Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- +++ Türkei unter Erdoğan +++: Jetzt entladen sich Wut und Frust d…
> Entzündet haben sich die Demos an der Festnahme von Ekrem İmamoğlu. Der
> CHP-Politiker wird am Samstag einem Gericht vorgeführt. Doch es geht um
> mehr.
Bild: Die Flagge nutzen viele politische Lager gern als Symbol: hier ein Demons…
## Hunderttausende demonstrieren
Die Massenproteste in der Türkei wurden zwar durch die Festnahme des
Istanbuler Bürgermeisters und Oppositionspolitikers Ekrem İmamoğlu
ausgelöst. Doch mit den Großdemonstrationen in Städten wie Istanbul und
Ankara entlädt sich auch angestauter Frust über die Lage im Land, das von
Langzeitpräsident Recep Tayyip Erdogan mit harter Hand regiert wird.
„Es gibt große Wut“, sagt der Abgeordnete Yüksel Taskin von İmamoğlus
Partei CHP. „Die Menschen gehen spontan auf die Straße. [1][Manche junge
Menschen engagieren sich] zum ersten Mal in ihrem Leben politisch.“
Die derzeitigen Demonstrationen von hunderttausenden Menschen sind die
größten seit den regierungskritischen Gezi-Protesten des Jahres 2013. „Das
Gefühl, gefangen zu sein – wirtschaftlich, sozial, politisch und selbst
kulturell – war schon weit verbreitet“, sagt der Journalist und Buchautor
Kemal Can. Die Festnahme von İmamoğlu, dem wichtigsten politischen Rivalen
von Erdogan, sei nun der Funke gewesen.
Es sei zu einer starken Reaktion gekommen, „insbesondere bei jungen
Menschen, die sich über ihre Zukunft in einem Land Sorgen machen, in dem
Freiheiten immer mehr eingeschränkt werden“, sagt Can. Auch wenn sich die
Proteste an der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters entzündeten, sei
das nicht alles. „Das ist eine Reaktion, die weit über İmamoğlu
hinausgeht.“
So sind die Demonstrationen nicht auf Anhänger der oppositionellen CHP
beschränkt. „Es geht nicht nur um die CHP, sondern um alle“, sagt
Parteivertreter Ilhan Uzgel. „Die Frage ist, ob die Türkei unter einem
autoritären Regime leben oder ein demokratisches Land sein wird.“ (afp)
## Erdoğans Spaltungsversuche laut Experte gescheitert
Auch die pro-kurdische Oppositionspartei DEM hat sich der Protestbewegung
angeschlossen. „Über Jahre hat die Regierung versucht, die Opposition zu
spalten“, sagt Journalist Can, der eine Reihe von Büchern über die
türkische Gesellschaft geschrieben hat. „Das ist ihr immer wieder gelungen.
Aber dieses Mal hat die Opposition diese Strategie durchkreuzt.“
Die Erdogan-Regierung wirft der DEM immer wieder Verbindungen zur
verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor. Zuletzt bemühte sich die
Regierung aber um ein Ende des Konflikts mit der PKK. Ende Februar rief der
inhaftierte Kurdenführer Abdullah Öcalan schließlich zur Auflösung der von
ihm mitgegründeten Organisation und zum Gewaltverzicht auf.
Gönül Tol vom Middle East Institute in den USA sagt, die türkische
Regierung habe mit ihren Friedensangeboten an die PKK einen „Keil“ zwischen
die Oppositionsparteien CHP und DEM treiben wollen. Das sei aber angesichts
der Unterstützung der DEM für die Proteste gegen İmamoğlus Festnahme
gescheitert.
Die Frage ist nun, wie weit die Demonstrationen gehen und wie lange sie
anhalten werden. Can zufolge will die Regierung die Protestbewegung durch
„Druck, Demonstrationsverbote und Festnahmen“ schwächen. Sollten die
Demonstranten den Eindruck vermitteln, dass ihre Entschlossenheit
nachlässt, „wird die Regierung den Druck erhöhen“. Can ist sich sicher:
„Die kommenden Tage werden entscheidend sein.“ (afp)
Innenministerium bestätigt 343 Festnahmen
Bei den Massendemonstrationen für die Freilassung des Istanbuler
Bürgermeisters und Oppositionspolitikers Ekrem Imamoğlu in der Türkei sind
nach Angaben des Innenministeriums 343 Menschen in Istanbul und acht
weiteren Städten festgenommen worden.
