| # taz.de -- Neuer Roman von Jakob Hein: Kein Diktatürchen | |
| > Hanfhandel an der innerdeutschen Grenze: Jakob Heins neuer Roman ist ein | |
| > schönes Beispiel für kritische Ostalgie. | |
| Bild: Lediglich ein Protagonist in diesem Roman: Franz Josef Strauß | |
| Endlich wissen wir es also. Es war viel gerätselt worden, was den | |
| bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß 1983 dazu bewogen haben | |
| mag, der [1][DDR] einen Milliardenkredit zuzuschanzen. [2][Jakob Hein] | |
| erzählt die irre Geschichte in seinem neuen Roman. Schade eigentlich, dass | |
| es so gekommen ist, mag sich bei der Lektüre manch Alt-Hippie denken, der | |
| sein Leben lang für den guten Schwarzen Afghanen klandestine Deals mit mehr | |
| oder weniger finsteren Gestalten hat abschließen müssen. | |
| Aber die BRD hat damals alles getan, um zu verhindern, dass die DDR den | |
| dort so bezeichneten [3][Medizinalhanf] legal an Verkaufsstellen entlang | |
| der innerdeutschen Grenze vertickte. Was hat die DDR getan? Ja, sie hat | |
| Cannabis vertickt. So steht es bei Hein im Roman. | |
| Ein kreuzbraver Mustersozialist langweilt sich in seiner Behörde schier zu | |
| Tode, ist er doch für den Außenhandel mit Afghanistan zuständig, dem Staat, | |
| der damals unter der Kuratel der Sowjetunion stand. Als er überlegt, was | |
| das Land zu bieten hat, fällt ihm nicht viel ein, nur eins: Medizinalhanf. | |
| Und so kommt der biedere Jungkader auf die Idee, die einem eigentlich nur | |
| kommen kann, wenn einem Hanf das Hirn auf angenehmste Weise vernebelt hat. | |
| Bald sitzt er im Kiosk an der GÜSt, der Grenzübergangsstelle, in Berlin und | |
| kassiert für den reinsten Stoff Devisen, die sein Staat so dringend zum | |
| Überleben braucht. Verrückt! | |
| ## Kein Schelmenstück | |
| Keine Angst! Ein Schelmenstück über die DDR als drolliges Diktatürchen ist | |
| Heins Roman nicht. Der geschmacklose Gefangegenhandel, der Westgeld in die | |
| Ostkassen gespült hat, wird ebenso benannt wie das willkürliche Verteilen | |
| des Privilegs von Reisen ins Nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet. | |
| Schließlich kommt es zum Milliardengeschäft mit der teilkorrupten BRD, in | |
| deren Ministerien übrigens auch nicht mehr gearbeitet wird als drüben. | |
| Das ist das Schönste an dem Buch, dass es den miesen Mastfleischdeal mit | |
| der DDR, den Franz Josef Strauß für seinen Spezi Josef März eingefädelt | |
| hatte, Erwähnung findet. Viel musste Hein also gar nichts dazuerfinden für | |
| sein deutsch-deutsches Possenspiel. Gut, dass er es getan hat. So ist seine | |
| Geschichte ein schönes Beispiel für kritische Ostalgie mit einer fast schon | |
| liebevollen Warnung vor dem Westen. | |
| 28 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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