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# taz.de -- Dresden-„Tatort“ in der ARD: 1001 nachvollziehbare Gründe, nic…
> Eine Teenager-Party, bedrogte Jugendliche und alle tatverdächtig. Wer hat
> den Mitschüler in der Dusche ermordet? Ein „Tatort“ (ARD, 20.15 Uhr) rund
> um den Lügensumpf.
Bild: Die Kommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (C…
Bei einer Hausparty findet ein Abiturient seinen Mitschüler leblos in der
Dusche. Als aber die Polizei eintrifft sind beide weg: Janusz, der
angebliche Tote, und Marlin, der ihn gefunden haben wollte. Die
Mitschüler*innen spielen die Sache runter und schieben es auf die
Drogen, die Marlin an dem Abend genommen hatte.
Am nächsten morgen ist Marlin tot, angefahren auf der Straße. Und von
Janusz fehlt jede Spur. Die Dresdner Ermittler*innen Gorniak, Winkler
und Schnabel holen sich die bedrogten Partyteens einfach mal alle direkt
aufs Revier, was zu gar nichts führt, weil niemand etwas gesehen haben
will. Klar wird nur, dass so gut wie alle auf diesen Janusz gestanden haben
– und Janusz das manipulativ ausgenutzt hat.
Wer hätte also ein Motiv? Alle? Eine ganze Party voller Jugendlicher, die
alle infrage kommen, dass sie ihren Mitschüler einerseits knutschen,
andererseits umbringen wollen? Und braucht man für ein Motiv nicht streng
genommen erst mal eine Leiche? Und warum sind diese Teenies alle so
offensichtlich am Lügen, dass man es zehn Meter vom Fernseher entfernt
gegen den Wind riechen kann?
Während die Abiklasse ihr im Verhör entgleitet, hat Ermittlerin Gorniak
(Karin Hanczewski) privat mehr Erfolg. Mit Witwer Paul (Hannes Wegener),
ihrer Bettgeschichte, wird es ernster, und beide überlegen, ihre Beziehung
offiziell zu machen. Wenn da nicht ein Problem wäre, wie es einem nur die
Krimigöttin einbrocken kann: Pauls Tochter Romy ist Teil der besagten
Abiklasse, war auf der Todesparty, und hat sehr wahrscheinlich in der
Vernehmung gelogen.
Wenn Romy lügt, ist Gorniak überzeugt, dann lügt vielleicht auch Paul, um
seine Tochter zu schützen. Wäre nach nachvollziehbar. Also fängt die
Ermittlerin an, ihren Lover anzulügen und heimlich Romys Zimmer zu
durchsuchen.
Diese Dreierkonstellation ist spannend, weil sich in ihr alle schuldig
machen, gleichzeitig aber aus bestem Gewissen zu handeln glauben. Sie hätte
fast schon einen ganzen Film tragen können. Sie gerät allerdings in diesem
Tatort etwas in den Hintergrund zum Hauptplot um die Abiklasse, deren
Beziehungsdynamiken im Vergleich ein bisschen flacher sind. Trotzdem ist
dieser Fall, der letzte Dresden-Tatort mit Karin Hanczewski als Gorniak,
ein Verhördrama mit interessanten menschlichen Zwischentönen, mit einer Art
Parabel über die süße Verlockung der Lüge (Buch: Claudia Garde und Ben von
Rönne).
Es kommt heraus, dass Janusz seine Eltern angelogen hat, aus ebenfalls
nachvollziehbaren Gründen, und dass eine Videoaufnahme kursierte, die mit
dieser Lüge zu tun hat.
Irgendwann muss in so einem Geflecht aus nachvollziehbarem Gelüge mal
irgendwer die Wahrheit sagen, auch wenn das harte persönliche Konsequenzen
hat.
Die Lüge ist menschlich, erzählt dieser Film, sie ist bequem, sie schützt,
manchmal das Ego, manchmal vor Gewalt, manchmal hilft sie, dass man bei
Verstand bleibt, manchmal, dass man geliebt wird. Ihr nutzen geht aber
selten über den Eigennutz hinaus, und ihre Wirkung ist von kurzer Dauer.
Die Wahrheit dagegen, sagt der Film, erfordert Opfer, ruiniert schöne
Momente, Träume, Zukünfte. Die Wahrheit ist eine ordnende Chaoskraft,
deswegen hassen wir sie. Obwohl wir genau wissen: am ist sie Ende nützlich
für alle, und nachhaltiger.
2 Feb 2025
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Tatort
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