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# taz.de -- Podiumsdiskussion über rechte Gewalt: „Die Gewalt kam zur Antifa…
> Zahlreiche Menschen diskutieren im SO36 über Antifa-Gegenwehr seit der
> Nachwendezeit. Im Fokus: Die Solidarität mit Thomas J., genannt „Nanuk“.
Bild: Antifas sind eher praxisorientierte Menschen
In der Nacht auf den 3. Oktober 1990, dem Tag der deutschen Einheit, suchen
etwa 300 Neonazis die [1][Kötschauer Mühle in Zerbst] auf, einer Kleinstadt
in Sachsen-Anhalt. Sie wissen, die Mühle ist von jugendlichen „Zecken“
besetzt. Sie wissen auch, sie haben nichts zu befürchten. Die Polizei hat
im Vorfeld angekündigt, nichts gegen Übergriffe von Nazis unternehmen zu
können.
Schon öfter hatten die Nazis die Mühle attackiert. Doch in dieser Nacht
zünden sie das Gebäude an – mit den Jugendlichen im Inneren. Um nicht zu
verbennen, müssen die schließlich aus 17 Meter Höhe auf ein kleines
Luftkissen der Feuerwehr springen, das dafür nicht ausgelegt ist. Es gibt
mehrere Schwerverletzte.
So schilderte am Samstagabend auf einer Podiumsdiskussion im SO36 der
Zeitzeuge Markus S. (Name geändert) einen der zahlreichen Höhepunkte der
Nazigewalt während der heute als „Baseballschlägerjahre“ bekannten
Nachwendezeit. Der Andrang war enorm: Mehrere hundert Menschen waren zu dem
Solidaritätsabend mit dem Antifaschisten Thomas J., genannt Nanuk,
gekommen. Dieser sitzt derzeit [2][in der JVA Moabit in U-Haft], weil er
sich unter anderem 2019 als Teil der Gruppe um Lina E. an einem Angriff auf
die Kneipe des Neonazis Leon Ringl in Eisenach beteiligt haben soll.
Der Rekurs auf die Nazigewalt der 1990er Jahre – die der aus Königs
Wusterhausen stammende Thomas J. selbst miterlebt hat – sollte dabei wohl
deutlich machen, dass militanter Antifaschismus häufig „Selbstverteidigung“
sei. So formulierte es Antonia von der Behrens, die Rechtsanwältin von J.
Noch immer gebe es in Teilen von Ostdeutschland eine „Kultur der
Straflosigkeit“ gegenüber rechter Gewalt. Dementsprechend gelte auch noch
die Erfahrung, die viele Antifaschist:innen bereits in den 1990er
Jahren gemacht hätten: „Die Gewalt kam zu uns, nicht wir zu ihr.“
## Lieber Praxis als Diskurs
Wie die Nazis aber nun heute, in Zeiten fallender Brandmauern, zu stoppen
sind, blieb in der Diskussion offen. Man könne sich nicht auf den Staat
verlassen, es sei damit zu rechnen, dass die Repression zunehme, so der
Tenor. Mehr Gegenwartsanalyse geschieht nicht. Statt zu diskutieren, wollen
die Antifas lieber was machen – und zwar ein Solifoto für Nanuk.
Noch während der Veranstaltung ziehen sie sich schwarz an, Bengalos und
Feuerwehrskörper werden durch die Reihen gereicht. Dann strömen die
Menschen nach draußen. Ein Fronttransparent wird entrollt: „Alle zusammen
gegen den Faschismus“.
Das Feuerwerk macht Krach, „Alerta, Alerta“ hallt es durch Kreuzberg. Das
Spektakel dauert nur wenige Minuten. Als die Polizei kommt, stehen alle
schon wieder vor dem SO36, als wäre nichts gewesen.
2 Feb 2025
## LINKS
[1] https://zweiteroktober90.de/zerbst/
[2] /Solidemo-fuer-Antifaschisten/!6043880
## AUTOREN
Timm Kühn
## TAGS
Antifaschismus
Schwerpunkt Antifa
Nachwendezeit
Rechte Gewalt
Nazis
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Linksextremismus
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