| # taz.de -- US-Urteil gegen Greenpeace: Auf das Recht ist kein Verlass | |
| > Greenpeace muss wegen Rufschädigung eines Erdölkonzerns eine happige | |
| > Strafe zahlen. Der Fall zeigt die Risiken des Rechts für die | |
| > Klimabewegung. | |
| Bild: Monatelange protestiert die indigene Bevölkerung gegen den Bau der Pipel… | |
| Es ist eine Entscheidung, die sich zutiefst absurd anfühlt: Wegen seiner | |
| Beteiligung an den Protesten gegen den Bau einer Pipeline [1][soll der | |
| US-Ableger von Greenpeace 660 Millionen Euro Strafe zahlen]. Grundlage für | |
| die astronomisch hohe Summe sind die Gewinnverluste, die das | |
| Erdölunternehmen Energy Transfer durch die Schädigung seines Rufes erlitten | |
| habe. Die Jury des Gerichts in North Dakota verurteilt also eine | |
| Umweltorganisation dafür, dass sie tut, wofür sie sich gegründet hat: | |
| fossile Großkonzerne zu kritisieren. Sollte es zu einer Zahlung kommen, | |
| könnte das das Ende der Umweltorganisation bedeuten. | |
| Trotz aller Absurdität zeigt der Fall vor allem eines: Im Kampf für mehr | |
| Klimaschutz ist das Recht ein unzuverlässiger Verbündeter. Die Bewegung | |
| täte gut daran, den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit nicht zu | |
| vergessen. Konkret wirft Energy Transfer Greenpeace vor, die Proteste gegen | |
| die North-Dakota-Pipeline im Jahr 2016 „orchestriert“ zu haben. Damals | |
| protestierten monatelang Umweltaktivist:innen zusammen mit der | |
| indigenen Bevölkerung gegen den Bau des Infrastrukturprojekts in dem | |
| US-Bundesstaat. Mitglieder des indigenen Volkes Standing Rock Sioux | |
| fürchteten, die Pipeline würde die Wasserversorgung gefährden. | |
| Die Entscheidung der Jury, der abenteuerlichen Argumentation des Ölkonzerns | |
| zu folgen, sollte die Klimabewegung aufhorchen lassen. In den vergangenen | |
| Jahren setzten Aktivist:innen immer mehr Hoffnung darauf, Staaten und | |
| Konzerne durch Gerichtsprozesse zum Klimaschutz zu zwingen. Wenn | |
| Strafzahlungen so hoch sind, könne es sich ein Unternehmen schon aus | |
| wirtschaftlichen Gründen nicht leisten, Klima und Natur zu zerstören, | |
| lautet das Kalkül. | |
| Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2021, die Klimapolitik | |
| der damaligen Bundesregierung als unvereinbar mit dem Grundgesetz zu | |
| erklären, gilt als Paradebeispiel für diesen juristischen Klimaaktivismus. | |
| Eine Reihe weiterer Klagen folgten; jüngstes Beispiel ist der | |
| [2][peruanische Bergführer Saúl Luciano Lliuya], der gerade den | |
| Energieriesen RWE verklagt, weil sein Haus durch Überschwemmungen bedroht | |
| ist. | |
| ## An der Ursache ändert sich nichts | |
| Klimaklagen sind wichtig, um Aufmerksamkeit auf die schreiende | |
| Ungerechtigkeit der Klimakatastrophe zu lenken und Staaten ihre eigene | |
| Inkonsequenz vor Augen zu halten. Doch es wäre gefährlich, sich der | |
| Illusion hinzugeben, sie könnten an der Ursache der Klimakrise etwas | |
| ändern: dem fortwährenden Wachstumszwang unseres Wirtschaftssystems und dem | |
| damit einhergehenden Hunger nach Rohstoffen. | |
| Dies macht das Greenpeace-Urteil schmerzlich bewusst. Anstatt ein | |
| wirkungsvoller Hebel für Veränderung zu sein, wird das Recht zum Werkzeug | |
| von Großkonzernen. Letztlich führt kein Weg am Kampf für politische | |
| Mehrheiten für echten Klimaschutz vorbei. | |
| 20 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
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