# taz.de -- „Tatort“ aus Dresden: Beziehungsdrama – oder doch nicht? | |
> Eine Frau soll ihren Freund getötet haben, doch es zeigt sich: Sie ist | |
> das Opfer. Der Dresden-Tatort widmet sich schwierigen Themen in großen | |
> Bildern. | |
Bild: Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) im Dresdner Tatort „Was ihr nicht s… | |
Der Tag hätte für Sarah Monet (Deniz Orta) wirklich besser beginnen können. | |
Blutverschmiert wacht sie im Bett neben ihrem nicht minder | |
blutverschmierten Freund auf. Und besonders dramatisch: Sie hat ein Messer | |
in der Hand. Der Fall scheint also für alle Beteiligten schnell klar zu | |
sein: Sarah hat ihren Freund getötet. [1][Eine klassische Beziehungstat] | |
also. | |
Doch wie es sich für einen guten Krimi gehört, ist längst nicht alles so | |
klar, wie es auf den ersten Blick erscheint. Zum Glück gibt es da die | |
Kommissarin Leonie Winkler (Cornelia Gröschel), die hartnäckig versucht, | |
Sarahs Unschuld zu beweisen. | |
Ihre Motivation ist dabei nicht nur ihr unermüdliches Arbeitsethos, sondern | |
vielmehr eine persönliche Verbindung. Denn die tatverdächtige Sarah ist die | |
Ex-Freundin ihres inzwischen verstorbenen Bruders. Für den Abteilungsleiter | |
Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) ist das zu viel Befangenheit, | |
weswegen er sie kurzerhand vom Fall abzieht und der Kollegin Karin Gorniak | |
(Karin Hanczewski) übergibt. | |
Die ermittelt unter erschwerten Bedingungen, denn das Labor, das das Blut | |
und andere Substanzen analysiert, kommt mit der Arbeit nicht hinterher. Und | |
Sarah selbst ist bei den Ermittlungen auch keine große Hilfe, denn sie | |
scheint keinerlei Erinnerungen an die Tatnacht zu haben. Lediglich, dass | |
sie in einem Club feiern war, weiß sie noch. | |
Der Rest ist schwammig und wird den Zuschauer_innen in Form von gruseligen | |
Flashbacks vorgespielt. Visuell hat Kameramann Kaspar Kaven hier ganze | |
Arbeit geleistet; nicht umsonst gab es dafür eine Nominierung für den | |
Deutschen Kamerapreis. | |
Als dann endlich die toxikologische Untersuchung von Sarahs Blut fertig | |
ist, zeigt sich, dass sie unter Einfluss von K.-o.-Tropfen stand. Ist die | |
vermeintliche Täterin also eigentlich ein Opfer? | |
Als Sarah aus der Untersuchungshaft entlassen wird, wittert Leonie ihre | |
Chance, um ihrer Freundin auf den Zahn zu fühlen und sich ihrer Unschuld zu | |
versichern. Schnell wird klar, dass wahrscheinlich eine dritte Person die | |
Finger im Spiel hat, und dass dieses schwer zu fassende Phantom ein | |
Serientäter ist, der es auf wehrlose Frauen abgesehen hat. Damit wendet | |
sich der „Tatort“ aus der sächsischen Hauptstadt erneut den eher | |
schwierigeren und nicht so leicht zu verdauenden Themen zu. | |
## Holprig zu Beginn, aber dank Plottwist am Ende spannend | |
Was am Anfang als leicht holperiges und wenig fesselndes Drama startet, | |
gerät durch einen geschickten Plottwist zu einem spannenden | |
Katz-und-Maus-Spiel mit einem Phantom, das seine Verbrechen an Frauen so | |
subtil begeht, dass es über eine lange Zeit niemandem wirklich aufgefallen | |
ist und die Taten fast nicht nachzuweisen waren. Und wenn doch eines der | |
Opfer den Mut fasste, zur Polizei zu gehen und die diffuse Situation zu | |
schildern, dann wurde es nicht ernst genommen. | |
Der Hartnäckigkeit und ja auch die Nähe der Kommissarin zu der | |
Beschuldigten war es zu verdanken, dass doch intensivere Ermittlungen | |
stattfanden. Befangenheit kann also auch bereichern, statt nur hinderlich | |
zu sein. Das muss dann auch Leonies Chef Schnabel einsehen, und lobt die | |
Arbeit der beiden Ermittlerinnen gegenüber dem neuen Staatsanwalt Jakob | |
Klasen (Timur Işık) mit dem wunderbaren Satz: „Das sind meine besten zwei | |
Männer.“ Nun dann. Davon möchten wir gern mehr sehen! | |
5 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Almuth Müller | |
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