Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ahmad Mansour und die CDU Berlin: Fragwürdige Auswahl
> In eine Kommission, die einen soll, setzt die CDU jemanden, der spaltet.
> Das passt im ersten Moment nicht zusammen. Auf den zweiten Blick dann
> schon.
Bild: Problematische Ansichten: Ahmad Mansour
Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es nicht zum Besten bestellt,
auch nicht in Berlin. Das ist selbst CDU-Senatschef Kai Wegner bewusst, der
am Donnerstag im Abgeordnetenhaus unter Applaus erklärte: Gehe die Achtung
der Menschenwürde und gegenseitiger Respekt verloren, „dann verliert
Berlin, dann verlieren wir alle“.
Anlass seiner Worte war die [1][Einsetzung einer neuen Enquete-Kommission,
die es nun richten soll]. Ihr Titel: „Für gesellschaftlichen Zusammenhalt,
gegen Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jede Form von
Diskriminierung“. Die steht so ähnlich schon im vor fast zwei Jahren
unterzeichneten Koalitionsvertrag von CDU und SPD. Aber gut Ding will Weile
haben? Nun ja.
Das Gremium hat 24 Mitglieder, Parlamentarier:innen und Externe,
entsandt von (fast) allen Fraktionen. Nur die zwei Mitglieder, die die AfD
stellen wollte, fielen bei der Wahl im Abgeordnetenhaus durch – und das zu
Recht. Aber auch die CDU-Fraktion hätte sich besser einen ihrer „Experten“
gespart. Die Rede ist von Ahmad Mansour.
Ausgerechnet der polarisierende Autor Mansour ist jetzt gefragt, wenn es um
gesellschaftlichen Zusammenhalt und jede Form von Diskriminierung geht.
Ernsthaft? Sollten die Mitglieder dieser Kommission nicht auch für genau
das stehen: für Zusammenhalt statt Spaltung? Die Auswahl der CDU passt hier
im ersten Moment nicht zusammen. Auf den zweiten Blick dann schon.
## People of Color als Kronzeug:innen der CDU
Die CDU hat in den vergangenen Jahren nur selten eine Möglichkeit
ausgelassen, Menschen auszugrenzen, die nicht weiß sind. Die sogenannten
Kopftuch-Debatten, [2][das Fabulieren über „kleine Paschas“], jüngst der
Versuch, zusammen mit der AfD die ohnehin schon repressive deutsche
Migrationspolitik weiter zu verschärfen: Das Signal ist stets das gleiche:
„Ihr seid hier nicht willkommen.“
Wenn es um den vermeintlich repressiven Background muslimischer Communities
geht, beruft sich die Union dabei gern auf People of Color wie die
Soziologin Necla Kelek, die Juristin Seyran Ateş oder [3][Güner Balci, die
Integrationsbeauftragte von Berlin-Neukölln]. Mit ihnen wird argumentiert:
„Schaut mal, die wissen, wovon sie reden, und bestätigen, was wir denken
und sagen.“
Genau zu dieser Gruppe von „Kronzeug:innen“ gehört auch Ahmad Mansour. Der
selbsternannte Islamexperte (ohne tatsächliche Expertise) fällt durch
Aussagen auf, die Friedrich Merz nicht abwertender über die Lippen gehen
könnten. Etwa: [4][„Der Islam hat sich noch nie in eine andere Kultur
integriert und wird es auch nicht in Europa.“]
Natürlich müssen sich Merz' Parteifreund:innen in Berlin dann auch die
Frage gefallen lassen, weshalb sie wie Mansour mit einem dermaßen
geschlossenen Weltbild in eine Kommission entsenden, die ergebnisoffen
arbeiten soll.
## Fatale Herangehensweisen bei der Problemdiskussion
An dieser Stelle sei klargestellt, dass Probleme in muslimischen
Communities selbstverständlich kritisiert werden sollen. Mehr noch:
Patriarchale, queerfeindliche, antisemitische und anderweitig
menschenfeindliche Einstellungen müssen mit aller Kraft und überall
bekämpft werden.
So hat auch die US-amerikanische Schriftstellerin und Aktivistin Audre
Lorde darauf aufmerksam gemacht, dass die Benennung von Gewalt von
Schwarzen Männern gegen Schwarze Frauen eine Aufgabe der Schwarzen
Community ist. Wenn sie es nicht tut, machen es die Rechten und dann aus
den falschen Gründen. Nämlich, um ihren Rassismus zu legitimieren.
Das gilt auch für die Probleme in muslimischen Communities. Wir müssen
damit aufhören, diese Probleme entweder [5][in einem
rassistisch-pauschalisierenden Ton zu kritisieren, wie es Mansour tut],
oder sie aus Furcht vor dem Vorwurf des antimuslimischen Rassismus komplett
auszublenden. Beides ist fatal.
Vielmehr müssen die Probleme erkannt und respektvoll ernst genommen werden,
inklusive der Erkenntnis, dass das Lösen dieser Probleme People of Color
selbst weiterbringt und stärkt. Der Antigewalt- und
Antidiskriminierungsbereich LesMigraS der Lesbenberatung Berlin macht das
ebenso wie Gladt, ein Verein für LGBTIQ* of Color. Deren Expert:innen
wurden von der CDU überraschenderweise nicht in die Enquete-Kommission
eingeladen. Woran das wohl liegen mag.
1 Mar 2025
## LINKS
[1] /Debatte-im-Berliner-Abgeordnetenhaus/!6068834
[2] /Debatte-ueber-Staatsbuergerschaft/!6058716
[3] /Neukoellns-neue-Integrationsbeauftragte/!5699981
[4] /Rassistische-Aussagen-von-Minderheiten/!5793120
[5] https://www.fr.de/kultur/tv-kino/ahmad-mansour-nuetzlicher-gehilfe-des-rech…
## AUTOREN
Raweel Nasir
## TAGS
CDU Berlin
Zivilgesellschaft
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Ahmad Mansour
Wochenkommentar
antimuslimischer Rassismus
Abgeordnetenhaus
Kriminalität
Raed Saleh
## ARTIKEL ZUM THEMA
Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus: Alles nur ein schwarz-rotes Ablenkungsman…
Die Grünen trauen der am Donnerstag vom Landesparlament eingesetzten
Enquete-Kommission nicht ganz.
Nahost-Konflikt in Berlin: Zahl der Straftaten explodiert
Aktuelle Daten der Innenverwaltung zeigen eine deutliche Zunahme bei
politisch motivierter Kriminalität. Grüne sehen den Senat in der
Verantwortung.
Finanzierung von Präventionsprojekten: Friede, Freude, Prävention
SPD-Chef Raed Saleh verkündet das Ende des Koalitionsstreits über Projekte
gegen Antisemitismus. Die CDU sagt, sie habe nie etwas infrage gestellt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.