| # taz.de -- „La Tour de Glace“ auf der Berlinale: Wunsch und Wirklichkeit | |
| > „La Tour de Glace“ handelt von der Faszination einer jungen Waise für | |
| > eine Schauspielerin. Lucile Hadžihalilović inszeniert damit eine | |
| > Märchenwelt. | |
| Bild: Lichtblick in einem rätselhaften Werk: Marion Cotillard in „La Tour de… | |
| Natürlich gibt es sie: Filme, in denen kaum etwas geschieht, gesprochene | |
| Worte selten sind und doch eine seltsame Faszination ausüben. Ihre Wirkung | |
| ist oft umso größer, weil sich schwer fassen lässt, was sie so anziehend | |
| macht. „La Tour de Glace“ von Lucile Hadžihalilović hätte ein solcher Fi… | |
| sein können. | |
| Das in den Siebzigern angesiedelte Drama folgt der jungen Jeanne (Clara | |
| Pacini), die in einem kargen Waisenhaus in den französischen Bergen lebt. | |
| Eingeschneit und abgeschnitten vom Rest der Welt, zieht es die 15-Jährige | |
| jedoch in die Stadt. Viel mehr gibt der Film über seine Protagonistin lange | |
| nicht preis. | |
| Lediglich ihre Begeisterung für das Märchen „Die Schneekönigin“, das sie | |
| regelmäßig einem anderen Mädchen im Heim vorliest, wird gleich zu Beginn | |
| angedeutet. Da trifft es sich natürlich, dass Jeanne, als sie schließlich | |
| Reißaus nimmt, ausgerechnet in einem Filmstudio Unterschlupf findet, in dem | |
| [1][das Werk von Hans Christian Andersen] gerade verfilmt wird. | |
| In „La Tour de Glace“ verschwimmen jedoch immer wieder die Grenzen zwischen | |
| Realität und Fiktion, Fantasie und Wirklichkeit. Daher ist es durchaus | |
| möglich, dass Jeanne die Stadt eigentlich nie erreichte und sich das | |
| Folgende nur in ihrem Kopf abspielt, nachdem sie beim Abstieg ins Tal | |
| verunglückt und am Kopf verletzt ist. Oder vielleicht ist alles nur ein | |
| großer Traum. Die surreale Aura des Films, getragen von einem | |
| kontemplativen Klangteppich und weltentrückten Bildern, legt diese Lesart | |
| des Geschehens jedenfalls nahe. | |
| Wobei von „Geschehen“ nur schwer die Rede sein kann. Jeanne wird zwar rasch | |
| von der divenhaften Hauptdarstellerin Cristina (Marion Cotillard) in den | |
| Bann gezogen, schleicht sich als Statistin ein und erhält im Gegenzug für | |
| ihre Bewunderung ein wenig Aufmerksamkeit von der Schauspielerin. | |
| Doch die Natur von Jeannes Faszination bleibt ebenso vage wie die Motive | |
| hinter Cristinas vorübergehendem Interesse an der 15-Jährigen. | |
| Wahrscheinlich sucht die eine nach einer Mutterfigur, während die andere | |
| aus bloßer Langeweile handelt. Das klingt nicht nur abgedroschen, sondern | |
| reicht an Introspektion auch längst nicht aus, um ein echtes Interesse an | |
| den beiden Frauen zu wecken oder über eine knapp zweistündige Spielzeit zu | |
| tragen. | |
| So bleibt „La Tour de Glace“ bis zum Schluss ohne echten Höhepunkt. | |
| Faszinierend ist daran eigentlich nur, wie kunstvoll sich Leere verpacken | |
| lässt – und Marion Cotillard, die einer schalen Figur immerhin eine gewisse | |
| Präsenz verleiht und damit ein ganz ähnliches Kunststück vollbringt. | |
| 17 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Arabella Wintermayr | |
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