# taz.de -- taz-FUTURZWEI-Kommentar über Zukunft der Bundespolitik: Werden CDU… | |
> Wenn sich die liberaldemokratischen Parteien nach der Bundestagswahl ihre | |
> kleinkarierten Roten Linien um die Ohren hauen, kann die Union irgendwann | |
> Gespräche mit der AfD aufnehmen, kommentiert Udo Knapp für taz FUTURZWEI. | |
Bild: Düstere Aussichten: Die Bundestagswahl verspricht konservativ-populistis… | |
[1][taz FUTURZWEI] | Mit allen regieren können, mit der [2][AfD] aber auf | |
keinen Fall, das ist die Ansage aller anderen Parteien (die Grünen-Phobie | |
der [3][CSU] jetzt mal außen vor.) Nach der [4][Bundestagswahl vom 23. | |
Februar] 2025 sind somit nur wenige Koalitionen möglich. | |
Womöglich sogar nur eine Koalition aus Union und SPD oder Schwarz-Grün. | |
Schaffen es [5][FDP], [6][BSW] oder [7][Linkspartei] doch über die 5 | |
Prozent und diese Zweierbündnisse reichen zur einfachen Mehrheit im | |
Bundestag nicht aus, dann könnte zumindest die FDP noch bei der | |
Regierungsbildung mitentscheiden. | |
Die Union aber hat in jeder Verhandlungskonstellation einen großen Vorteil. | |
Sie kann [8][SPD] und [9][Grünen] ihren programmatischen Willen aufzwingen | |
oder, wenn das nicht gelingt, eben doch mit der AfD ein Regierungsbündnis | |
aushandeln. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Bündnisses ist aus meiner | |
Sicht sogar groß – trotz aller Versicherungen von [10][Friedrich Merz], | |
niemals mit der AfD regieren zu wollen. Irgendein Unions-Politiker wird | |
sich finden, der dann an seiner Stelle der Kanzler werden will und das dann | |
mit staatspolitischer Verantwortung erklärt. | |
Warum sollte es bei uns anders laufen, als jüngst in [11][Österreich] und | |
den [12][USA], zuvor in [13][Italien] und bald wohl auch in | |
[14][Frankreich]? Die hohe Zustimmung zu autoritären und faschistischen | |
Positionen, ist eine Antwort des Souveräns auf die Unfähigkeit oder den | |
Unwillen der liberaldemokratischen Parteien des Westens für die Lösung der | |
großen Krisen überzeugende politische Ideen vorzutragen und Konzepte | |
anzubieten. | |
## Die Zukunftslosigkeit des liberaldemokratischen Spektrums | |
Keine diese Parteien zeigt die Kraft und den Willen, ein Land und seine | |
Gesellschaft in die Zukunft zu führen. Die Erfolge und Fortschritte in | |
allen Zukunftsfragen der Zivilisation bieten dazu beste Voraussetzungen. | |
Eigentlich. Stattdessen agieren sie alle im Klein-Klein ihrer eigenen, auf | |
Wahlperioden bezogenen Machtträume. Und jenseits jeder Vernunft- und | |
Verantwortungsethik. | |
Alles wird so bleiben oder weitergehen wie es bisher war, das ist ihr | |
Versprechen. Aber selbst die Dümmsten erkennen: Das ist ein verlogenes | |
Versprechen, Politik eben. Sie erfahren ja jeden Tag, dass nichts so | |
bleibt, wie es immer war. Deshalb ist das radikale Angebot der | |
[15][Populisten] so attraktiv. Nämlich jede Veränderung, alles Neue und | |
Vernünftige mit der Destruktion demokratischer Kultur, ihrer Strukturen und | |
geregelten Verfahren aufzuhalten. | |
Die Liberaldemokraten sehen das, kritisieren das, aber genau betrachtet, | |
kümmert sie das nicht. Sich grundsätzlich überlegen und unantastbar | |
fühlend, spielen sie ihre schon verlorenen Spiele parteipolitischer | |
Rabulistik weiter. | |
## Parteien im Rückwärtsgang | |
Führende CDUler hantieren damit, die Lohnfortfortzahlung im Krankheitsfall | |
