# taz.de -- Konzertempfehlungen für Berlin: Im Dschungel tanzen | |
> Diese Woche erweist sich das Musizieren im Kollektiv wieder einmal als | |
> vorteilhaft, sich an Frequenzen reiben hat aber auch seinen Reiz. | |
Bild: Introspektive Noise-Collagen: Claire Rousay | |
Soll man „in Zeiten wie diesen“ tanzen? Blöde Frage, zugegeben. Die | |
Antwort: „Man muss“ ist aber nicht unbedingt besser. Wer tanzen möchte, | |
sollte sich davon in jedem Fall nicht abhalten lassen. Und das geht | |
mitunter auch zu Musik, die von mehreren Menschen gleichzeitig auf der | |
Bühne hervorgebracht wird. | |
So etwas tut am Freitag das niederländische Kollektiv Jungle By Night, das | |
sich zu diesem Zweck im Gretchen einfinden wird. Die aktuell sieben Köpfe | |
starke Band gibt es schon seit 15 Jahren, sie haben während dieser Zeit von | |
Krautrock über Afrobeat und Disco bis zu Jazz allerlei Einflüsse | |
aufgenommen und verarbeitet und daraus ihren eigenen Groove gemacht, bei | |
dem Synthesizer genauso wichtig sind wie Bläser. Und um auf die Frage vom | |
Anfang zurückzukommen: Wer hingeht, muss tanzen (31. 1., 19 Uhr, | |
[1][Gretchen], 33 Euro). | |
Dafür kann man sich am Sonnabend in der Volksbühne von den Klängen eher | |
innen bewegen lassen. [2][Das CTM Festival geht so langsam seinem Abschluss | |
entgegen], und eine sehr passende Begegnung verspricht das gemeinsame | |
Konzert von Ellen Arkbro und Microtub um 21 Uhr. | |
Letztere sind das Trio Robin Hayward, Peder Simonsen und Martin Taxt, alle | |
drei spielen mikrotonale Tuben. Langgehaltene Töne sind ihre Spezialität, | |
und da treffen sie sich mit der Komponistin Ellen Arkbro, ebenso wie bei | |
der Vorliebe für reine Stimmungen, grob gesagt Töne aus der Obertonreihe. | |
Arkbro hat für den Abend zwei neue Stücke geschrieben, „Clouds for Three | |
Tubas“ und „Chords for Trumpet“. | |
Wer jetzt womöglich an Drones denkt, liegt nicht völlig falsch. Doch die | |
Frequenzen, die zu erwarten sind, haben so viel innere Reibung, dass es | |
einem selbst mit sehr langen Tönen nicht lang werden dürfte. | |
Andere Reibung erzeugen anschließend die Gitarristinnen Claire Rousay und | |
Martyna Basta bei ihrem gemeinsamen Auftritt. Introspektive Noise-Collagen | |
und nicht minder introspektives Songwriting treffen dabei aufeinander. Eine | |
leicht sinistre Neigung, wie sie beim Festival ohnehin eher tonangebend | |
ist, sorgt dann für einen Ausklang passend zu „Zeiten wie diesen“ | |
([3][Volksbühne], 1. 2., 22.15 Uhr, 30 Euro). | |
Damit niemand sich hinterher beschwert, hier gäbe es Altersdiskriminierung: | |
Am Sonntag begeht [4][der Pianist Ulrich Gumpert] im Industriesalon | |
Schöneweide das Konzert „Uli Gumpert 80: Ulrich Gumpert Quartett“. Der | |
Musiker wurde zwar schon eine Woche vorher 80 Jahre alt, aber das ist kein | |
Grund, das runde Jubiläum noch einmal öffentlich nachzuholen. | |
Ulrich Gumpert gehörte in der DDR zu den Musikern, die auch im Westen | |
spielen durften, was zu einer Beobachtung durch die Stasi führte. | |
Ungeachtet dessen konnte Gumpert, der auch viele Filmmusiken schrieb, einen | |
eigenen Stil entwickeln, in dem Tradition und Free Jazz, Komponistin und | |
Improvisation friedlich koexistieren. | |
Zu seinem Quartett gehören der Saxofonist Matthias Schubert, Bassist Jan | |
Roder und der Schlagzeuger Michael Griener. Ein Grund zum Feiern | |
(Industriesalon Schöneweide, 2. 2., 15.30 Uhr, Tickets für 10/7 Euro im | |
VVK, an der Tageskasse 15/10 Euro [5][gibt es hier]) | |
31 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.gretchen-club.de/detail.php?id=2920 | |
[2] https://www.ctm-festival.de/festival-2025/welcome | |
[3] https://www.volksbuehne.berlin/#/de/veranstaltungen/ctm-festival-claire-rou… | |
[4] /Jazz-in-der-DDR/!5947506 | |
[5] https://www.jazzkeller69.de | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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