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# taz.de -- Maul- und Klauenseuche in Brandenburg: Das Bangen der Schäfereien
> Die Gefahr einer Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche treibt auch
> Brandenburgs Schäfer um. Die Angst ist groß, dass das Virus ihre Herden
> trifft.
Bild: Ein Bild aus stressfreieren Tagen: Schäfer Knut Kucznik aus Altlandsberg
Berlin taz | Schäfer Knut Kucznik aus Altlandsberg steht bei seinen Tieren
auf der Wiese, als die taz anruft. Neben ihm ein Veterinär. „Ich kann jetzt
nicht sprechen“, sagt Kucznik. Er klingt gestresst. Kein Wunder. „Bei dem
brennt gerade die Hütte“, sagt Kollege Jonas Scholz.
Als Vorsitzender des Schafzuchtverbands Berlin-Brandenburg übernimmt Scholz
die vielen Presseanfragen, die in diesen Tagen eintrudeln. Anders als
Kuczniks Herde stehen Scholz’ Tiere ein gutes Stück weg von Hönow im
Landkreis Märkisch-Oderland.
In der brandenburgischen Gemeinde direkt hinter der Berliner Stadtgrenze
wurde am vergangenen Freitag [1][die hochansteckende Tierkrankheit Maul-
und Klauenseuche] festgestellt. Die Viruserkrankung befällt Paarhufer wie
Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine, auch Zoo- und Wildtiere können sich
infizieren. Erkrankt ein Tier daran, kommt es zu einer Infektion im Maul
und an den Hufen, es hat Fieber, wird lahm und kann daran sterben.
Auf Anordnung des zuständigen Veterinäramts wurden in einem Radius von
einem Kilometer um den betroffenen Hof sämtliche Paarhufer vorsorglich
getötet. Selbst weiter entfernte Höfe, die mit dem Hönower Büffelbetrieb in
engem Kontakt standen, waren betroffen, in Schöneiche etwa wurde eine Herde
mit 55 Schafen und Ziegen gekeult.
## Hochresistentes Virus
Das Virus ist nicht nur hochansteckend, sondern auch hochresistent. Es
überlebt auf Heu und Stroh ebenso wie auf der Kleidung und Haut des
Menschen und kann auch über andere Haus- und Wildtiere übertragen werden.
Tierhalter sind gut beraten, sich und alles um sich herum regelmäßig zu
desinfizieren und den Kontakt nach außen einzuschränken. Besonders gilt das
in der vom Ministerium eingerichteten Überwachungszone, die sich in einem
Radius von zehn Kilometern um den Hof in Hönow erstreckt.
Hier liegt auch [2][die Schäferei von Knut Kucznik]. Das Veterinäramt hat
bei seinen Tieren Blutproben genommen – sie waren alle negativ. Ebenso wie
alle anderen Proben, die bisher getestet wurden. In einem Radius von einem
Kilometer um den Ausbruchsbestand gebe es keine weitere Infektion, teilte
das Landschaftsministerium am Dienstag mit.
Es ist trotzdem kein Grund zum Aufatmen. Da die Untersuchungsergebnisse
nicht ausreichten, hat das Ministerium die Verordnung am Mittwoch [3][noch
einmal um 48 Stunden verlängert]. Für alle brandenburgischen Tierbetriebe
besteht damit weiterhin ein Verbringungsverbot, Tiere dürfen also nicht auf
andere Flächen gebracht werden.
Bei der Schafhaltung ist das Verbringen gleichwohl alltägliche Praxis, weil
die Tiere neues Futter brauchen, das gerade im Winter auf den Wiesen
besonders rar ist. Ausgetretene, feucht matschige Flächen führen zudem
leicht zu einer Infektion der Schafsklauen.
Ob die Verordnung am Freitag aufgehoben oder nochmals verlängert wird,
davon hängt für die Schäfereien und ihre rund 72.500 Tieren also einiges
ab. Zumal in traditionell arbeitenden Betrieben nun die Lammzeit begonnen
hat. Auch auf Kuczniks Hof seien die ersten Lämmer geboren, berichtet
Scholz. Die Lammzeit ist die stressigste Saison einer Schäferei – ein
Arbeitstag hat bis zu 20 Stunden –, Jungtiere sind dabei besonders anfällig
für Krankheiten.
## „Wir sind jetzt schon schwer belastet“
Zu diesen Schwierigkeiten kommen die bereits von Großbritannien und
Südkorea ausgesprochenen Importverbote, die auch für deutsches Schaffleisch
gelten. „Da wir nicht so abhängig vom Exportgeschäft sind wie die Rinder-
und Schweinezucht, können wir das eine Weile verschmerzen“, sagt Jonas
Scholz. Längere Zeit könnten die deutschen Schäfereien das aber nicht
durchstehen: „Wir sind jetzt schon schwer belastet.“
Ein Grund dafür sei eine weitere Seuche: Durch die Blauzungenkrankheit habe
es im vergangenen Jahr vor allem im Westen Deutschlands einen starken
Verlust an Tieren gegeben, aber auch in Brandenburg seien etliche Tiere
gestorben.
Umso nervöser verfolgen die Schäfer die aktuellen Entwicklungen. Das
Schlimmste sei die Angst, selbst betroffen zu werden, sagt Scholz. „Das
belastet uns alle, auch die Veterinäre.“ Zwar liegt die letzte MKS-Epidemie
fast 40 Jahre zurück.
Die Schäfer hätten aber noch in Erinnerung, wie es ihren britischen
Kollegen in den Nullerjahren ergangen ist. Damals wurden Millionen Tiere
wegen eines MKS-Ausbruchs vorsorglich getötet. „Das ist auch eine Tragödie
für die Menschen“, sagt Scholz. „Das hat eine große Welle an Suiziden nach
sich gezogen.“
## Warten auf den Impfstoff
Was in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist: Bei den getöteten Tieren
handelt es sich oft um spezielle Rassen, die über Generationen hinweg
gezüchtet wurden, erklärt Scholz. Knut Kuczink etwa betreibt seine Zucht
seit fast 30 Jahren, schon die ersten Tiere hatten eine Zuchtgeschichte.
Mit dem Tod einer Herde gehe das Werk jahrzehntelanger Arbeit zunichte, so
Scholz. „Hier in Brandenburg haben wir zudem mehrere Rassen, die vom
Aussterben bedroht sind, etwa das Merino-Fleischschaf.“ Eine Tötung dieser
kleinen Bestände bedeute „die Vernichtung wichtiger tiergenetischer
Ressourcen“ und sei für die Züchter „eine Katastrophe“.
Scholz und seine Kollegen wünschen sich nur eines: dass der MKS-Ausbruch in
Brandenburg bald Geschichte ist. [4][Hoffnung macht der Impfstoff], den das
Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit eigens für den aktuellen Typ
des MKS-Virus herstellt. Schon in den kommenden Tagen soll er verfügbar
ein. „Sobald es möglich ist, werden wir impfen“, sagt Jonas Scholz. Bis
dahin heißt es: weiter Zittern und Bangen.
16 Jan 2025
## LINKS
[1] /Kampf-gegen-Tierkrankheit/!6058513
[2] /Streit-um-Umgang-mit-Woelfen/!5730295
[3] /Maul--und-Klauenseuche-in-Brandenburg/!6058740
[4] /Viruserkrankung-bei-Klauentieren/!6058425
## AUTOREN
Karlotta Ehrenberg
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