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# taz.de -- Wahlkampf auf Tiktok: Die Tasse Kaffee und die Politik
> Franziska Giffey ist neuerdings auf Tiktok – und singt Playback zu Helene
> Fischer. Im Gegensatz zu anderen Politiker*innen kriegt sie damit
> sogar Klicks.
Bild: ....und das Glas Wein: Franziska Giffey posiert gerne mit Getränken
Es sind schwierige Zeiten im Internet für Menschen, die Kaffee nicht mögen
oder Wein oder Helene Fischer. Fischers Song „Schau mal herein“ – zusammen
mit ihrem Ex Florian Silbereisen – wird als „Überraschungshit“ gefeiert,
dabei war schon Bernd Clüvers und Marion Maerz' Version in den Siebzigern
ein Erfolg. Und basierte wiederum auf Suzi Quatros und Chris Normans Hit
„Stumblin' In“.
Vor allem gibt es einen – auch nicht mehr ganz neuen – Tiktok-Hype um den
Schlager. Und auf den ist jetzt Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska
Giffey aufgesprungen. In einem [1][Clip, gefilmt in ihrem neuen
SPD-Bürgerbüro in Rudow], bewegt sie stumm ihre Lippen zu dem Song und
„singt“, dass sie gerne „die Tasse Kaffee und auch das Glas Wein“ mit u…
trinken würde: „Schau mal herein!“
Die Kombination aus Politik und Musik ist natürlich nichts Neues. Alle
Wahlkämpfe wieder untermalen emotionalisierende Töne Partei-Spots, wehren
sich Künstler*innen gegen die Verwendung ihrer Songs durch
Politiker*innen, werden Liedtexte für Demos umgeschrieben. Der
Linken-Abgeordnete Niklas Schenker gab vergangenen Sommer [2][auf Tiktok
eine recht überzeugende Version von Ski Aggu zum Besten]. Gemeinsam mit
seiner Parteikollegin Caren Lay forderte er zur Melodie des Rap-Hits
„Deutschland“ ein Ende von Mieterhöhungen.
Die Berliner SPD-Abgeordnete Linda Vierecke wiederum erntete im vergangenen
Jahr Kritik, weil sie auf Instagram „Mein Fahrrad“ von den Prinzen sang und
die Zeilen „Jeder Popel fährt 'nen Opel“ als Autohass aufgefasst wurden.
Und erst letztes Wochenende verkündete der CDU-Direktkandidat im Wahlkreis
Mitte, Lasse Hansen, dass sein Song „Hoch die Hände, Ampel-Ende“ nun auf
allen Streaming-Plattformen zu finden sei. Vermutlich ist nicht nur das
Titelbild KI-generiert – es zeigt Ampeln ohne gelbes Licht, eine Hand mit
sechs Fingern und fahrtuntaugliche Autos. Obwohl der Text voller Reimkunst
ist („mit der CDU wird alles gut“), kann bei unter 1.000 Aufrufen noch
nicht mal die Rede von einem Meme sein.
## Rap im Bürgerbüro
Franziska Giffey spielt da in einer anderen Liga. Ihr Tiktok-Account
existiert zwar erst seit einer Woche, aber die vier bisher hochgeladenen
Videos haben insgesamt über 600.000 Aufrufe. In ihrem allerersten Post
stellt sie ein Meme von sich selbst nach: beim Berlin-Marathon 2022 mit
Startpistole und leerem Blick. Und in ihrem bislang erfolgreichsten Video
zeigt sie die Kuchenauswahl im Bürgerbüro, während im Hintergrund Musik des
deutschen Rappers Pashanim läuft.
Musik hat Überzeugungskraft, weil sie Stimmungen auslöst und im Kopf
bleibt. Bei einem höchst unpolitischen Song über Spaßgetränke ist die
Gefahr der Meinungsmanipulation natürlich gering, aber Ohrwürmer graben
sich ins Hirn. Die Wirtschaftssenatorin scheint das verstanden zu haben.
Für einen anderen TikTok-Trend war noch keine Partei wahlkampfverzweifelt
genug: Mit den Worten „Das ist mein Notfallkontakt“ posten Menschen Clips
ihrer Partner*innen, wie sie dumme, gefährliche oder einfach nur
mittelmäßig lustige Dinge tun. Etwa aus Skilifts springen, Avocados schälen
– oder eben im Wahlkampf Playback singen.
19 Feb 2025
## LINKS
[1] https://www.tiktok.com/@franziska.giffey/video/7472019540789005590
[2] https://www.tiktok.com/@caren.lay.mdb/video/7397684751781399840
## AUTOREN
Marie Gönnenwein
## TAGS
TikTok
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Helene Fischer
Social Media
Franziska Giffey
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Wahlkampf
Wochenkommentar
Kolumne Materie
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