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# taz.de -- Kampf gegen Gentrifizierung: Groko soll Mieter schützen
> Ein parteiübergreifendes Bündnis aus Mieterbewegung und Stadträten
> fordert von der künftigen Bundesregierung Maßnahmen gegen Verdrängung.
Bild: Jahrelang protestierten Aktivist:innen in Berlin gegen Gentrifizierung, j…
Berlin taz | „Die Eigenbedarfskündigung hat mich in existenzielle Not
geworfen“, berichtet Sebastian von [1][der Initiative Pankow gegen
Verdrängung]. Zunächst habe er gedacht, das könne nicht sein, als die
Eigenbedarfskündigung für die Wohnung in Prenzlauer Berg, in der er seit
Jahrzehnten lebt, bei ihm reinflatterte. Doch auch sein Anwalt sagt, er
solle sich nicht allzu viele Hoffnungen machen „Das fühlte sich an wie ein
Schlag ins Gesicht“, sagt Sebastian.
Eigenbedarfskündigungen wie die von Sebastian stehen oft am Ende eines
Verwertungsprozesses, der mit der Aufteilung von Mietshäusern in einzelne
Eigentumswohnungen beginnt. Ende des Jahres läuft das 2021 auf Bundesebene
erlassene Umwandlungsverbot aus. Das Bündnis „Wohnungsnot stoppen“, das
bislang aus Berliner Baustadträten und mehreren Mietervereinen besteht,
fordert von der künftigen Bundesregierung umfassende Maßnahmen für den
Mieterschutz.
[2][Die Umwandlung von Mietshäusern und Eigenbedarfskündigungen hängen
dabei eng zusammen], erklärt der Pankower Baustadtrat Cornelius Bechtler
(Grüne): „Es ist Geschäftsmodell der Immobilienkonzerne.“ Einzelne
Wohnungen bringen zusammen mehr Ertrag als ganze Häuser. Sobald der Kauf
vollzogen ist, kann die neue Eigentümerin den Wert noch einmal steigern, in
dem sie die bisherigen Mieter:innen per Eigenbedarfskündigung rauswirft.
Dafür reicht meist eine kurze Begründung, zum Beispiel, dass ein Neffe der
Eigentümerin die Wohnung benötigt. Doch statt des Verwandten ziehen nach
Rauswurf der Altmieter:innen in den meisten Fällen gänzlich andere
Personen ein. „Eigenbedarf wird oft vorgetäuscht, um bei Neuvermietung
höhere Miete zu kassieren“, sagt Bechtler.
## Dunkelziffer unbekannt
„Berlinweit sind vermutlich mehr als 10.000 Haushalte pro Jahr betroffen“,
schätzt Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Eine
genaue Zahl gebe es nicht, weil es aufgrund der schlechten
Erfolgsaussichten oft nicht zu einer Verhandlung kommt. „Viele nehmen die
Eigenbedarfskündigung hin oder nehmen eine Entschädigung des Vermieters
an“, sagt Bartels.
Von der Umwandlung bis zur Verdrängung dauert es oft Jahre. Die
Eigenbedarfskündigungen von heute sind das Ergebnis der Umwandlungen der
letzten Jahrzehnte. Ein Auslaufen des 2021 von CDU und SPD beschlossenen
Umwandlungsverbots könnte die Eigenbedarfskündigungen in den nächsten
Jahren deutlich erhöhen.
Der Paragraf im Baugesetzbuch ermöglicht es den Ländern, die Aufteilung von
Mehrfamilienhäusern genehmigungspflichtig zu machen. Berlin, Hamburg und
München wandten die Verordnung an, die Zahl der Umwandlungen ging deutlich
zurück.
Das im Januar gegründete Bündnis fordert daher neben der Verlängerung des
Umwandlungsverbots auch eine deutliche Verschärfung der Voraussetzungen für
Eigenbedarfskündigungen. Außerdem [3][soll das kommunale Vorkaufsrecht
wieder funktionsfähig gemacht werden].
## CDU auch mit im Boot
Beteiligt am Bündnis sind auch Parteimitglieder der zukünftigen
Koalitionäre, wie Berlin-Mittes SPD-Baustadtrat Ephraim Gothe und sein
Amtskollege von Charlottenburg-Wilmersdorf, Christoph Brzezinski (CDU).
Letzterer plädiert dafür, parteipolitische Differenzen zu überwinden. „Wir
haben eine dramatische Wohnungslage“, sagt er.
In den kommenden Monaten plant das Bündnis zu expandieren. „Wir wollen in
die Kieze reingehen“, sagt Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian
Schmidt (Grüne). Bislang seien Eigenbedarfskündigungen ein sehr
individualisiertes Thema, mit dem sich betroffene alleine fühlen.
Initiativen wie Pankow gegen Verdrängung sind da ein gutes Beispiel für
Vernetzungen.
Auch die Vernetzung mit anderen Städten läuft bereits an. Mit dabei sind
bereits Dependenzen des Mietervereins aus Hamburg und München, etliche
Kommunalpolitiker:innen hätten bereits Interesse angemeldet. „In
Berlin ist die Lage sehr dramatisch, in anderen Städten aber auch“, sagt
Baustadtrat Schmidt.
17 Mar 2025
## LINKS
[1] /Sozialer-Wohnraum-in-Pankow-in-Gefahr/!6020871
[2] /Umwandlungsverbot-erhalten/!6014758
[3] /Kein-Schutz-vor-Verdraengung/!6057028
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Koalitionsverhandlungen
Mieterschutz
Vorkaufsrecht
Hamburg
Vorkaufsrecht
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Umwandlungsverordnung
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