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# taz.de -- Netflix-Serie „Hundert Jahre Einsamkeit“: Magie, ganz beiläufi…
> Der Weltroman „Hundert Jahre Einsamkeit“ galt bislang als unverfilmbar.
> Netflix traut sich – und setzt vor allem die magischen Elemente gelungen
> um.
Bild: Amaranta, gespielt von Loren Sofía, kämpft in „Hundert Jahre Einsamke…
Der Drang, ein gutes Buch auch dann als Serie zu verfilmen, wenn
Handlungsentwicklung und Erzählgeschwindigkeit von einem straff erzählten
113-Minuten-Film eindeutig mehr profitieren würden, ist ein Phänomen
unserer Gegenwart.
Das Gegenteil allerdings ist nun geschehen: Ein Buch, das wegen seiner
epischen Länge und Detailliertheit – und nicht zuletzt von seinem Verfasser
selbst – als unverfilmbar angesehen wurde, hat jetzt dank der
Budgetmöglichkeiten und Erzählkapazitäten unserer Serienzeit doch seinen
Weg auf die Bildschirme gefunden. Die erste Hälfte der Netflix-Verfilmung
von „Hundert Jahre Einsamkeit“ des [1][Literaturnobelpreisträgers Gabriel
García Márquez] ist in acht Folgen erschienen, die zweite Hälfte folgt im
nächsten Jahr.
Der Roman ist beispiellos in der internationalen
Literaturgeschichtsschreibung: 1967 veröffentlicht, wurde er weltweit über
50 Millionen Mal verkauft und zählt damit zu den erfolgreichsten und
bekanntesten Werken der spanischsprachigen Literatur.
Er erzählt die Geschichte der Familie Buendía im fiktiven Dorf Macondo über
sieben Generationen und 100 Jahre hinweg: angefangen mit der Gründung
Macondos als Sehnsuchtsort einer jungen und hoffnungsvollen Generation, die
Wachstum und Wohlstandsentwicklung anstrebt, und endend mit dem Verfall und
der schlussendlichen Zerstörung des Ortes.
## Übernatürlichkeit und Rationalität
Der Roman gilt als Meisterwerk des Magischen Realismus: Hier reicht das
Fantastische dem Tatsächlichen wie selbstverständlich die Hand, ohne dabei
die Figuren der erzählten Welt zu überraschen oder zu ängstigen – eine
hybride Welt zwischen Übernatürlichkeit und Rationalität entsteht mit einer
erzählerischen und handlungslogischen Beiläufigkeit.
Im Einfangen dieses leichthändigen Verwebens von Zauber und Fakt lag neben
der Fülle der Figuren und Handlungsstränge die wohl größte Herausforderung
einer Verfilmung. Die von den aus Südamerika stammenden Regisseuren Laura
Mora und Alex García López in Kolumbien und in spanischer Sprache
realisierte Produktion meistert diese Einflechtung von Übernatürlichkeit
hervorragend: Figuren altern nicht, Gegenstände fallen ohne äußere
Einwirkung auf den Boden, ein Klavier spielt von allein.
Oft werden diese fantastischen Einschübe so en passant in Szenen
eingebettet, dass sie erst im Nachhinein auffallen. Die Serie stellt die
magischen Elemente der Geschichte nicht überdeutlich in den Vordergrund,
stattdessen muss man mehrmals hinsehen, um alles Zauberhafte zu entdecken.
## Romangetreu, detailliert, immersiv
Die Beiläufigkeit der Magie wird in dieser Serie gerade durch das visuelle
Erzählen verstärkt: Der fliegende Teppich muss nicht erwähnt werden, er
saust im Hintergrund einer Szene durchs Bild – Magie im Augenwinkel also,
die mit ihrer Selbstverständlichkeit dem [2][Magischen Realismus] filmisch
nicht besser hätte gerecht werden können.
Eine Erzählstimme bettet Márquez’ Wortwucht ins Geschehen ein und leitet
durch zentrale Motive der Geschichte, wie das Schicksal, das erst durch den
Glauben an selbiges verhängnisvolle Macht gewinnt, und den Einfluss
vorheriger Familiengenerationen auf das eigene Leben.
Die für das Buch charakteristischen Vor- und Rückgriffe werden durch eine
mehr lineare Erzählweise aufgefangen. Somit gelingt der Serie das, was
[3][Marquéz] anzweifelte: eine romangetreue, detaillierte, immersive
Verfilmung, die den Besonderheiten der Erzählung auf filmische Weise
gerecht wird.
15 Dec 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Marie-Sofia Trautmann
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