# taz.de -- Gerichtsurteil in den USA: Greenpeace soll 660 Millionen Dollar an … | |
> Lange sorgte die umstrittene Öl-Pipeline Dakota Access Pipeline in den | |
> USA für wütende Proteste. Jahre später fällt nun ein aufsehenerregendes | |
> Urteil. | |
Bild: Proteste gegen den Bau der Pipeline im Jahr 2016 nähe der Siedlung Canno… | |
Washington AFP/dpa | Die Umweltschutzorganisation Greenpeace ist am | |
Mittwoch von einem Gericht im US-Bundesstaat North Dakota zur Zahlung von | |
mehreren hundert Millionen Dollar Schadenersatz [1][an den Betreiber einer | |
Ölpipeline verurteilt worden.] Dem von der Nachrichtenagentur AFP | |
eingesehenen Urteil zufolge belaufen sich die Zahlungen an Energy Transfer | |
(ET) auf mehr als 660 Millionen Dollar (605 Millionen Euro). Greenpeace | |
kündigte Berufung an. Der Pipeline-Betreiber hingegen begrüßte das Urteil | |
und wies Vorwürfe zurück, er wolle mit dem Prozess die Meinungsfreiheit | |
unterdrücken. | |
ET hatte Greenpeace wegen Protesten gegen die Pipeline, die durch Gebiete | |
von Sioux-Stämmen führt, auf Schadenersatz verklagt. Das Unternehmen warf | |
Greenpeace eine gewalttätige und verleumderische Kampagne vor. Einem | |
lokalen Medienbericht zufolge beschuldigte der ET-Anwalt Trey Cox die NGO | |
in seinem Schlussplädoyer, den Stamm der Standing Rock Sioux „auszunutzen“, | |
um ihre Agenda gegen fossile Brennstoffe voranzutreiben. | |
In seinem anschließenden Urteil befand das Gericht in der Stadt Mandan | |
Greenpeace unter anderem wegen Hausfriedensbruchs, Belästigung, | |
Verschwörung und Zugangsentzugs zu den Grundstücken des Pipeline-Betreibers | |
für schuldig. | |
Nach der Urteilsverkündung dankte das Unternehmen dem Richter und den | |
Geschworenen „für den unglaublichen Zeitaufwand und die Mühe, die sie in | |
diesen Prozess investiert haben“. „Wir freuen uns zwar, dass Greenpeace für | |
seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen wird“, erklärte ET. Doch dieser | |
Sieg gehöre den Menschen „in Mandan und ganz North Dakota, die die | |
täglichen Schikanen und Störungen durch die von Greenpeace finanzierten und | |
ausgebildeten Demonstranten ertragen mussten“. | |
## Greenpeace kündigt Berufung an | |
Greenpeace kündigte derweil an, gegen das Urteil Berufung einzulegen. „Wir | |
werden nicht zurückweichen und uns nicht zum Schweigen bringen lassen“, | |
sagte Kristin Casper von Greenpeace International am Mittwoch der AFP. | |
Die Aktivisten werfen Energy Transfer überdies vor, mit Hilfe von | |
Schadenersatzklagen abweichende Meinungen zu unterdrücken. Derzeit läuft | |
deswegen in den Niederlanden, dem Sitz von Greenpeace International, eine | |
Klage gegen Energy Transfer. Bei der im Februar eingereichten Klage beruft | |
sich die NGO auf ein EU-Gesetz zur Bekämpfung missbräuchlicher Verfahren. | |
Eine Anhörung ist für den 2. Juli angesetzt. | |
Während des jahrelangen Rechtsstreits hatte der ET-Geschäftsführer, der | |
Milliardär und Trump-Unterstützer Kelcy Warren, aus seinen Beweggründen | |
keinen Hehl gemacht. In Interviews äußerte er unter anderem, „Hauptziel“ | |
bei der Klage gegen Greenpeace sei nicht nur die finanzielle Entschädigung. | |
Er wolle damit auch „ein Signal senden“. | |
Die knapp 1900 Kilometer lange Dakota Access Pipeline war 2017 in Betrieb | |
genommen worden. Es geht in dem Fall um die Pipeline Dakota Access, die von | |
Ölfeldern im Bundesstaat North Dakota an der Nordgrenze der USA bis zu | |
Verteilzentren im Bundesstaat Illinois im Mittleren Westen verläuft. Sie | |
ist seit 2017 in Betrieb. US-Präsident Donald Trump hatte in seiner ersten | |
Amtszeit grünes Licht für die Inbetriebnahme der Pipeline gegeben. Unter | |
seinem Vorgänger Barack Obama hatte das Projekt auf Eis gelegen. | |
Der Stamm der Standing Rock Sioux und der Nachbarstamm der Cheyenne River | |
Sioux, die in dem Gebiet heilige Stätten haben, waren juristisch gegen die | |
Pipeline vorgegangen. Sie prangerten nicht nur eine Entweihung des Landes | |
an, [2][sondern befürchteten zudem, dass Trinkwasser durch Lecks an der | |
Leitung verseucht werden könnte]. Die Pipeline führt unter anderem durch | |
einen See. | |
ET ging indes weiter gegen die NGO vor, die nach eigenen Angaben bei den | |
Protesten nur eine untergeordnete Rolle spielte. Ursprünglich verklagte ET | |
Greenpeace auf 300 Millionen Dollar Schadenersatz, scheiterte damit aber | |
vor einem Bundesgericht. Dann verlagerte das Unternehmen sein juristisches | |
Vorgehen auf die Gerichte des Bundesstaates North Dakota – einem der | |
wenigen US-Bundesstaaten, in denen es keinen Schutz gegen so genannte | |
„strategische Klagen gegen die Öffentlichkeit“ (Slapp) gibt. | |
## Urteil wird Proteste beeinflussen | |
Nach Einschätzung des Rechtsexperten Michael Burger von der Columbia | |
University können Klagen dieser Art den „Effekt haben, rechtmäßige Proteste | |
zu unterdrücken und von freier Meinungsäußerung abzuhalten“. Sie sollten | |
daher einer strengeren Prüfung unterzogen werden, sagte er der AFP. | |
Der ebenfalls an der Columbia University lehrende Umweltrechtsexperte | |
Michael Gerrard hält Auswirkungen des Urteils gegen die NGO auf ähnlich | |
geführte Klimaproteste für möglich. „Dieses Urteil wird Proteste | |
herunterfahren, die fossile Brennstoff-Projekte gewaltsam blockieren“, | |
sagte er der AFP. „Friedliche“ Proteste hingegen sollten aus seiner Sicht | |
von dem Urteil unbeeinträchtigt bleiben. | |
20 Mar 2025 | |
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