# taz.de -- Wahlplakate der Grünen: Hört auf mit den Doppelpunkten | |
> Die Grünen lieben sie: die Doppelpunkte. Kein Wahlplakat kommt ohne das | |
> Satzzeichen aus, dabei sagt das mehr über sie aus, als ihnen wohl lieb | |
> ist. | |
Bild: Satzzeichen gewordener Politikstil: | |
Berlin taz | [1][Die Plagiatsaffäre hat Robert Habeck überstanden], bevor | |
sie richtig Fahrt aufnehmen konnte. Das mag auch daran liegen, dass die | |
Grünen diesmal nicht in die Katastrophe hineingestolpert sind, sondern, | |
anders als im Wahlkampf vor vier Jahren, eine professionelle | |
Krisenkommunikation hatten. Eine größere Rolle dürfte aber gespielt haben, | |
dass den seriösen Medien bekannt ist, wie mit Plagiatsvorwürfen Politik | |
gemacht wird. Das ist spätestens seit der Hetzjagd auf eine | |
[2][SZ-Kollegin, der vorgeworfen wurde, Text bei anderen abzuschreiben,] | |
der Fall. | |
Nun kann sich die Öffentlichkeit wieder wichtigeren Fragen zuwenden: dem | |
Doppelpunkt zum Beispiel. Denn der ist der eigentliche Skandal der | |
Grünen-Kampagne und ein Fall für die Sprachpolizei. Alle Slogans auf den | |
Plakaten der Grünen haben das gleiche Muster. Mit dem Doppelpunkt wird ein | |
Satz, der wunderbar auch ohne die Unterbrechung funktionieren würde, | |
durchtrennt. Ein paar Beispiele: Frieden und Freiheit: Sichern! – Schulen | |
und Kitas: Sanieren! – Natur und Klima: Schützen! Was möchten die Grünen | |
uns damit: sagen? | |
Der Doppelpunkt soll offenbar Sätzen eine Bedeutung verleihen, die sie ohne | |
das Satzzeichen nicht haben. Denn wer ist schon dagegen, Kitas zu sanieren | |
oder das Klima zu schützen? Aus einer banalen Forderung, die jede Partei | |
auf ihr Plakat drucken könnte, soll durch den Doppelpunkt etwas Besonderes | |
werden. Der Doppelpunkt ist damit der Satzzeichen gewordene Politikstil von | |
Robert Habeck. Sätze dramatisch und mit Denkpausen aussprechen, damit sie | |
eine neue Bedeutung bekommen. [3][Habeck] bezeichnet seinen Politikstil als | |
Bündnispolitik. Der Doppelpunkt, das ist das Bündnis zwischen zwei Sätzen. | |
[4][1992 hat der Sprachkritiker Wolf Schneider in der Neuen Zürcher Zeitung | |
einen Text geschrieben] über die Satzzeichenarmut in deutschen Texten. Er | |
plädierte dafür, nicht nur Kommas und Punkte zu verteilen, sondern auch den | |
Gedankenstrich, das Semikolon und eben den Doppelpunkt zu benutzen, den er | |
als „federndes Scharnier“ eines Textes bezeichnete. Der Doppelpunkt baue | |
dem Leser eine Brücke. | |
## Doppelpunkte im ganzen Land | |
An der heute grassierenden Doppelpunktschwemme an Stellen, an denen nach | |
den Regeln der Rechtschreibung gar kein Satzzeichen notwendig wäre, hätte | |
Schneider aber sicherlich etwas auszusetzen. Ein taz-Kollege vermutet, dass | |
die Liebe zum Doppelpunkt einst auf der Seite Drei der Süddeutschen geboren | |
wurde und sich von dort aus in den Zeitungsredaktionen des Landes vermehrt | |
hat. | |
Auch wenn der Ursprung ungeklärt ist, heute benutzen Journalisten gern den | |
Doppelpunkt, wenn ihnen ihr eigener Satz zu fad ist und sie sich in den | |
nächsten retten wollen. Man könnte also den Doppelpunkt der Grünen als ein | |
Plagiat am Zeitgeist verstehen. Wenn morgen die Sprachpolizei mit einem | |
Durchsuchungsbeschluss bei Robert Habeck klingelt: Problem. Bleibt für die | |
Grünen die Hoffnung, dass sich ihre Wähler in der Wahlkabine an das einzig | |
korrekte Zeichen erinnern, das Kreuz. | |
11 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Plagiatsvorwurf-gegen-Robert-Habeck/!6065173 | |
[2] /Plagiatsvorwurf-gegen-SZ-Vize/!6011143 | |
[3] /Robert-Habeck/!t5007736 | |
[4] https://www.nzz.ch/folio/wie-man-einen-text-mit-punkten-totet-ld.1615534 | |
## AUTOREN | |
Kersten Augustin | |
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