# taz.de -- Satirikerin über Frauen auf der Bühne: „Es ist noch eine Nische… | |
> Auftritte von älteren, lustigen Frauen sind ein Politikum, sagt Ella | |
> Carina Werner, die gerade wieder mal als einzige Frau mit acht Männern | |
> auftrat. | |
Bild: Lustige Frauen sind auf Bühne noch immer die Ausnahme: Ella Carina Werner | |
taz: Besetzt man als lustige Frau noch eine Nische auf der Bühne, Frau | |
Werner? | |
Ella Carina Werner: Es sind immer noch weit unter 20 Prozent Frauen, die | |
auf der Bühne stehen oder in Satiremedien veröffentlichen. Insofern ist es | |
tatsächlich noch eine Nische. | |
taz: War es für Sie als Autorin immer klar, dass Sie dorthin wollen? | |
Werner: Ich habe schon in der Grundschule nur super alberne Comics und | |
lustige Reimgedichte geschrieben. Es war eher andersrum so, dass ich erst | |
mit ungefähr 20 gecheckt habe, was ich da eigentlich mache: dass das Komik | |
ist und dass das ein Job sein kann. | |
taz: Inzwischen gibt es ja ein paar Frauen in dieser Nische, [1][Anke | |
Engelke], aber auch Carolin Kebekus und Hazel Brugger. | |
Werner: Als ich etwa 2007 angefangen habe, da gab es dort praktisch gar | |
keine Frauen. In den letzten fünf bis zehn Jahren sind mehrere Frauen sehr | |
erfolgreich geworden. Ich könnte jetzt aus dem Stegreif auch 30 nennen, | |
aber ich könnte auch 500 Männer nennen. Ich war gerade bei einer | |
Comedy-Veranstaltung als einzige Frau mit acht Männern auf der Bühne. Das | |
fällt keinem auf, es gilt immer noch als normal. | |
taz: Ist es ein Vor- oder ein Nachteil als einzige Frau neben acht Männern | |
zu sitzen? | |
Werner: Das kann beides sein. Ich habe das Gefühl, dass ich es allmählich | |
ganz gut als Vorteil nutzen kann, gerade in der politischen Satire. Aber | |
man muss schon viel Selbstbewusstsein haben. Als ich bei der [2][Titanic] | |
angefangen habe, kamen die Leute nach den Lesungen auf mich zu und sagten: | |
Oh, es ist so mutig, dass du da als Frau mitmachst. Dieses ständige „Du | |
bist die Frau“ ist auch anstrengend und man muss erst mal seine Rolle | |
finden. | |
taz: Was bedeutet das? | |
Werner: Wenn die Kollegen deutlich mehr reden und die Gags machen, frage | |
ich mich schon mal: Wirkt das so, dass die Frau mal wieder nichts sagt? Da | |
fühle ich mich leicht unter Druck gesetzt, auch ein bisschen lauter zu | |
sein. Auf der anderen Seite, gerade wenn ich mit vielen Männern auftrete, | |
denke ich manchmal auch: völlig egal, wie der Text ankommt, die brauchen | |
hier eine Frau. | |
taz: Sie schreiben, es sei auch ein politisches Statement als lustige und | |
ältere Frauen aufzutreten. Inwiefern? | |
Werner: Im Fernsehen oder auch auf Theaterbühnen werden weibliche Comedians | |
ab 50 fast gar nicht mehr gebucht. Das erzählen mir viele Kolleginnen. In | |
den Fünfzigern werden Frauen aussortiert, weil sie vielleicht nicht mehr so | |
fuckable sind oder so schön aussehen. Deswegen war es uns wichtig, nicht | |
nur zu sagen: Hey, wir sind gleich mehrere lustige Frauen, sondern wir sind | |
auch mehrere ältere, lustige Frauen und das gibt es auch. | |
taz: Also politisches Statement und Verkaufsargument in einem? | |
Werner: Wir haben zum Glück alle Solo-Veranstaltungen und damit ein gutes | |
Standing, und so ist das jetzt nicht aus einer Verzweiflung heraus geboren. | |
Entstanden ist es auch, weil wir relativ oft in wechselnden Formationen für | |
so etwas wie den Weltfrauentag gebucht wurden oder von Frauenbeauftragten. | |
Dann haben wir uns zusammengetan. Es macht einfach total Spaß, als Gruppe | |
aufzutreten. Aber das Politikum daran ist mehr im Mindset, als dass wir es | |
auf der Bühne thematisierten. | |
taz: Wer kommt erfahrungsgemäß zu diesen Abenden? | |
Werner: Es ist ungefähr das Publikum, was ich solo erreiche. Ältere, kluge, | |
lustige Frauen zwischen 40 und 75, das ist das Stammpublikum. | |
taz: Kommen auch Männer? | |
Werner: Vielleicht zu 20 Prozent. Bei mir kommen auch oft Leute über die | |
Titanic oder [3][Die Partei], weil ich ja in diesen Männerfeldern aktiv | |
bin. Oder sie kommen als Pärchen. | |
taz: Spielt es für das Programm eine Rolle, dass das Publikum vor allem aus | |
Frauen besteht? | |
Werner: Ich fand es interessant, dass wir bei den ersten Auftritten der | |
Textbomben intuitiv stärker Themen genommen haben wie Gebären, zum | |
Frauenarzt gehen, Kinderlosigkeit – also solche, die als Frauenthemen | |
wahrgenommen werden. Dann haben wir uns bewusst dafür entschieden, eher | |
unisex-Fragen zu nehmen. Wir wollen alle Themen abdecken. | |
28 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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