# taz.de -- Aktuelle Lage in Syrien: Schüsse, Proteste, ein brennender Weihnac… | |
> Ein Video führt zu Protesten der alawitischen Community. Die neue | |
> Regierung warnt vor einer Destabilisierung durch Assads Verbündeten Iran. | |
Bild: Mit Waffen Ruhe stiften: Eine Sicherheitskraft der HTS-geführten Überga… | |
Damaskus taz | Am ersten Weihnachtsfeiertag sind in Syrien Proteste | |
ausgebrochen. Auslöser war ein Video. In dem Video sieht man bewaffnete | |
Menschen, die vor dem brennenden Schrein stehen. Das Video ging viral. | |
Später stellte sich heraus, dass es nicht aktuell war. Es soll bei | |
Auseinandersetzungen im Zuge der Machtübernahme der HTS-Rebellen vor vier | |
Wochen entstanden sein. Wer die Angreifer auf dem Video sind, ist unklar. | |
Trotzdem gingen am Mittwoch in mehreren Städten hauptsächlich Alawit*innen | |
auf die Straßen. Interreligiöse Spannungen hatte es bereits vor Weihnachten | |
gegeben, als ein Weihnachtsbaum in einem christlichen Dorf in Flammen | |
aufgegangen war. Laut Medienberichten wurden mehrere ausländische Kämpfer | |
daraufhin verhaftet. | |
In der Stadt Homs nahmen die Proteste einen gewalttätigen Kurs, als | |
alawitische Protestierende in einem sunnitischen Viertel sektiererische | |
Parolen sangen. Schüsse waren zu hören, zunächst in der Luft, dann auch | |
unter den Demonstrant*innen. Laut der syrischen Beobachtungsstelle für | |
Menschenrechte ([1][SOHR]) soll ein Mensch getötet worden sein. Einige | |
Protestierende wurden verletzt, Chaos brach aus, Menschen rannten in Panik | |
davon. Daraufhin durchsuchten Sicherheitskräfte die Stadt, Menschen wurden | |
verhaftet und eine Ausgangssperre bis zum Morgen verhängt. | |
Gewalt brach ebenfalls in einem alawitischen Dorf in der Nähe von Tartus, | |
an der syrischen Mittelmeerküste, aus. Dort sollte offenbar ein gesuchter | |
Mann des alten Regimes festgenommen werden, der in Verbindung zum | |
[2][Foltergefängnis Sednaya] steht. Bei der Verhaftung kam es zu | |
Schießereien, die laut Innenministerium vierzehn Sicherheitskräften das | |
Leben kosteten. | |
Alawit*innen unter Druck | |
Syriens neue Regierung, dominiert von der islamistischen Gruppe [3][Hayat | |
Tahrir al-Sham (HTS),] betont seit ihrer Machtübernahme, alle Ethnien und | |
Religionen in dem multikulturellen Land schützen zu wollen. Alawit*innen | |
stehen unter großem Druck, da der ehemalige Machthaber Baschar al-Assad | |
ihnen angehört. Sie werden daher als regimetreu angesehen. Assad | |
inszenierte sich oft als Beschützer von Christ*innen und Alawit*innen. | |
Diese sind seit dem Sturz des Assad-Regimes teils besorgt. Mit dem Schutz | |
bewaffneter Kämpfer ist Weihnachten jedoch ohne weitere große Zwischenfälle | |
verlaufen. | |
Die syrische Übergangsregierung steht vor großen Herausforderungen, um den | |
Frieden im Land zu bewahren. Besonders angespannt sind die Beziehungen zu | |
Iran, traditionell ein Unterstützer des Assad-Regimes. Syriens neuer | |
Außenminister Asaad al-Shibani sagte jüngst, Iran müsse „den Willen des | |
syrischen Volkes und die Sicherheit sowie Souveränität des Landes | |
respektieren“ und warnte Teheran davor, „Chaos in Syrien zu stiften“. Ira… | |
Revolutionsführer Ayatollah Ali Chamenei hatte zuvor laut Medienberichten | |
gesagt, Syrien sei unsicher geworden und die Jugend müsse „mit Überzeugung | |
klare Kante zeigen gegenüber denen, die diese Unsicherheit über ihr Land | |
gebracht haben“. | |
Seither kommt es zu teils gewalttätigen Protestaktionen. Auch in Damaskus | |
waren am Mittwochabend bei alawitischen Protesten Schüsse zu hören. Nach | |
der Demonstration wurden um den zentralen Umayyad-Platz schwerbewaffnete | |
Milizionäre stationiert, die Lage war indes ruhig. | |
Um die Lage zu stabilisieren, kündigte HTS-Anführer Ahmed al-Sharaa, jetzt | |
Übergangspräsident von Syrien, vor wenigen Tagen an, alle Milizen im Land | |
entwaffnen zu wollen. „Wir werden keine Waffen im Land außerhalb | |
staatlicher Kontrolle erlauben“, sagte er auf einer Pressekonferenz. Die | |
Waffen sollen an die staatlichen Streitkräfte übergeben werden, die Kämpfer | |
in Syriens neue Armee eintreten. Auch die Kurden im Nordosten müssten | |
demzufolge ihre Waffen abgeben. Die Entscheidung wurde bei einem Treffen | |
mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan verkündet. | |
26 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
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