# taz.de -- Massaker vom 7. Oktober: Fragwürdige Erinnerungskultur | |
> Das Grauen vom 7. Oktober soll in Israel künftig Schmini-Azeret-Massaker | |
> genannt werden. Das findet die Bevölkerung allerdings nicht gut. | |
Bild: Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu während einer Pres… | |
Die Knesset hat ein neues Gesetz verabschiedet, das die Leugnung des | |
Massakers vom 7. Oktober 2023 in Israel mit einer Haftstrafe von fünf | |
Jahren belegt. | |
Mit der Gesetzesinitiative ist eine neue Nomenklatur verbunden. Das | |
Massaker soll nun Schmini-Azeret-Massaker heißen. Benannt nach dem Datum | |
des jüdischen Kalenders, an dem die Lesung des Torazyklus endet. Simcha | |
Rothman, einer der Architekten der [1][umstrittenen Justizreform], sitzt | |
dem zuständigen Knesset-Komitee vor. Er begründet die Umbenennung damit, | |
dass die Hamas bei der Ausübung des Massakers den jüdischen Kalender vor | |
Augen gehabt habe. | |
Man fragt sich, warum sich ein hochrangiges Regierungskomitee mit der | |
Umbenennung des Massakers befasst, während man es bislang nicht vermochte, | |
eine Untersuchungskommission zu dessen Aufarbeitung zu schaffen. | |
Argumentiert wird damit, dass es schon bald nach dem 7. Oktober zu dessen | |
Verharmlosung und Leugnung kam. Das ist sicher richtig, hat aber wenig mit | |
der israelischen Erinnerungslandschaft zu tun. Der erinnerungspolitische | |
Sinn erschließt sich, wenn man die parallel stattfindenden Versuche von | |
Premierminister Benjamin Netanjahu bedenkt, den Gazakrieg als „war of | |
revival“ zu vermarkten. | |
Die Memorialstruktur der Benennungen orientiert sich an der aus dem | |
israelischen Kalender bekannten Abfolge von Gedenk- und Feiertagen, welche | |
eine Logik von Katastrophe zur Erneuerung vorgibt. Diese soll nun auf | |
Massaker und Krieg übertragen werden, um deren Bedeutungsgehalt zu | |
verschieben. | |
[2][Netanjahus Umfragewerte sind noch immer im Keller]. Mehr als 60 Prozent | |
der Israelis meinen, er sollte abtreten. Der 7. Oktober lastet wie ein | |
unauslöschlicher Schandfleck auf dem Renommee des Premiers. Die Benennung | |
„Schmini Azeret“ ist der Versuch, das vermeidbare Versagen von Regierung | |
und Armee ins jüdisch-israelische Gedächtnis zu überführen, in dem Massaker | |
und Krieg als [3][Ausdruck eines ewigen Antisemitismus] bewertet werden. | |
Bislang findet das in Israel wenig Anklang. Gut so, möchte man meinen. | |
4 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Michael B. Elm | |
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