# taz.de -- Künstlerin über Klimakrise-Ausstellung: „Gefangene der eigenen … | |
> Die Künstlerin Irina Ahrend-Liu will gemeinsam mit ihrem Mann Xiaomin Liu | |
> mit Kunst auf die Klimakrise und das Artensterben aufmerksam machen. | |
Bild: Etwa 1,6 Millionen Quadratkilometer beträgt die Fläche der größten Pl… | |
taz: Frau Ahrend-Liu, vervollständigen Sie bitte folgenden Satz: Mehr als | |
40.000 … | |
Irina Ahrend-Liu: … Lebewesen weltweit sind vom Aussterben bedroht. Das | |
sind die Zahlen, die wir von den weltweiten und den deutschen Roten Listen | |
recherchiert haben. Umfasst sind Tiere und Pflanzen. Wir machen das Projekt | |
seit drei Jahren und die Zahl ist nun schon auf über 44.000 Lebewesen | |
gestiegen. | |
taz: Was wird in Ihrer Ausstellung zu sehen sein? | |
Ahrend-Liu: Wir zeigen ein echtes Fischernetz mit circa 1.000 PET-Flaschen, | |
in denen jeweils ein rotes handgemaltes Porträt eines Tieres oder einer | |
Pflanze ist, die akut vom Aussterben bedroht sind. Das ergibt dann ein | |
kugelartiges Netz, das in der Mitte des Zentrums hängen wird. | |
taz: Wie lange hat es gedauert, 1.000 Flaschen mit Porträts zu füllen? | |
Ahrend-Liu: Die Vorbereitungszeit betrug über zwei Jahre. Mein Mann | |
arbeitet mit Pinsel auf chinesischem Reispapier und ich zeichne mit Kreide. | |
taz: Wie kamen Sie und ihr Mann auf diese Idee? | |
Ahrend-Liu: Ausgangspunkt war ein Schock, den wir erlebten, als wir Videos | |
der Plastikstrudel gesehen haben, von denen der größte im östlichen Pazifik | |
vier- bis fünfmal so groß ist wie die Fläche Deutschlands. Wir dachten | |
zuerst, das ist nicht echt. Dann haben wir gesehen: Es ist alles noch viel | |
schlimmer. Erstens gehört das Plastik da einfach nicht hin. Zweitens sind | |
die Ozeane besonders wichtig, auch in Bezug auf den Klimawandel. Und | |
drittens landet das Plastik am Ende wieder bei uns, durch Mikroplastik im | |
Körper. | |
taz: Welche Bedeutung hat Kunst bei der Vermittlung von Problemen wie | |
Artensterben oder Klimaschutz? | |
Ahrend-Liu: Kunst hat die Möglichkeit, Intellekt, Empathie und Emotionen | |
anzusprechen. Wir nennen das poetische Provokation. Für Veränderungen muss | |
erst mal das Bewusstsein geändert werden, sonst kann keine veränderte | |
Handlung geschehen. Häufig sind Leute jedoch nicht bereit, die Bedeutung | |
der eigenen Handlungen zu erkennen. In Schenefeld haben wir nun wieder | |
einen öffentlichen Ort, einen Alltagsort gefunden, wo diese Konfrontation | |
hoffentlich besonders wirkungsvoll ist. | |
taz: Was möchten Sie mit Ihrem Kunstwerk „poetisch provozieren“? | |
Ahrend-Liu: Das Kunstwerk zeigt die Bedrohung der Artenvielfalt anhand des | |
Beispiels Plastikmüll in den Meeren und den ganzen Negativkreislauf, der | |
damit einhergeht. Es spannt einen Bogen über die Art und Weise, wie wir mit | |
Natur umgehen und visualisiert unseren missbräuchlichen Umgang anhand der | |
gefangenen Tierbilder. Dieses Gefangensein der Lebewesen steht dabei auch | |
symbolisch dafür, dass am Ende der Geschichte das Mikroplastik wieder bei | |
uns selbst landet und wir Gefangene der eigenen Zerstörung sind. Wir | |
hoffen, damit Empathie zu erzeugen, Verständnis und dass der | |
Gesamtzusammenhang einfach besser erkennbar wird. Diese erste Erkenntnis | |
wird dann durch unser Begleitprogramm aus Wissenschaft, Ökonomie, Politik | |
ergänzt. | |
taz: Ein Vortrag des Klimawissenschaftlers Professor Mojib Latif eröffnet | |
die Ausstellung. | |
Ahrend-Liu: Ja, wir wollen Expertisen zusammenführen. Wir als Künstler | |
nehmen Kunst als Ausgangspunkt. Mojib Latif ist Schirmherr für unser | |
Projekt und seit 40 Jahren wissenschaftlich mit diesem Thema betraut. Er | |
fand die Visualisierung dieses komplexen Grundproblems sehr gut. Er hat | |
wiederum eine besondere Fähigkeit, diese komplexen Themen greifbar zu | |
machen und gut rüberzubringen. | |
taz: Haben Sie denn Hoffnung, dass sich in Zukunft was ändert? | |
Ahrend-Liu: Also da möchte ich Mojib Latif gerne zitieren, denn er sagt, es | |
gibt Grund für Optimismus und auch die Verpflichtung für Optimismus. Wir | |
sind hier in Deutschland immer noch in dieser unglaublich privilegierten | |
Situation und müssen optimistisch vorangehen. | |
8 Jan 2025 | |
## AUTOREN | |
Marie Dürr | |
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