# taz.de -- In der Plastikhauptstadt der Welt: Made in China | |
> Zwei Drittel der weltweit hergestellten Festtagsdeko kommt aus einer | |
> einzigen Stadt in China. Zu Besuch im Weihnachtswunderland des Konsums. | |
Bild: Weihnachten 24/7: In der Abteilung für Weihnachtsdekoration in Yiwu Trad… | |
Yiwu In Geschäft 7384 in der International Trade City der ostchinesischen | |
Kleinstadt Yiwu sitzt eine mittelalte Chinesin an einem Schreibtisch, ihre | |
langen, beige manikürten Fingernägel klackern auf ihrem Handybildschirm. | |
Neben ihr ist ihre schriftzeichenmalende Tochter in ihre Hausaufgaben | |
vertieft. Die beiden umgibt ein Meer aus Weihnachtsmannmützen, Hunderte | |
müssen es sein. Sie sind kariert und gestreift, klein und groß, der Saum | |
ist glatt, verplüscht und rentierfellfarben erhältlich. „Eine Mütze in | |
Standardausführung kostet eineinhalb Yuan“, erklärt sie. Umgerechnet sind | |
das etwa 20 Cent. „Allerdings müssen Sie mindestens 720 Stück kaufen, das | |
ist ein Karton voll.“ Im Moment habe man auch gar keine Mützen auf Lager, | |
Hauptverkaufszeit für Weihnachtsdekoration sei der Sommer. Schließlich | |
müsse die Ware ja noch nach Europa oder Amerika gebracht werden, was gerade | |
mit dem Schiff Monate dauern könne. | |
Rund 2,4 Milliarden Menschen feiern Weihnachten. Und der Kommerz feiert | |
mit. Denn der Einzelhandel verdient Milliarden, indem er das Bedürfnis des | |
vorweihnachtlichen Kaufrauschs befriedigt. Schon im Spätsommer kommen | |
Schokonikoläuse ins Sortiment, Amazon heuert Saisonarbeiter an, um die | |
Geschenkberge der Deutschen zu bewältigen. Und zusätzlich verkaufen | |
Supermärkte den Leuten allerhand weihnachtlichen Tand. Ihre Regale füllen | |
sich mit Weihnachtsmützen, Christbaumkugeln, Lametta und Kerzen, mit | |
Weihnachtstannen aus Plastik, Papptellern mit Nikolausmotiven, | |
LED-gespickten Adventskränzen und Lichterketten. | |
Zwei Drittel aller weltweit hergestellten Weihnachtsdekoration kommt aus | |
einem kleinen ostchinesischen Städtchen namens Yiwu, auch bekannt als die | |
Welthauptstadt der Plastikkleinartikel. Verkauft werden diese in der Yiwu | |
International Trade City, einer riesigen Marktanlage im Herzen der Stadt. | |
Auf fünf Etagen finden hier etwa 80.000 Geschäfte Platz, untergliedert in | |
18 Sektoren. Es wird mit Plastikschmuck, Spielzeug, künstlichen Blumen, | |
Kleidung, Uhren, Verbraucherelektronik und diversen Gütern des täglichen | |
Bedarfs gehandelt. Und mit Weihnachtsschmuck, zu finden in Sektor 1, in der | |
Abteilung für Kunst- und Handwerksartikel. | |
Diese zumeist sehr günstige Plastikdekoration findet ihren Weg auch in die | |
Regale deutscher Supermärkte. Mehrere deutsche Einzelhändler wie KiK oder | |
Tedi bestätigen auf Anfrage, Waren aus Fernost zu beziehen. KiK bestätigt, | |
mit diversen Partnern in Yiwu zusammenzuarbeiten. Das ist nicht | |
verwunderlich, aus keinem Land bezieht Deutschland so viele Waren wie aus | |
China. Das Importvolumen im Jahr 2023 lag bei 161 Milliarden US-Dollar. | |
Neben technischen Geräten, die den Großteil des Chinaimports ausmachen, | |
kauft Deutschland auch Plastikerzeugnisse aller Art für immerhin knapp 4 | |
Milliarden Dollar jährlich. | |
Die Yiwu Trade City ist eine Welt für sich. Auf fast 6 Quadratkilometern | |
Verkaufsfläche verlaufen enge Gassen im Schachbrettmuster zwischen | |
