# taz.de -- Repression unter Erdoğan: Die demokratische Türkei nicht alleinla… | |
> Die EU wird sich entscheiden müssen, ob sie aus durchsichtigen Motiven | |
> einen Autokraten unterstützt oder sich wirklich für die Demokratie | |
> einsetzt. | |
Bild: Proteste gegen die Festnahme von Istanbuls Bürgermeister İmamoğlu am 1… | |
Derzeit läuft im Netz ein Youtube-Video hoch und runter, auf dem | |
verschiedene BürgermeisterInnen quer durch Europa [1][ihre Solidarität mit | |
dem Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu] bekunden. Angefangen mit | |
der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo über ihre Kollegen aus Helsinki | |
bis nach Zagreb, erklären die europäischen Stadtoberhäupter ihre | |
Unterstützung für İmamoğlu und die Demokratie in der Türkei. | |
Diese Leute haben verstanden. Es geht derzeit in der Türkei um alles. Im | |
Land findet ein politisches Erdbeben statt. Im Stile Putins lässt Präsident | |
Recep Tayyip Erdoğan seine politischen Gegner festnehmen und kaltstellen, | |
doch noch ist die türkische Gesellschaft weit davon entfernt, sich Erdoğans | |
platter Repression und Polizeigewalt zu beugen. | |
Mit İmamoğlu hat sich Erdoğan an seinem populärsten Rivalen vergriffen, der | |
mehrfach bewiesen hat, dass er den Dauerregenten und seine AKP bei | |
demokratischen Wahlen schlagen kann. Darum will er ihn nun mithilfe einer | |
gelenkten Justiz aus dem Weg räumen. | |
Doch weite Teile der Bevölkerung nehmen das nicht einfach hin. Erdoğan mag | |
geglaubt haben, dass die außenpolitische Situation für einen solchen | |
Schritt günstig ist und niemand ihm in den Arm fallen wird, doch bei der | |
eigenen Bevölkerung hat er sich getäuscht. | |
İmamoğlu ist für viele TürkInnen weit über Istanbul hinaus der | |
Hoffnungsträger überhaupt, nicht nur für die Wiederherstellung von Recht | |
und Gesetz, sondern auch für soziale Gerechtigkeit. Viele TürkInnen sind es | |
leid, mit anzusehen, wie einige wenige sich bereichern, während sie unter | |
der Dauerinflation immer weiter verarmen. Sie wollen sich ihren | |
Hoffnungsträger nicht wegnehmen lassen. | |
Nach jahrelanger Zurückhaltung geht jetzt auch die | |
sozialdemokratisch-kemalistische Opposition voran. [2][Parteichef Özgür | |
Özel ruft zu Demonstrationen auf]; in der Nacht von Donnerstag auf Freitag | |
protestierten landesweit so viele Menschen wie seit den Gezi-Protesten 2013 | |
nicht mehr. | |
Der erste Höhepunkt wird der kommende Sonntag sein, wo die CHP in allen | |
ihren Parteibüros İmamoğlu von der gesamten Bevölkerung zu ihrem | |
Präsidentschaftskandidaten wählen lassen will. Wie schon 2013 sind es auch | |
jetzt wieder StudentInnen, die bei den Protesten vorangehen und die meisten | |
Opfer von Polizeigewalt zu beklagen haben. | |
Wir dürfen die demokratische Türkei jetzt nicht alleinlassen. Es ist gut, | |
dass BürgermeisterInnen quer durch Europa zu Solidarität mit İmamoğlu | |
aufrufen, doch das wird nicht reichen, um Erdoğan zu stoppen. Der Konflikt | |
wird sich verschärfen – und dann wird sich die EU entscheiden müssen, ob | |
sie aus durchsichtigen Motiven einen Autokraten unterstützt oder sich für | |
die Demokratie im Land eines Beitrittskandidaten einsetzt. | |
Wenn der Autokrat Putin wirklich eine so große Bedrohung ist, wie Brüssel | |
nun behauptet, dann ist es Erdoğan erst recht. Und anders als in Russland | |
kann die EU in der Türkei für die Demokratie wirklich etwas tun. | |
Schließlich ist Erdoğan wirtschaftlich auf die EU angewiesen. | |
21 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://eurocities.eu/latest/mayors-voice-support-for-ekrem-imamoglu/ | |
[2] /Istanbuler-Buergermeister-in-Haft/!6077052 | |
## AUTOREN | |
Wolf Wittenfeld | |
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