„Wer Chaos und Provokation sucht, wird nicht toleriert werden“, erklärte
Innenminister Ali Yerlikaya am Samstag im Onlinedienst X. İmamoğlu wurde am
Samstag erneut von der Polizei verhört. Die Opposition rief unterdessen zu
weiteren Demonstrationen auf.
Laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP gab es bislang in mindestens
55 der 81 türkischen Provinzen Demonstrationen gegen İmamoğlus Festnahme.
An ihnen beteiligten sich hunderttausende Menschen. Die Polizei ging
vielerorts mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor, wie
AFP-Journalisten berichteten.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, dessen wichtigster
politischer Rivale İmamoğlu ist, hatte die Proteste zuvor als
„Straßenterror“ bezeichnet. İmamoğlu bedankte sich derweil bei den
Demonstranten. „Ihr verteidigt unsere Republik, die Demokratie, die Zukunft
einer gerechten Türkei und den Willen unserer Nation“, erklärte er über
seine Anwälte im Onlinedienst X. (afp)
## Was dem Oppositionellen vorgeworfen wird
Am Samstagabend wird İmamoğlu nach Angaben seiner CHP-Partei zunächst dem
Istanbuler Generalstaatsanwalt und danach einem Gericht vorgeführt. Am
Morgen wurde der Oppositionspolitiker laut Medienberichten bereits wegen
der „Unterstützung einer terroristischen Organisation“ polizeilich verhör…
Der Vorwurf bezieht sich auf angebliche Verbindungen İmamoğlus zur
verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Opposition bezeichnet ihn
als politisch motiviert und spricht [2][von einem „Putsch“ gegen İmamoğlu…
Laut İmamoğlus Anwalt Mehmet Pehlivan dauerte ein polizeiliches Verhör
[3][wegen des Vorwurfs der Korruption] am Freitag sechs Stunden. İmamoğlu
habe „alle Vorwürfe bestritten“, erklärte er. Pehlivan kritisierte zudem
das Durchstechen „nicht unterzeichneter Zeugenberichte an die Presse“ und
erklärte, „das Recht auf einen gerechten Prozess“ sei verletzt worden.
Am Mittwochmorgen waren İmamoğlu und [4][mehr als hundert weitere Menschen
festgenommen], darunter Mitarbeiter, Abgeordnete und Mitglieder der CHP.
Der 53-Jährige wird laut Staatsanwaltschaft unter anderem der Erpressung
beschuldigt. Ihm wird vorgeworfen, Anführer einer „kriminellen
Organisation“ zu sein. Am Sonntag soll İmamoğlu trotz seiner Festnahme
offiziell zum Kandidaten seiner Partei für die [5][Präsidentschaftswahl im
Jahr 2028] gekürt werden. (afp)
22 Mar 2025
## LINKS
[1] /Umbau-der-Schulen-in-der-Tuerkei/!6038369
[2] /Verhaftung-von-Istanbuls-Buergermeister/!6073314
[3] /Tuerkische-Regierung-gegen-Opposition/!6076877
[4] /Festnahme-von-Ekrem-mamolu/!6073353
[5] /Can-Duendar-und-die-Strategien-des-tuerkischen-Machthabers/!vn6074374/
## TAGS
Ekrem İmamoğlu
Türkei
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
CHP
Istanbul
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Ekrem İmamoğlu
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Repression in der Türkei: Untersuchungshaft für İmamoğlu angeordnet
Gegen den Oppositionspolitiker Ekrem İmamoğlu wird wegen
Korruptionsverdacht ermittelt. Bereits seine Festnahme löste landesweite
Proteste aus.​
Repression unter Erdoğan: Die demokratische Türkei nicht alleinlassen
Die EU wird sich entscheiden müssen, ob sie aus durchsichtigen Motiven
einen Autokraten unterstützt oder sich wirklich für die Demokratie
einsetzt.
Proteste gegen İmamoğlu-Festnahme: Die Türkei in Aufruhr
Nach der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters İmamoğlu gehen Tausende
auf die Straße. Sie kritisieren den „Putsch gegen den Willen des Volkes“.
Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters: Die Straße entscheidet
İmamoğlu galt als aussichtsreicher Herausforderer von Präsident Erdoğan.
Dann wurde er festgenommen. Warum Wahlen die Demokratie nicht retten
können.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.