# taz.de -- Anschläge in Magdeburg und New Orleans: Zeiten der gewalttätigen … | |
> Die Anschläge in Ostdeutschland und den USA passen in die Zeit: Es gibt | |
> offenbar zunehmend Menschen, die sich getrieben sehen, ein Fanal zu | |
> setzen. | |
Bild: Passanten betrachten den Gedenkort nach dem Attentat im French Quarter | |
New Orleans und Magdeburg. Zwei Anschläge innerhalb weniger Tage, | |
geografisch Tausende Kilometer voneinander entfernt. Die Tatwaffen sind | |
Autos, die mutmaßlichen Täter sind Männer, die Motive undurchsichtig. | |
Mutmaßlicher Islamhasser der aus Magdeburg, mutmaßlicher Islamist der aus | |
New Orleans, persönlich auffälliges Verhalten zeigten sie beide, | |
verwertbare Hinweise auf ihre bevorstehenden Gewalttaten aber nicht. | |
Bei beiden ist keine wirkliche Zugehörigkeit zu organisiert militanten | |
Gruppierungen bekannt. [1][Beim Täter aus New Orleans] heißt es, er sei von | |
der Terrorgruppe Islamischer Staat inspiriert worden – aber in den Videos, | |
die er noch auf der Fahrt von Texas nach New Orleans ins Netz stellte, | |
spricht er davon, er habe eigentlich seine Familie umbringen wollen, sich | |
dann aber für den Islamischen Staat entschieden. [2][Und der mutmaßliche | |
Täter aus Magdeburg] fürchtet sich vor einer Islamisierung Deutschlands und | |
Europas und rast dann durch einen Weihnachtsmarkt. | |
Das ergibt alles keinen Sinn – passt aber in unsere Zeit. Denn es ist zu | |
befürchten, dass es immer mehr Menschen geben wird, die sich getrieben | |
sehen, ein Fanal zu setzen. Die Gründe dafür können vielfältig sein, genau | |
wie jene Meinungsblasen, von denen sich die Täter Zustimmung erwarten, ja, | |
die sie womöglich mobilisieren wollen. | |
Denn das Gefühl, dass die Welt auf den Abgrund zusteuert, hat sich | |
verallgemeinert – interessanterweise vor allem im Globalen Norden, | |
allgemein „Westen“ genannt. Was der Abgrund ist, definieren | |
unterschiedliche Gruppen anders. Für die einen ist es die Angst vor dem | |
wirtschaftlichen Niedergang, vor dem Ende eines Lebensmodells, zu dem sie | |
keine Alternative kennen oder wollen. Manche sehen ihre Religion bedroht, | |
manche sehen sich von Religion bedroht. | |
Und nicht zu vergessen jene seit der Coronapandemie größer gewordene | |
Gruppe, die einen fremdgesteuerten, übergriffigen Staat herbeifantasiert, | |
der mit Zwangsimpfungen und gesteuerter Massenmigration die „weiße Rasse“ | |
auslöschen wolle. Realer ist – bei wieder anderen – die Angst vor dem | |
menschengemachten Klimawandel und der Unfähigkeit der Politik | |
gegenzusteuern. | |
So unterschiedlich faktenbasiert diese Bedrohungsempfindungen sind: | |
Wahrgenommen werden sie als essenziell. Deshalb reichen sie manchen als | |
Grund, anderen – wie vermutlich dem Attentäter aus New Orleans – als | |
Vorwand zur Selbstermächtigung zum Scharfrichter. Dem scheinbar | |
unabänderlichen Schicksal setzen sie den ultimativen Regelbruch entgegen | |
und überhöhen sich dabei selbst. Wobei der bislang etwa bei | |
Klimaaktivist*innen nicht blutig ausgefallen ist. | |
Angesichts dessen, wie vielfältig die Stimmen sind, die sich im Netz | |
dystopisch äußern, ist eines klar: Kein polizeiliches oder | |
geheimdienstliches Maßnahmenpaket kann solche Taten sicher verhindern. | |
Migrations- und Abschiebedebatten, wie sie auch Donald Trump in den USA | |
jetzt wieder angestoßen hat, erst recht nicht. | |
3 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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