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# taz.de -- Karriereende von Almuth Schult: Hadern im System
> Mit Almuth Schult beendet eine der größten deutschen Fußballerinnen ihre
> Laufbahn. Sie kämpft wie kaum eine mit angemessener Wut für
> Veränderungen.
Bild: Die großen Zeiten: Schult jubelt für den VfL Wolfsburg
Almuth Schult muss manchmal verzweifelt sein am deutschen Fußball. An den
bornierten und autoritären Altmännergremien, die sie oft kritisierte. Am
verstaubten und undemokratischen DFB, der über Jahre Veränderung ausbremste
und sich als Innovationsführer im europäischen Frauenfußball wähnte – auch
noch, [1][als England oder Spanien längst vorbeigezogen waren]. Vielleicht
aber ist Almuth Schult auch verzweifelt an ihrer eigenen, sehr angepassten
Spielerinnengeneration. Denn die meisten deutschen Spitzenspielerinnen
schweigen über Ungerechtigkeit im Fußball. Wer herausstach, war Almuth
Schult.
Eine der ganz Großen beendet nun ihre Karriere. Und wie enorm die
Strahlkraft von [2][Almuth Schult] war, lässt sich daran ablesen, dass
Medien von der Bild-Zeitung („DFB-Legende“) bis zur FAZ der Torhüterin nun
lange Würdigungen schreiben. Bei wie vielen Kickerinnen, darf man sich
fragen, wäre das der Fall? Wer wirkt überhaupt in die deutsche Gesellschaft
hinein? Dass nicht viele Namen einfallen, sagt ebenso viel über Schults
Charakterstärke wie über das kulturelle Dilemma im deutschen Frauenfußball.
Almuth Schult war natürlich in erster Instanz eine große Torhüterin.
Manchmal kann man das vergessen bei all den Nebenschauplätzen. Sie war beim
VfL Wolfsburg ein Gesicht der erfolgreichsten Ära in der Klubgeschichte,
hat die Champions League gewonnen, war Dauersiegerin in Meisterschaft und
Pokal. Zeiten, [3][auf die man heute in Wolfsburg sehnsuchtsvoll
zurückschaut]. Es war dieses Standing, das der Torhüterin überhaupt
Aufmerksamkeit für ihre Positionen ermöglichte. Und half, dass man sich
ihrer nicht so schnell entledigen konnte. Im Nationalteam wiederum hat
Schult gar nicht so viele Turniere als Stammkraft absolviert. Ihr
eigentliches Vermächtnis liegt außerhalb des Platzes.
## Welle des Liberalfeminismus
Die Jahre ihrer Spitzenkarriere von 2013 bis 2024 waren eine Zeit enormer
Veränderungen im globalen Fußball der Frauen, einer Welle des
Liberalfeminismus. Spielerinnen weltweit streikten für bessere Bezahlung,
erstritten vor Gericht Gleichbehandlung oder [4][boykottierten wegen
Missständen ihr Nationalteam], oft erfolgreich. In Deutschland dagegen
hatte man oft den Eindruck, dass Spielerinnen und Funktionäre sich ganz gut
eingerichtet hatten im Status quo. Almuth Schult hat immer mit der
Innovationsfeindlichkeit gehadert. Ihre Mentalität ist eher
US-amerikanisch, der US-Sport, den sie aus eigener Anschauung kennt, ihr
großes Vorbild. „In Deutschland wird immer sehr schnell etwas negativ
aufgefasst“, [5][sagte sie der taz]. Und: „Es ist schwieriger, als Einzelne
etwas zu fordern […]. In den USA muss man keine Angst haben.“ Unter Trump
ist das aber vielleicht nicht mehr ganz der Zeitgeist.
Besonders [6][nach ihrer Mutterschaft] wurde Schult mehr als Aktivistin
denn als Fußballerin wahrgenommen. Für mehr Gleichberechtigung mit der
Initiative „Fußball kann mehr“, für neue Mutterschutz-Regularien, als klu…
TV-Kommentatorin. Sie hat eine Gabe, eloquent und direkt, mit angemessener
Wut und zugleich sympathischer Bodenständigkeit zu sprechen. Eine
Grundsatzkritikerin, gewiss, war sie nie. Schults Feminismus ist jener der
neuen weiblichen Business-Elite, die sich keine Gedanken über Ausbeutung,
Wachstumsideologie oder Hierarchien macht, sondern am Kapitalismus
teilhaben will: innovativere Frauen an die Macht, mehr Geld für die
Hochleistungsklasse. Ein Feminismus für alle war ihrer nie.
## Kein Feminismus für alle
Aber einer, der im Leistungsfußball viel Anklang findet. Wie anstrengend
die Kämpfe an vielen Fronten auch für sie waren, damit war sie entwaffnend
ehrlich: „Der Weg zurück ist irre schwer und ich werde ihn nach dieser
Schwangerschaft nicht mehr gehen“, sagte sie jüngst über ihre Doppelrolle
als Spitzentorhüterin und Mutter.
Gerne, hatte man den Eindruck, würde Almuth Schult noch viel mehr sagen.
Aber die Verhältnisse in Deutschland sind nicht so. Sie agiert, um eine
Terminologie des griechischen Ex-Finanzministers Yanis Varoufakis zu
bemühen, als Insiderin, nicht als Outsiderin. Als Teil der empfindlichen
Branche muss sie einen diplomatischen Drahtseilakt gehen. Bisher gelingt
er. Sportdirektorin Nia Künzer würde Schult gern beim DFB einbinden.
Vielleicht hat man dort aus den Fehlern mit meinungsstarken Frauen wie
Bibiana Steinhaus-Webb gelernt. Es wäre dem deutschen Frauenfußball zu
wünschen.
1 Apr 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Almuth Schult
Karriere
Frauenfußball
Frauenrechte
Gleichberechtigung
DFB Team Frauen
Emanzipation
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Fußball-WM
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