ungezählten kleinen Geschäften. Meistens kann man das Ende der Gänge nicht | |
sehen, die Läden erstrecken sich in alle Himmelsrichtungen bis zum | |
Horizont. Wer sich auf die Suche nach Weihnachtsdekoration begibt, wird | |
förmlich erschlagen vom Angebot. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Manche | |
Läden haben sich auf Plastiktannen spezialisiert, andere auf bunt blinkende | |
Lichterketten aller Größen und Farben. In anderen gibt es | |
Weihnachtsmannmützen oder sternförmige Scherzbrillen, auf denen „Feliz | |
Navidad„geschrieben steht. Im nächsten Shop seilen sich Weihnachtsmänner | |
jeder Körperfülle an blinkenden Girlanden von der Decke ab. | |
Warum ausgerechnet Yiwu zum Dreh- und Angelpunkt von Plastikkleinteilen und | |
Weihnachtsschmuck wurde, weiß die Sinologin Doris Fischer an der | |
Universität Würzburg, die seit über 40 Jahren zu China forscht. „Die | |
Provinz Zhejiang, in der sich die Stadt befindet, hat eine lange Tradition | |
als Händlerregion. Industriell hat sich Zhejiang lange Zeit nicht | |
hervorgetan.“ | |
Die Gegend um Yiwu ist bergig und abgelegen, bekannt für arme Böden und | |
schlechte Erreichbarkeit, weswegen es schon immer einträglicher war, Handel | |
zu treiben. „Weil Yiwu eben keine andere Basis hatte und arm war, hat man | |
sich neben dem Agrareinkommen auch über Herstellung kleiner Produkte über | |
Wasser gehalten. Zum Beispiel hat man Entenfedern und irgendwelche Stöcke | |
genommen und daraus Besen hergestellt. Und dann hat man sich da eben ein | |
bisschen spezialisiert“, fasst es Fischer zusammen. | |
Als die chinesische Wirtschaft ab 1978 liberalisiert wurde, erblühten | |
bereits existente Produktionsstrukturen und eine Sogwirkung entstand. Immer | |
mehr Geschäfte siedelten sich in Zhejiang an, um kleine | |
Gebrauchsgegenstände zu fertigen. Und im Zuge dieser Entwicklung reifte | |
Yiwu irgendwann auch zur Welthauptstadt für Weihnachtsschmuck. | |
Die Yiwuer Weihnachtssaison ist im Sommer, viele Lager sind im Dezember | |
schon leer gekauft. Doch es gibt noch andere Feste, an denen Menschen | |
kunterbunten Plastiktand kaufen. Ganze Straßenzüge in der Trade City sind | |
voller Gesichtsmasken: manche blutig und voller verfaulter Zähne für | |
Halloween, andere farbenfroh oder tierhaft für Karneval. Die Iren feiern im | |
März den St. Patricks Day. Und an Ostern möchten sich die Deutschen gerne | |
kleine Küken auf die Festtafel stellen und vielleicht noch Konfetti in | |
Möhrenform dazustreuen. Muslime sitzen anlässlich des Fastenbrechens nach | |
dem Ramadan gerne unter bunten Girlanden und essen von Papptellern, auf | |
denen „Eid Mubarak“ steht, was sinngemäß etwa „Gesegnetes Fest“ bedeu… | |
Die Nachfrage nach billigen Plastikprodukten in großen Mengen ist also | |
riesig, und China ist Weltmeister darin, diese Nachfrage zu bedienen. Ein | |
Drittel der weltweiten Plastikproduktion findet im Reich der Mitte statt, | |
knapp 120 Millionen Tonnen waren das im Jahr 2022. Und die Provinz Zhejiang | |
stellt dank Yiwu chinaweit das allermeiste Plastik her. | |
Sinologin Fischer sagt: „Irgendwann hat sich in Yiwu eine Pfadabhängigkeit | |
entwickelt, dann sind dort Know-how und Cluster entstanden, immer mehr | |
Leute kamen, und Yiwu als Standort für kleine Plastikwaren hat sich | |
herumgesprochen.“ Das Geheimnis von Yiwu liegt in der guten Infrastruktur, | |
