# taz.de -- Austritt bei den Grünen: Seitenwechsel in Berlin-Mitte | |
> Ein bislang engagierter Vorkämpfer der Verkehrswende der Grünen in der | |
> BVV Mitte macht rüber zu den CDU-Autofreunden. Die sind restlos | |
> begeistert. | |
Bild: CDU-Kreischef Sven Rissmann, Neumitglied Hendrik Böckermann und CDU-Frak… | |
Berlin taz | Die Grünen in Mitte kommen nicht zur Ruhe. Am Montagabend | |
erklärte ihr verkehrspolitischer Sprecher in der BVV-Fraktion, Hendrik | |
Böckermann, mit sofortiger Wirkung die Grünen zu verlassen. Seine neue | |
politische Wunschheimat: die CDU. Die Union hieß ihn umgehend „herzlich | |
willkommen“ in ihrer Fraktion und dankte ihm „für seinen couragierten | |
Schritt“. | |
Es ist bereits der zweite Abgang bei den Bezirks-Grünen innerhalb weniger | |
Wochen. Erst im Januar war Fraktionschef:in Shirin Kreße nach | |
mutmaßlichen Falschaussagen in der Affäre um den Bundestagsabgeordneten | |
Stefan Gelbhaar [1][aus der Partei ausgetreten und hatte ihr BVV-Mandat | |
niedergelegt]. | |
Anders als Kreße hat Böckermann bereits deutlich gemacht, dass er sein | |
Mandat behalten will. Und bei der Gelegenheit auch gleich mit seiner | |
Ex-Partei abgerechnet. Nach „langer Überlegung“ sei er zu dem Schluss | |
gekommen, „dass den Grünen zu viel Ideologie und innerparteiliche Kämpfe im | |
Weg stehen“, begründete Böckermann seinen Schritt. | |
Nicht zuletzt in der Verkehrspolitik erkenne er „im pragmatischen Handeln | |
der CDU“ für sich „richtige Ansätze, die meinen Überzeugungen entspreche… | |
Explizit verwies Böckermann darauf, dass „die grüne Haltung“ zur – 2023… | |
allem von der CDU wieder abgeräumten – [2][Verkehrsberuhigung der | |
Friedrichstraße] „keine Verbesserungen für Fußgänger oder Fahrradfahrer“ | |
gebracht habe. | |
## Vom gemäßigten Realo zum CDU-Mann | |
Gleiches gelte für die grüne Ablehnung eines Weiterbaus der Stadtautobahn | |
A100 über Treptow hinaus Richtung Prenzlauer Berg oder den Widerstand gegen | |
den Bau der [3][Betonschneise „Tangentiale Verbindung Ost“] durch die | |
Wuhlheide im Osten Berlins. Auch hier helfe Anti-Haltung weder | |
Fußgänger:innen noch Radfahrer:innen. Was insofern überraschende | |
Bekenntnisse sind, [4][als Böckermann eigentlich als Verfechter einer | |
konsequenten Verkehrswende galt]. | |
Die als erzkonservativ geltende CDU in Mitte ist dann auch restlos | |
begeistert vom Seitenwechsel des Bezirkspolitikers, der bislang dem | |
gemäßigten Realo-Flügel der Grünen zugerechnet wurde und seinen Übertritt | |
ausgerechnet in der B.Z. zuerst bekanntgab, dem Kampfblatt der Berliner | |
Autofahrer:innen. | |
„Seine Entscheidung bekräftigt einmal mehr die Erkenntnis, dass grüne | |
Politik auf allen Ebenen maßgeblich für die Probleme der Menschen | |
verantwortlich ist und diese befeuert – von der ideologischen | |
Verkehrspolitik auf kommunaler Ebene bis hin zur vollkommen fehlgeleiteten | |
Migrationspolitik im Bund“, begrüßte ihn CDU-Kreischef Sven Rissmann. | |
Umso größer ist das Unverständnis in Böckermanns Ex-Partei. Der Wechsel sei | |
für die Grünen völlig überraschend gekommen, sagte BVV-Fraktionschef Tarek | |
Massalme am Dienstag zur taz. Sicher, Böckermann sei zuletzt nicht mehr | |
sehr aktiv gewesen. „Aber er hat auch leider gar nicht das Gespräch mit uns | |
gesucht.“ Eine Frechheit sei, dass Böckermann nun auch noch „den | |
Wähler:innenwille ignorieren und sein Mandat mitnehmen will zur | |
CDU-Fraktion“. | |
Genau das wird freilich passieren. Die Grünen-Fraktion schrumpft in der | |
rund 50-köpfigen BVV Mitte damit auf vorerst 15 Sitze, die CDU hat im | |
Gegenzug nun 13 Sitze, gefolgt von der SPD mit 10 Sitzen und der Linken, | |
die nach mehreren Parteiaustritten inzwischen nur noch 7 Verordnete hat. | |
Die Grünen in Mitte nehmen berlinweit eine besondere Rolle ein. Nicht nur, | |
weil der Kreisverband mit über 2.300 Mitgliedern der größte im | |
Landesverband ist. [5][Auch gibt hier das Netzwerk „Gr@m“ den Ton an.] Die, | |
so der volle Name, „Grüne Realos Mitte“ liegen bei Parteitagen regelmäßig | |
über Kreuz mit den in Berlin ansonsten dominierenden Parteilinken und | |
gemäßigten Realos. | |
Anm. der Red.: In einer früheren Fassung war im Zusammenhang mit der | |
Gelbhaar-Affäre von „vermeintlichen Falschaussagen“ die Rede. Korrekt ist: | |
„mutmaßliche Falschaussagen“. | |
11 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Gruenes-Desaster/!6061781 | |
[2] /Flaniermeile-Friedrichstrasse/!5974743 | |
[3] /Tangentiale-Verbindung-Ost/!6063441 | |
[4] /Berlin-stoppt-Verkehrswende/!5938884 | |
[5] /Parteitag-der-Berliner-Gruenen/!6008425 | |
## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
## TAGS | |
Grüne Berlin | |
Berlin-Mitte | |
Berliner Bezirke | |
CDU Berlin | |
Verkehrspolitik | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Grüne Berlin | |
Grüne Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Grünes Desaster: Der Fall Gelbhaar und die Partei | |
Die Grünen wollten vorbildlich mit sexualisierter Gewalt umgehen – doch | |
gefälschte Vorwürfe überfordern ihre Ombudsstelle. | |
Abgeordnetenhauswahl 2026: Basis soll wirklich Boss sein | |
Ein Realo-Antrag zum anstehenden Parteitag der Grünen fordert, die | |
Spitzenkandidatur für die Wahl 2026 erstmals per Mitgliederbefragung zu | |
klären. | |
Parteitag der Berliner Grünen: Machtproben der Ultra-Realos | |
Bei ihrem Landesparteitag üben sich die Grünen in konstruktiver | |
Krawalllosigkeit. Die Gräben zwischen Linken und Ultra-Realos überbrückt | |
das nicht. |