. Seitdem will die Regierung ihn mit allen Mitteln
ausschalten. Während İmamoğlu in Polizeihaft ist, wurde noch am
Mittwochabend die Baufirma seiner Familie beschlagnahmt und durch die
Polizei besetzt. Als nächsten Schlag befürchtet die CHP nun, dass Erdoğan
ganz Istanbul unter staatliche Zwangsverwaltung stellen könnte.
Das bedeutet, dass nicht einer der Stellvertreter İmamoğlu die
Amtsgeschäfte übernehmen kann, so lange wie der gewählte Bürgermeister
festgehalten wird, sondern Erdoğan einen ihm genehmen Zwangsverwalter
einsetzt. Dieses Verfahren wurde bislang vor allem in Städten im kurdisch
besiedelten Südosten der Türkei praktiziert. Unterdessen versucht die
Führung der CHP jetzt die weiteren Proteste zu organisieren und zu
verstärken. Am heutigen Donnerstagabend soll es erneut eine Kundgebung vor
dem Rathaus geben, auf der der Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavaş
sprechen soll. Yavaş, der die Hauptstadt seit Jahren sehr erfolgreich
regiert, ist CHP intern der Rivale İmamoğlu für die Rolle des
Präsidentschaftskandidaten der Partei.
Er hat jetzt aber erklärt, er werde sich mit ganzer Kraft hinter İmamoğlu
stellen. Von Anhängern Erdogans wird in den sozialen Medien bereits
verbreitet, auch gegen Yavaş hätte die Staatsanwaltschaft schon ein Dossier
angelegt und er könnte als nächster festgenommen werden. „Jetzt ist Yavaş
an der Reihe“ verkünden die AKP-Trolls. Der CHP-Parteivorsitzende Özgür
Özel ruft dagegen jetzt die Bevölkerung dazu auf, am kommenden Sonntag „zu
Millionen“ auf die Straße zu gehen und zu den Parteibüros der CHP zu
kommen. Dort könnten sie dann an der Wahl İmamoğlus zum
Präsidentschaftskandidaten der CHP teilnehmen. Die Wahl wurde auch für
Leute geöffnet, die nicht Mitglieder der CHP sind.
20 Mar 2025
## LINKS
[1] /Tuerkische-Regierung-gegen-Opposition/!6076877
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## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
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