kurzen Lieferwegen, einer hohen Spezialisierung und Fachkenntnissen vor | |
Ort. Die ganze Welt kauft in Yiwu ein: Daher können Unternehmer ungeheure | |
Margen fertigen. Wer sich auf Lichterketten, Schneekugeln oder | |
Rentierfigürchen spezialisiert, kann sie millionenfach herstellen und dann | |
zu Niedrigstpreisen verkaufen. Dabei ist China längst kein typisches | |
Billiglohnland mehr: Wer in Bangladesch oder Vietnam fertigt, kann den | |
Fabrikarbeitern deutlich schlechtere Gehälter zahlen. Laut Fischer ist es | |
die schiere Masse, die Yiwu so konkurrenzlos günstig macht, es sind nicht | |
seine durchaus akzeptablen Löhne. | |
Aus ökologischer Sicht ist es problematisch, dass in Yiwu Millionen Tonnen | |
an Plastiktrödel gefertigt werden. Es ist davon auszugehen, dass ein nicht | |
unbeträchtlicher Teil davon in den Weltmeeren oder auf Müllkippen laden | |
wird. Plastik zersetzt sich nur langsam, verbleibt Hunderte Jahre in der | |
Umwelt. Und doch tut sich die internationale Staatengemeinschaft schwer | |
damit, den zügellosen Plastikkonsum einzudämmen. | |
Erst Anfang Dezember waren die [1][Verhandlungen zum UN-Plastikgipfel im | |
südkoreanischen Busan] gescheitert, da gerade die Erdölförderländer gegen | |
eine strengere Regulierung votiert hatten. Für Yiwu hat das Plastik großen | |
Wohlstand gebracht, 2023 wurden 70 Milliarden Euro in der Trade City | |
umgesetzt. Laut Fischer ist Yiwu zwar nicht alleine für die guten Zahlen in | |
der Provinz verantwortlich, doch grundsätzlich sei Zhejiang, wo Yiwu liege, | |
eine der reichsten Provinzen Chinas. „Das Pro-Kopf-Einkommen ist hier in | |
den letzten Jahren immens gestiegen“, sagt die Sinologin. | |
Mittlerweile geht es auch der Umwelt besser. Fischer kann zwar auf keine | |
konkreten Zahlen für Yiwu verweisen, gibt sich aber optimistisch. „Wir sind | |
nicht mehr im China der Neunzigerjahre, wo jeder, der auf Umweltschutz | |
hinwies, vom Regime beschuldigt wurde, die Entwicklung des Landes bremsen | |
zu wollen. Im heutigen China haben sich Luft- und Wasserqualität enorm | |
verbessert“, kommentiert sie die Situation in Yiwu. Etliche Umweltauflagen | |
seien in den letzten Jahren in China gesetzlich verankert worden, | |
gleichzeitig sind die Strafen für Verstöße mittlerweile empfindlich hoch. | |
Das Ergebnis: Böden und Flüsse sind sauberer geworden, die Luftqualität in | |
den Städten hat sich deutlich verbessert. | |
Das ändert natürlich trotzdem nichts am Plastikproblem, nicht zuletzt, weil | |
die Hälfte des weltweit hergestellten Kunststoffs für den einmaligen | |
Gebrauch bestimmt ist. Solange länderübergreifende Regulationen fehlen und | |
der gemeine Konsument weiterhin bereit ist, billige Einwegware zu erwerben, | |
wird plastikbedingte Umweltverschmutzung auch in Zukunft ein Problem | |
bleiben. | |
Inzwischen ist es Mittagszeit in der Trade City. Die unzähligen Verkäufer, | |
die den ganzen Tag in ihren fensterlosen und mit buntem Plastik | |
vollgestellten, schuhschachtelgroßen Büros verbringen, setzen sich mit | |
Kollegen und Nachbarn auf die engen Flure zwischen den Läden. Sie bestellen | |
Essen, und Lieferanten wuseln durch die engen Flure, um Nudelgerichte zu | |
liefern. Kleine Kinder spielen Fangen, aus allen Ecken tönt Musik, manche | |
betten nach dem Mahl den Kopf auf den Schreibtisch und halten ein | |