einzuschränken, den Frauentag abzuschaffen, das Zulassungsende für | |
Verbrenner-Autos in der EU 2035 rückabzuwickeln, die [16][Atomkraftwerke] | |
wieder anzudrehen und mit Steuersenkungen den Unternehmern auch in der | |
Transformation Extragewinne zu sichern. | |
Führende SPDler wollen, neuerdings wieder im Namen der „kleinen Leute“, die | |
Steigerung der Sozialleistungen mit der Gießkanne fortsetzen, die fossile | |
[17][Autoindustrie] vor unabwendbaren Modernisierungszwängen schützen und | |
manche scheinen sogar dazu bereit, die Menschen in der Ukraine den Russen | |
auszuliefern. | |
Die Grünen halten sich im Wahlkampf bei der [18][Klimapolitik] zurück, | |
obwohl sie hier außerordentlich erfolgreich waren und das Potential haben, | |
die große Zukunftspartei der ganzen Republik zu werden. | |
Die FDP schafft sich mit der Orientierung an der anarcho-libertären | |
Kettensäge [19][Javier Mileis] selber ab. | |
## Ein absehbares Scheitern? | |
Wenn diese Parteien nach dem 23. Februar zusammensitzen sollten, um sich | |
gegenseitig die No Go's und Roten Linien ihres parteipolitischen Kleinkrams | |
um die Ohren zu schlagen, werden sie scheitern. In der Folge kann die Union | |
dann Gespräche mit der AfD aufnehmen, um eine Bundesregierung mit ihr zu | |
bilden. | |
Sollte es so kommen, wird aus der Bundesrepublik keine illiberale | |
Demokratie. Doch die Periode der freiheitlichen Erneuerung wäre Geschichte, | |
die [20][1968] begann und lange von allen Parteien, wenn auch | |
widerstreitend, mitgetragen wurde. Auch wenn das verfassungsrechtlich | |
gesicherte Fundament der Republik stabil genug sein mag, um so eine | |
konservativ-populistische Zumutung wegzustecken, würde das Leben auf vielen | |
Ebenen einfach unerträglich eklig werden. | |
Irgendwie dräut im Hinterkopf immer diese Angst vor der Niedertracht solch | |
einer konservativ-populistischen Herrschaft, vor deren Abwendung von | |
Vernunft und Aufklärung, von Tatsachen, von Respekt vor dem Anderen und vor | |
der Relativierung der Rechtstaatlichkeit. Die Republik würde wieder mit den | |
„pseudoliberalen deutschen Spießern leben müssen, die schnell ihre | |
Bückling-Haltung einnehmen, jede Selbstachtung und Würde aufgeben“, wie | |
[21][Robert Misik in der taz schrieb.] | |
## Resignierender Hinweis | |
Der Gedanke an diese nicht auszuschließende Union/AfD-Regierung löst | |
Depressionen aus, weil es Spaltungen vertiefen und viele Opfer kosten | |
würde, bis diese Zukunftsverweigerer an den Folgen des Stillstands, am | |
Wegducken vor den Herausforderungen der Moderne scheitern werden. | |
„Nicht immer zu glauben, was man denkt“ – Sich nicht vom bösen Alltag | |
runterziehen lassen, sich den klaren Blick nicht trüben lassen - das hat | |
kürzlich ein Philosoph als Reaktion auf die mögliche Niederlage der | |
Demokratie empfohlen. Soll wohl ermutigend klingen, ist aber nicht mehr als | |
der resignierende Hinweis eines Klügeren darauf, dass die Hoffnung auf | |
Vernunft zuletzt stirbt, also niemals verloren geht. 🐾 | |
■ UDO KNAPP ist Politologe und kommentiert [22][an dieser Stelle] | |
regelmäßig das politische Geschehen für unser Magazin [23][taz FUTURZWEI]. | |
■ Lesen Sie weiter: Die aktuelle Ausgabe unseres Magazins taz FUTURZWEI | |
N°31 mit dem Titelthema „Gemeinsinn“ gibt es [24][jetzt im taz Shop]. | |
14 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Udo Knapp | |
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