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# taz.de -- SPD und BSW unter Druck: Mehr Neukölln in Brandenburg
> Wie stabil ist die Koalition in Potsdam? Gäbe es Neuwahlen, könnte die
> AfD stärkste Kraft werden. SPD und BSW müssen nun den Haushalt
> verabschieden.
Bild: Hier helfen wohl keiner Haustürgespräche: Blaue Wahlkampfzelte vor dem …
Berlin taz | Sie sehen sich schon als Sieger. Bei der Pressekonferenz zum
Ausgang der Bundestagswahl gab Brandenburgs AfD-Chef René Springer einer
Schulklasse Autogramme. Rechtsextremismus als Popkultur.
Bei der Bundestagswahl am Sonntag bekam die AfD 32,5 Prozent, das ist fast
jede dritte Stimme. Zuvor hatte sie die U-18 Wahl in der Mark – anders als
in Berlin – mit 35,6 Prozent klar gewonnen. „Die Jagdsaison ist eröffnet�…
lautete später Springers bundespolitisches Statement. Für die Landespolitik
in Brandenburg lautet es: Wir fordern Neuwahlen.
Erst im vergangenen Dezember hatten sich die SPD von Dietmar Woidke und das
Brandenburger BSW zu einer Koalition zusammengerauft. Sie hat nur eine
hauchdünne Mehrheit von zwei Stimmen. Wird diese Mehrheit halten?
Brandenburgs BSW-Landeschef und Finanzminister Robert Crumbach erwartet
„überhaupt keine“ negativen Folgen für die Koalition mit der SPD. „Unser
Auftrag ist, das Land gut zu regieren, das werden wir machen.“
Ruhig bleiben war auch die Devise des kommissarischen SPD-Generalsekretärs
Kurt Fischer. „Wir machen unseren Job für Brandenburg – und das
Bundestagswahlergebnis ist ein Bundestagswahlergebnis“, sagte er.
## Linke macht mobil
Ganz so zur Tagesordnung übergehen dürfte allerdings schwierig werden. Denn
auf selbige kommt in Brandenburg in kürze ein Thema, das bis zur Wahl immer
wieder hinausgezögert worden war: die Aufstellung des Doppelhaushalts
2025/2026. Die Linke, die am Sonntag in Brandenburg mit 10,7 Prozent zum
BSW aufschloss, hat bereits angekündigt, gegen mögliche Sparmaßnahmen auf
die Straße zu gehen. „Ich gebe dem BSW nicht mehr lange“, sagte Linken-Chef
Sebastian Walter.
Martina Weyrauch, die am 31. Januar aus dem Amt geschiedene ehemalige
Chefin der [1][Landeszentrale für politische Bildung], glaubt aber nicht,
dass es in Brandenburg bald zu Neuwahlen kommt. „Dann wäre die AfD wohl
stärkste Partei“, fürchtet sie. Auch Weyrauch ist der Meinung, dass das
Ergebnis vom Sonntag „hundert pro“ ein bundespolitisches Ergebnis war. „D…
war eine Wahl gegen Olaf Scholz und nicht gegen Dietmar Woidke.“
Dennoch fürchtet Weyrauch, dass der Aufstieg der AfD in Brandenburg noch
nicht zu Ende ist. „Viele Menschen fühlen sich überfordert, sie wollen
nicht noch einmal eine Traumatisierung wie in den Neunzigerjahren
erfahren“, sagt sie. Die wichtigste Aufgabe sei deshalb, den Menschen
zuzuhören. „Wir haben die Menschen rechts der Mitte an die sozialen Medien
verloren, da erreichen wir sie nicht mehr.“ Deshalb müsse man Räume
schaffen, wo sie ihre Sorgen loswerden können.
[2][Die Haustürgespräche, mit denen der Linken-Kandidat Ferat Koçak
Neukölln gewonn]en hat, hält Weyrauch deshalb für ein „Supermittel“. „…
das darf nicht nur im Wahlkampf stattfinden.“ Und es müsse einen
geschützten Raum gebe, „wo jeder seine Meinung sagen kann, ohne dass das
bewertet wird“.
Kümmern also, auch wenn das in einem Flächenland deutlich schwieriger ist
als in einem Stadtstaat wie Berlin oder in Neukölln, wo Koçak für seinen
Haustürwahlkampf tausend Freiwillige mobilisiert hat. Und viele der
AfD-Wähler wollen vielleicht auch nicht mehr erreicht werden.
Auf dieses Paradox hat nach der Wahl der Soziologe Steffen Mau hingewiesen.
„Es gibt Teile der Gesellschaft, die sind veränderungserschöpft“, sagte er
im [3][Interview im Podcast von Zeit-Online]. „Die wählen nun relativ stark
auch disruptive Parteien, die einen Bruch mit dem gegenwärtigen System in
Aussicht stellen.“ Maus Erklärung: „Wenn der Druck und der Frust und die
Unzufriedenheit zu groß werden, hat man häufig das Gefühl, man braucht
einen Befreiungsschlag. Dann greift man nach diesem Anker, weil die Mühen
der Ebene zu zumutungsreich erscheinen.“
Im Vergleich mit anderen Bundesländern im Osten steht Brandenburg
allerdings etwas weniger schlecht da. In Mecklenburg-Vorpommern erzielte
die AfD 35 Prozent der Zweitstimmen, in Sachsen-Anhalt 37,1, in Sachsen
37,3 und in Thüringen 38,6 Prozent. Während die meisten Flächenländer in
Ostdeutschland Abwanderungsregionen sind, wächst Brandenburg, auch dank des
Zuzugs aus Berlin. Gelingt es der Landesregierung, die Wirtschaft zu
stabilisieren und die Infrastruktur nicht kaputtzusparen, sind die
Voraussetzungen in Brandenburg vielleicht gegeben, das Land zu
stabilisieren.
Die Frage ist allerdings, ob auch das BSW stabil bleibt. [4][Im Interview
mit dem Tagesspiegel räumt Robert Crumbach ein], dass sein Landesverband
womöglich auch außenpolitische Aufgaben der Bundespartei übernehmen muss.
„Sicher, es wird auf Brandenburg etwas mehr geschaut werden in den nächsten
vier Jahren als es bei einem Einzug in den Bundestag der Fall wäre“, sagte
er auf eine entsprechende Frage. Crumbach betonte aber auch: „Wir arbeiten
in erster Linie für Brandenburg. Und wir werden da nicht andere Ziele
mitverfolgen.“
Auch Crumbach hat kein Interesse an Neuwahlen. Und er muss seine Fraktion
zusammenhalten. Würde sie zerfallen, könnte das zwar das Aus für Rot-Lila
bedeuten, aber nicht unbedingt eine Neuwahl. Wechseln BSW-Abgeordnete zur
SPD oder zur CDU, wäre auch in Brandenburg – wie voraussichtlich im Bund –
eine Koalition zwischen SPD und CDU möglich.
Dann hätte die AfD zu früh gejubelt.
25 Feb 2025
## LINKS
[1] https://www.politische-bildung-brandenburg.de/
[2] /Wahlkampfkampagne-fuer-Linken-Kandidaten/!6065601
[3] https://www.youtube.com/watch?v=UAdRohv7ykY
[4] https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/brandenburgs-bsw-chef-rober…
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Landtag Brandenburg
Dietmar Woidke
Schwerpunkt AfD
BSW
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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