Nickerchen. Man sieht Verkäuferinnen zwischen Plastiktulpen Dehn- und | |
Gymnastikübungen machen, andere spielen in den Treppenhäusern Federball. | |
Die Yiwu Trade City ist nicht zum Einkaufen gedacht. Die Kundschaft kann | |
die Verkaufsstände besuchen, ausgestellte Produkte begutachten und sich von | |
den Verkäufern über Lagerbestände und Preisgestaltung in Kenntnis setzen | |
lassen. Wer letztendlich kaufen will, beauftragt die hinter den Geschäften | |
stehenden Fabriken mit der Fertigung. Das Geschäft am Ende von Gasse 7 F | |
ist bis unter die Decke voll mit weihnachtlich-winterlichen Schneekugeln. | |
Auf rotem Fuß eine Kuppel, unter der sich Schneemänner, Tannenbäume oder | |
Rentiere befinden. | |
Eine jüngere Verkäuferin im weißen Kätzchenpulli, auf der Nase eine Brille | |
mit dicken Gläsern, kramt ein paar Schneekugeln aus dem Regal und | |
präsentiert die Ware. In manchen schneit es, andere beginnen auf Knopfdruck | |
zu blinken oder spielen piepsend ein Weihnachtslied. „Ab einem | |
Abnahmevolumen von zehntausend Schneekugeln können wir eine neue Melodie | |
einprogrammieren“, fährt sie fort. Wer die tüchtige Verkäuferin ist, woher | |
sie kommt und was sie von ihrer Arbeit denkt, ist nicht herauszufinden. Die | |
Menschen sprechen nicht gerne über Privates. Außerdem ist es in China | |
durchaus nicht ungefährlich, journalistisch zu arbeiten. Die Dialoge müssen | |
sich auf Verkaufsgespräche und Produktionsdetails beschränken, auch um die | |
Verkäuferinnen nicht zu gefährden. | |
Fünfzehn Kilometer westlich der Trade City befindet sich die Fabrik, die | |
jene Magneten und Schneekugeln fertigt. Hier ist Yiwu nicht mehr von | |
verspiegelten Bürotürmen geprägt, keine teuren Porsches und | |
Mercedeslimousinen unterwegs auf makellosem Asphalt. Im Bezirk Zhejiang | |
donnern Lkws über eine Hochstraße, Häuser stehen unverputzt, Stromkabel | |
baumeln über der regennassen Straße. Der Chef wartet schon, ein schlanker, | |
sehniger Mann in grauem Nadelstreifen, der ungeduldig im Sprühregen steht. | |
Sein Name soll aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden. | |
Mit dem Fahrstuhl geht es hinauf in den sechsten Stock, wo es nach Farbe | |
und Chemie riecht. In großen Räumen mit rohen Betonwänden sind 30 | |
Angestellte damit beschäftigt, die Souvenirshops und Fensterbänke dieser | |
Welt mit Nippes zu versorgen. „Weihnachten ist durch. Das geht erst im | |
Sommer wieder los“, erklärt der Chef und zieht am goldenen Filter seiner | |
Zigarette. „Im Moment fertigen wir hauptsächlich Souvenirs, aber auch | |
Schneekugeln mit Liebespaaren drin.“ | |
In den Fertigungshallen sitzen mittelalte Frauen an weißen Werkstischen, | |
vor ihnen auf dem Tisch liegen Hunderte frisch gegossene | |
Kunstharzplättchen. Daraus werden später Kühlschrankmagneten, die als | |
Souvenirs im türkischen Alanya verkauft werden sollen. Strand, Meer, eine | |
Moschee, bisher sind auf den Rohlingen nur die Umrisse zu erkennen. Aber | |
die Frauen sitzen mit drei Farbtöpfen da, unter den routinierten | |
Pinselstrichen ihrer farbverklecksten Hände wird das Meer blau, der Strand | |
färbt sich golden und der hervorgehobene Stadtname unter den Wellen wird | |
tiefrot. Hinterher kommt Versiegelungslack drauf, ein Magnet wird in die | |
kleine Vertiefung auf der Rückseite eingelassen, und fertig ist das | |
