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# taz.de -- AfD in Berlin-Prenzlauer Berg: Der stabile Klischee-Kiez
> Ein einziges Plakat der AfD hängt einsam in der Schönhauser Allee in
> Berlin – beschmiert ist es noch dazu. Gar nicht übel, oder?
Bild: Berlin Prenzlauer Berg im Februar: hier sind Grüne, SPD und Linkspartei …
Sie hängt so hoch, dass man eine Leiter braucht, um in ihre Nähe zu kommen
– und ist beschmiert. Von links nach rechts, von oben nach unten. Man muss
genau hinschauen, um zu erkennen, dass sich unter der weißen Farbe auf dem
Wahlplakat das Gesicht von Alice Weidel verbirgt. Unter ihrem Plakat an
einer Laterne in der Schönhauser Allee in Berlin-Prenzlauer Berg hängt eins
vom Grünen Robert Habeck und ein weiteres von MERA25. Beide blitzeblank,
ohne Schmierereien. So wie alle Wahlplakate hier frei von Zerstörungen
sind. Nur Alice Weidel ist demoliert.
Das muss schon hart sein für die AfD-Spitzenkandidatin: Weit und breit das
einzige Plakat ihrer Partei hier im Kiez – und dann darf ihr Konterfei noch
nicht einmal auf das Treiben der belebten Magistrale nach Pankow blicken.
Ja, warum auch? Sie kandidiert hier nicht, sie hat hier nichts verloren.
Ich wage zu behaupten, dass der größte Teil der Menschen in Prenzlauer Berg
das auch so sieht. Hier in dieser Ecke Ostberlins dürfte die extrem rechte
Partei am Sonntag keinen Stich machen. Hier sind Grüne, SPD und Linkspartei
stark. So war das zumindest bei den vergangenen Bundestagswahlen. Ich
rechne fest damit, dass das auch diesmal so sein wird. Selbst wenn die
Grünen ihren chancenreichen Kandidaten Stefan Gelbhaar selbst abgesägt
haben. Wegen einer – man muss es so sagen – dussligen [1][Affäre, die sich
als #MeToo-Fake herausstellte].
Und auch wenn das Portal [2][wahlkreisprognose.de] vor ein paar Tagen für
helle Aufregung gesorgt hatte, weil es den AfD-Kandidaten vor der Grünen
Julia Schneider sah, die nun statt Gelbhaar antritt. Aber die vom Portal
genommenen Stichproben aus den Wahlkreisen sind viel zu klein, um auch nur
eine annähernde Prognose zu treffen. Oder anders formuliert: Cool bleiben –
und auf Prenzlauer Berg setzen.
[3][Der Kiez – stabil]. Doch was wird sich nicht lustig gemacht über diese
Ecke: Bionade-Biedermeier-Bezirk, Scheißspießerschwabenland, Pregnancy Hill
mit seinen vielen Kindern. Aber die Kinder wurden groß und jetzt spricht
man hier mehr Englisch als Schwäbisch. Aber ein paar Klischees sind
geblieben – und nicht unberechtigt. Wer hier großzügig wohnt, besitzt nicht
selten eine Eigentumswohnung, häufig bezahlt von Mutti und Vati.
Samstagvormittag stiefelt man zum Kollwitzmarkt auf eine Curry mit
Schampus.
Aber es geht auch anders. Neulich bei dm an der Kasse. Ein junger Mann
kramt in seinem Portemonnaie und fragt: „Isch des weid bis zum nächschte
Biomarkt?“ Die Kassiererin – an beiden Armen tätowiert – schiebt die Kas…
vor ihrem Bauch zu und sagt: „Hier is Prenzlauer Berg, hier is üba all Bio.
Vaschtehste?“
21 Feb 2025
## LINKS
[1] /Gruenes-Desaster/!6061781
[2] https://www.wahlkreisprognose.de/
[3] /Ode-an-Prenzlauer-Berg/!5802175
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Kolumne 90 Zeilen Herz
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Berlin
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