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# taz.de -- Atomkraft in der Ukraine: Kyjiw kauft Reaktoren aus zweiter Hand
> Im Chmelnizki soll das größte Atomkraftwerk Europas entstehen – mit zwei
> Reaktoren aus Bulgarien. Experten warnen vor technischen
> Herausforderungen.
Bild: Pressekonferrez von und mit Wolodymyr Selenskyj auf dem Gelände des Atom…
Kiew taz | Im ukrainischen Chmelnizki soll künftig das größte Atomkraftwerk
Europas stehen. Ende vergangener Woche kündigte der ukrainische Präsident
Wolodymyr Selenskyj an, dort vier weitere Blöcke am Kernkraftwerk in
Betrieb zu nehmen. Chmelnizki liegt etwa auf halber Strecke zwischen Kyjiw
und Lwiw. Sollte dieses Vorhaben umgesetzt werden, wäre das Kraftwerk mit
insgesamt sechs Reaktoren das größte in Europa.
Bereits am Dienstag genehmigte das ukrainische Parlament den Kauf von zwei
Reaktoren sowjetischer Bauart aus Bulgarien für insgesamt 600 Millionen
Euro. Selenskyj betonte auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag,
dass der Ausbau des Kernkraftwerks nicht nur die Energiesicherheit der
Ukraine, sondern der gesamten europäischen Region stärken werde. „Wir
bereiten derzeit ein Erweiterungsprojekt für unser Kernkraftwerk Chmelnizki
vor, das unter Einbindung amerikanischer Unternehmen, insbesondere der
Firma Westinghouse, realisiert wird. [1][Dieses Projekt wird die
Energiesicherheit nicht nur der Ukraine, sondern der gesamten europäischen
Region erheblich stärken]“, erklärte er laut Interfax-Ukraine und
Censor.net.
Derzeit sind im AKW Chmelnizki zwei Reaktoren am Netz, der erste seit 1987,
der zweite seit 2004. Nach der Katastrophe von Tschernobyl wurde der
geplante Bau von zwei weiteren Reaktoren zunächst auf Eis gelegt. Dabei war
der Bau von Block 3 zu 80 Prozent fertig, der von Block 4 zu 25 Prozent.
Nun will man Block 3 und 4 zu Ende bauen und dabei die beiden bulgarischen
Reaktoren einsetzen. Beide Blöcke sind mit WWER-1000-Reaktoren
ausgestattet, also Druckwasserreaktoren sowjetischer beziehungsweise
russischer Bauart, und haben eine Gesamtkapazität von 2.000 Megawatt.
Doch ihr Einsatz ist umstritten. Es mache keinen Sinn, sie während des
Krieges fertigzustellen, zitiert das Portal espreso.tv die ukrainische
Atomwissenschaftlerin Olga Koscharna. Auch bei Ecodia, der größten
ukrainischen Umweltorganisation, hat man Bedenken gegen die
„Second-Hand“-Reaktoren. „Die Reaktoren aus Belene vom Typ WWER-1000/B-46…
weichen technisch von den ursprünglich vorgesehenen Parametern der
Reaktoren 3 und 4 des Kernkraftwerks Chmelnizki vom Typ WWER-1000/B-320
ab“, sagt Artem Kolesnyk von Ecodia. „Diese Unterschiede erfordern
möglicherweise umfassende Modifikationen, um die Reaktoren in die bereits
in den 1980er Jahren geplante Infrastruktur zu integrieren“, so Kolesnyk.
## Schwieriger Bau in Zeiten des Krieges
Der bulgarische Atomwissenschaftler Gueorgui Kastchiev äußerte im Gespräch
mit der taz ebenfalls Bedenken angesichts dieses Deals. Der Physiker
arbeitete lange Jahre für bulgarische Atomkraftwerke und -behörden und
kennt die Reaktoren gut. Die Konstruktion des AKW Belene, in dem diese
beiden Reaktoren hätten eingesetzt werden sollen, unterscheide sich von der
Konstruktion der Bauten in Chmelnizki, sagt Kastchiev. Dies bedeute, dass
schwierige Anpassungsarbeiten an die aus Bulgarien zu liefernden Reaktoren
bevorstünden. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie man unter den Bedingungen
eines Krieges ein AKW bauen und ans Netz anschließen kann“, so Kastchiev.
Die dabei drohenden Gefahren wurden in der Nacht vor der Münchner
Sicherheitskonferenz deutlich, als eine laut ukrainischen Medien russische
Drohne den Sarkophag von Tschernobyl traf. Laut Präsident Selenskyj trug
sie 50 Kilogramm Sprengstoff mit sich.
[2][Inzwischen wurden drei Brandherde festgestellt, die dringend gelöscht
werden müssen, berichtet das Portal tsn.ua]. Laut der Behörde für die
Verwaltung der Sperrzone arbeiten zwei Teams aus jeweils vier Personen an
der Brandbekämpfung. Ein weiteres Team versucht, Teile der
Schutzkonstruktionen zu öffnen, um die Glutnester zu löschen.
17 Feb 2025
## LINKS
[1] /Mit-Unterstuetzung-von-US-Firmen/!6003173
[2] https://tsn.ua/ru/ukrayina/novye-dannye-o-sostoyanii-chaes-posle-rossiyskoy…
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
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Klima
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