Andenken aus dem Urlaub an der türkischen Riviera. | |
Einen Tisch weiter koloriert ein Mann die Statue eines eng umschlungenen | |
Liebespaars. Ein paar Augenblicke später trägt der Mann einen Anzug, der | |
Blumenstrauß seiner Braut wird rosa, ganz wie die Bank, auf der sie sitzen. | |
Das Hochzeitsmotiv kommt später unter eine Schneekugel auf einem | |
rosa-silbernen Fuß, auf dem in Schreibschrift „Love“ geschrieben steht. | |
## „Alle sind fleißig, in China ist das normal“ | |
„Gerade sind mehrere Projekte in Arbeit, darunter zwei Bestellungen aus | |
Griechenland“, plaudert der Chef und greift in gewaltige Kisten, die mit | |
kupferfarbenen korinthischen Helmen und klobigen Pantheonnachbildungen | |
gefüllt sind. Die Stimmung ist gelöst, die Arbeiter quatschen miteinander, | |
lachen laut, begrüßen fröhlich den Chef, als er die Werkshallen betritt. | |
Manche schauen Filme auf dem Handy, während sie die immer gleichen | |
Handgriffe verrichten. „Alle sind sehr fleißig, alle arbeiten sehr hart, in | |
China ist das normal“, kommentiert der Chef die Szene. | |
Wie normal die Arbeiter ihre Arbeit finden, ist unklar. Ein Gespräch mit | |
den Arbeitern war nicht möglich. „China wäre nicht, was es heute ist, wenn | |
Fleiß und harte Arbeit nicht die Norm wären“, fährt der Fabrikleiter fort. | |
Für seine Angestellten heißt das, in vierzehnstündigen Schichten zu | |
arbeiten, von halb acht am Morgen bis halb zehn am Abend. Mittagspause ist | |
um eins. Ein Wochenende wie in Deutschland gibt es nicht, außer dass die | |
Schicht am Sonntag schon am späten Nachmittag endet. Zudem gibt es einen | |
freien Tag pro Monat und eine Handvoll gesetzlicher Feiertage, etwa das | |
chinesische Neujahr. Dann werden größtenteils aus ländlichen Provinzen | |
stammende Arbeiter für einige Tage in ihre Heimatdörfer fahren, bevor sie | |
wieder an die langen Tische mit den Schneekugeln und Magneten zurückkehren. | |
10.000 Yuan gibt es für die Arbeiter, umgerechnet etwa 1.300 Euro pro Monat | |
– angesichts der Arbeitszeiten ein bescheidener Stundenlohn. Aber in China | |
ist das eine Menge Geld, zumal Fabrikarbeiter häufig in günstigen | |
Sammelunterkünften wohnen. Sinologin Fischer sagt: „Wir würden natürlich | |
sagen, oh Gott, das ist unmenschlich und schlecht bezahlt. Aber gerade ist | |
der Arbeitsmarkt in China wegen eines verlangsamten Wirtschaftswachstums | |
und dem implodierten Bausektor auch nicht einfach und die Landbevölkerung | |
macht das dann halt.“ | |
Diese Angestellten sind laut Fischer oft Wanderarbeiter vom Land, ihre | |
Lebensrealität ist weit entfernt von der chinesischen Mittelschicht, die | |
ein komfortables Leben führt. Und es ist auch weit entfernt vom Firmenchef, | |
der nach der Werksführung in einem Porsche davonbraust. | |
Die Wanderarbeiter kommen für ein paar Jahre nach Yiwu, arbeiten hart und | |
lange, sparen Geld für ihre Kinder, die dank eines frühen | |
Renteneintrittsalters meist von den Großeltern versorgt werden. In China | |
gehen Männer schon mit 60 Jahren in Rente, Frauen sogar oft schon früher. | |
Manche kehren dann in ihre Dörfer zurück, in Häuser, die von den hart | |
erarbeiteten Fabriklöhnen errichtet wurden. Oder sie ziehen doch noch | |
weiter, in die nächste Fabrik. Solange die Welt im Plastik nicht untergeht. | |
23 Dec 2024 | |
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